Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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1 Jean-Marc Elas Biographie in Verschränkung mit der Entwicklung seiner theologischen Reflexion<br />
34<br />
vor der katholischen Kirche die protestantische Mission deutlich präsent war. Dies ist<br />
der Hintergrund für die besondere Beziehung des Katholiken Jean-Marc Ela zur Bibel.<br />
Später sollte er seine theologische Dissertation zu Luther schreiben, den er heute neben<br />
Dietrich Bonhoeffer und Thomas von Aquin explizit als Teil seiner Lebens- und Ausbildungsgeschichte<br />
versteht. 14 Über seine Heimatkirche urteilt Jean-Marc Ela, daß sie<br />
schon „mit den Anzeichen vorzeitigen Alterns geboren <strong>wurde</strong>“ 15 , insofern sie, wie so<br />
viele andere „junge Kirchen“, einfach das durch die Mission vermittelte europäische<br />
Modell übernommen hat, ohne das Evangelium vom Gesichtspunkt der eigenen Kultur<br />
aus neu zu überdenken. 16<br />
Andererseits lag im Süden Kameruns der Schwerpunkt des organisierten Widerstandes<br />
gegen die französische Kolonialherrschaft. 17 Der antikoloniale Widerstand <strong>wurde</strong> wesentlich<br />
getragen durch die 1948 von dem Gewerkschafter Ruben Um Nyobé 18 gegründete<br />
Partei UPC (Union des Populations du Cameroun). Die Ermordung Ruben<br />
Um Nyobés 1958 und die weitgehende Übernahme der zentralen Forderungen der<br />
UPC (schnellstmögliche Unabhängigkeit und Wiedervereinigung) durch die Regierung<br />
Ahmadou Ahidjo führten jedoch zur Zersplitterung der UPC. Die Repression durch die<br />
französische Kolonialmacht und ihre kamerunische Marionettenregierung tat ein übriges.<br />
<strong>Das</strong> Klima des Kampfes gegen die koloniale Unterdrückung prägte Jean-Marc Elas<br />
Jugend:<br />
Schon bald sang ich in meiner Muttersprache, trotz aller Verbote, jene Melodie,<br />
die Schüler zum großen Teil aus meiner engeren Heimat komponiert hatten und<br />
die später, nach 1960 [Jahr der Unabhängigkeit Kameruns], unsere Nationalhymne<br />
werden sollte. Mit dem Entstehen dieser Melodie begann eine Phase unserer<br />
Geschichte, in der die Ablehnung der kolonialen Situation durch die schu-<br />
14<br />
15<br />
16<br />
17<br />
18<br />
THOMAS SEITERICH-KREUZKAMP, S. 22.<br />
Mein Glaube als Afrikaner, S. 15.<br />
Vgl. JOHN LADU, Poised for the Future (Interview), New People Nr. 7 (1990), 6-8, S. 7.<br />
Von 1884 bis 1916 war Kamerun deutsche Kolonie („Schutzgebiet“) gewesen. Nach Beendigung des<br />
Ersten Weltkrieges teilten Großbritannien und Frankreich das Land in Einflußzonen <strong>auf</strong>, wobei Großbritannien<br />
ein Fünftel und Frankreich vier Fünftel erhielt. Dies <strong>wurde</strong> 1919 im Vertrag von Versailles<br />
bestätigt. Während Großbritannien seine Politik derjenigen, die es in Nigeria betrieb (Prinzip der „indirect<br />
rule“), anpaßte, praktizierte Frankreich eine streng zentralistische Politik, die einen starken Einfluß<br />
durch französische Kultur mit sich brachte. 1922 <strong>wurde</strong> Kamerun als Mandatsgebiet des Völkerbundes<br />
britischer und französischer Verwaltung unterstellt. 1946 kam das Land unter UN-Treuhandschaft,<br />
blieb aber weiterhin unter britischer und französischer Verwaltung. Dar<strong>auf</strong>hin begann eine Zeit des<br />
politischen Erwachens, in der die entstehende Unabhängigkeitsbewegung zunehmend an Bedeutung<br />
gewann. Für einen Überblick über die kamerunische Kolonialgeschichte und den antikolonialen Widerstand<br />
vgl. z.B. GERLINDE KURZBACH (Hg.), Kamerun. Ein Reisebuch, Hamburg (VSA), 1992, S. 103-115;<br />
JAN P. HEIJKE, Kameroense Befrijdingstheologie, S. 16-31.<br />
Der 1913 geborene Ruben Um Nyobé hatte, anders als z.B. Nkrumah, Cabral oder Nyerere, nie eine<br />
westliche Universität besucht. Seine Ausbildung hatte er durch Missionare und kommunistische französische<br />
Gewerkschafter (CGT) erhalten. „Heute gilt Ruben Um Nyobé beinahe noch stärker als damals als<br />
Märtyrer, als großer Kämpfer für ein wirklich unabhängiges Kamerun, erschossen von den Marionetten<br />
des Kolonialismus“, dessen Volk betrogen und „um die Früchte der Dekolonisation gebracht“ <strong>wurde</strong><br />
(ANDREAS ECKERT, Ruben Um Nyobé, in: GERLINDE KURZBACH (Hg.), a.a.O., S. 111).