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4 Die biblisch-theologischen Grundlagen der théologie sous l’arbre 179
4.4 Eucharistie - Feier des Heils in einem Kontext des Unheils
Charakteristisch für Jean-Marc Ela ist seine sozio-ökonomische Interpretation der Eucharistie,
während sich die Diskussion unter den afrikanischen TheologInnen ansonsten im wesentlichen
um die Frage der eucharistischen Materie bewegt: Können Brot und Wein durch einheimische
Erzeugnisse ersetzt werden oder sind diese für eine gültige Eucharistie-Feier unabdingbar? D.h.
jedoch nicht, daß für Jean-Marc Ela diese kulturelle Frage keine Rolle spielte. Im Gegenteil:
Während seiner Zeit in Tokombéré hatte er sich, wie bereits berichtet (siehe oben S. 49), für die
Verwendung von Hirsebrot und Hirsebier als eucharistische Zeichen stark gemacht.
Jean-Marc Ela widmet das Einleitungskapitel zu Le Cri de l’homme Africain einer kritischen -
theologischen, kulturellen und sozio-ökonomischen - Analyse der Eucharistie, wie sie innerhalb
der katholischen 104 christlichen Gemeinschaften in Afrika gefeiert wird. 105 Es klingt zuerst einmal
befremdlich, wenn er die Studie über die Eucharistie unter der Frage: „Zeichen des Heils
oder der Abhängigkeit?“ angeht, ist doch die Eucharistie „das höchste und die Zusammenfassung
aller Sakramente“ 106 , insofern sie unsre Erlösung bzw. Befreiung durch Christus zum Ausdruck
bringt. Wie kann von daher der Eucharistie eine ambivalente Funktion unterstellt werden?
Im folgenden zeichne ich Jean-Marc Elas Argumentation im zuvor genannten Text nach, in
deren Verlauf deutlich werden wird, daß eine rein „theologische“ und eine eurozentristische
Auseinandersetzung mit theologischen Themen - zumal im afrikanischen Kontext - unzureichend,
ja ,blauäugig‘ ist. Um die tatsächliche Bedeutung auch theologischer Sachverhalte zu
ermessen, erweist sich ein kontextueller Zugang und eine sozio-ökonomische Analyse als unerläßlich.
Jean-Marc Elas theologische Analyse der Eucharistie setzt ein mit einer Interpretation
des Satzes: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ aus den Einsetzungsworten Jesu im
Rahmen der Abendmahlsperikope 107 . Er betont, daß das Wort „Gedächtnis“ hier in
einem umfassenden Sinn zu verstehen ist:
Es handelt sich dabei nicht um eine Exhumierung der Vergangenheit, sondern
vielmehr um die Aktualisierung eines Aktes und einer Realität, die sich durch
alle Zeiten hindurchziehen, innerhalb der gegenwärtigen Situation. Es geht nicht
um eine Vergegenwärtigung einer „Struktur“ des Heils, sondern um eine Realität,
die ureigenst konstituiert wird durch konkrete, historisch erlebte Handluntoutes
les situations où les paysans sont réduit à une condition de parias, ou dans chaque taudis qui se
dresse comme une véritable calvaire, une autre lecture de l’Écriture se cherche dans l’Église“; Ma foi
d’Africain, S. 142). Den Begriff eines „potentiel critique et libérateur du message de Jésus“ verwendet
Jean-Marc Ela z.B. in Le motif de la libération, S. 48. Vgl. zu diesem Topos auch Ma foi d’Africain, S.
142: das Kreuz hat eine „réserve de forces critiques“ u. S. 189: „puissance subversive de l’Évangile“
(Mein Glaube als Afrikaner, S. 126 bzw. 169).
104 Jean-Marc Elas Analyse der Praxis der Eucharistie in Afrika bezieht sich auf die römisch-katholische
Kirche. Der Einfachheit halber ist im folgenden - in Anlehnung an den Sprachgebrauch des Katholiken
Jean-Marc Ela - mit „Kirche“ bzw. „christlicher Gemeinschaft“ immer - sofern nicht anders vermerkt -
die römisch-katholische gemeint. Für die protestantischen und insbesondere für die unabhängigen Kirchen
sieht die Situation etwas anders aus - insofern hier das Problem der römischen Hierarchie entfällt.
105 „L’eucharistie, signe de salut ou de dépendance dans les églises africaines?“, in: Jean-Marc Ela, Le Cri de
l’homme Africain. Questions aux chrétiens et aux églises d’Afrique, 9-17 (African Cry, 1-8).
106 „Les fidèles savent que l’eucharistie est le sommet et le résumé de tous les sacrements“; Le Cri de
l’homme Africain, S. 9 (African Cry, S. 1).
107 Mt 26,26-29; Mk 14,22-25; Lk 22,15-20; 1 Kor 11,23-26.