Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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5 Die Praxis der théologie sous l’arbre am Beispiel von Jean-Marc Elas Analyse und Kritik des<br />
„kulturellen Romantizismus“ 219<br />
untersuchen, die eine radikale Veränderung ihrer Strukturen und Institutionen<br />
erfordert. 35<br />
Genau umgekehrt wird gerade ein freies Denken unterbunden, denn dies würde eine<br />
öffentliche Debatte und Auseinandersetzung in allen Bereichen der Gesellschaft implizieren.<br />
Um die AfrikanerInnen von einer kritischen Analyse der wirklichen Probleme,<br />
mit denen die beherrschten Gesellschaften heute konfrontiert sind, abzulenken, wird<br />
<strong>auf</strong> eine Theorie zurückgegriffen, die sie <strong>auf</strong> ihre Vergangenheit fixiert. Sie sollen ihre<br />
Identität als AfrikanerInnen in einer mythischen Vergangenheit suchen - in einer Vergangenheit,<br />
die mensch meist nur aus den Werken europäischer Ethnologen kennt.<br />
Jean-Marc Ela geht insbesondere <strong>auf</strong> Mobutus Politik der „Authentizität“ in Zaire ein,<br />
für die unter anderem die Rückkehr zu den ancestralen bzw. traditionellen Namen ein<br />
integraler Bestandteil ist. Ist es ohne Zweifel legitim, wenn ein afrikanisches Land den<br />
Namen, den ihm der Kolonisator gegeben hatte, durch einen afrikanischen ersetzen<br />
will, so ist Mobutus Praxis dennoch entlarvend; denn während „Congo“ durchaus ein<br />
afrikanischer Name ist, so stammt „Zaire“ tatsächlich von den Portugiesen. Solche<br />
Beispiele meint Jean-Marc Ela zur Genüge anführen zu können, die belegen, wie weit<br />
her es mit einer wirklichen „Authentizität“ ist:<br />
Mehr und mehr stellt sich diese als eine ideologische Maske heraus, deren<br />
Funktion es ist, ein Regime zu stützen, das jede Opposition ausschließt. Die<br />
„Authentizität“ zu predigen, bedeutet, eine Art Monokephalismus zu konsolidieren,<br />
der die Inbesitznahme der Macht durch einen absoluten Führer (chef)<br />
zur Folge hat. Letztendlich ist die „Authentizität“ die Theorie einer persönlichen<br />
Diktatur. 36<br />
In diesem Sinn bedeutet, den Massen ihr „authentisches“ Wesen zurückzugeben,<br />
selbstverständlich nicht, ihnen die eigene Kontrolle über ihre Entwicklung zu ermöglichen.<br />
Dies würde „eine Kritik des Systems der Ausbeutung implizieren, durch das sie<br />
beherrscht werden“ 37 . Demgegenüber bringt die „Authentizität“ die Menschen vielmehr<br />
ab von „einer lebendigen kulturellen Kritik ihres gegenwärtigen Zustandes“ 38 und<br />
von einer Bewußtwerdung der neo-kolonialen Herrschaft:<br />
Der kulturelle Traditionalismus, der die Rhetorik der Authentizität nährt, verhindert<br />
eine klare Wahrnehmung der grundlegenden ökonomischen Ausbeutung,<br />
die das System der kolonialen Ökonomie konstituiert, das durch die Proklamation<br />
einer Scheinunabhängigkeit nicht zerstört <strong>wurde</strong>. Wenn man nicht<br />
imstande ist, ein unabhängiges kulturelles System <strong>auf</strong>zubauen, das die Massen<br />
im Paradies der Authentizität bewahren würde, ohne die afrikanische Ökonomie<br />
35<br />
36<br />
37<br />
38<br />
„Car il est commode d’offrir aux nouvelles générations une théorie mystificatrice qui les soumet à la<br />
reproduction des éléments de la tradition sans leur donner la possibilité d’examiner de façon critique<br />
une situation qui exige des transformations radicales de structures et d’institutions“; ebd.<br />
„Celle-ci [i.e. l’,authenticité‘] apparaît de plus en plus comme une idéologie-masque dont la fonction est<br />
de garantir un régime qui exclut toute opposition. Prêcher ,l’authenticité‘, c’est consolider une sorte de<br />
monocéphalisme qui entraîne la confiscation du pouvoir au profit d’un chef absolu. A la limite,<br />
l’,authenticité‘ est une théorie de la dictature personnelle“; a.a.O., S. 150f (African Cry, S. 126).<br />
„[...] une critique du système d’exploitation qui les domine“; a.a.O., S. 151.<br />
„[...] une critique culturelle vivante de leur état présent“; ebd.