Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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1 Jean-Marc Elas Biographie in Verschränkung mit der Entwicklung seiner theologischen Reflexion<br />
42<br />
für sein Denken zu verdanken hat, ja letztlich für sein gesamtes Leben. 52 Seine Wertschätzung<br />
gegenüber Baba Simon drückte Jean-Marc Ela auch dadurch aus, daß er<br />
Mein Glaube als Afrikaner neben den schwarzen Märtyrern zugleich Baba Simon<br />
widmete: „en témoignage de mon affection filiale“ („als Zeugnis meiner ,kindlichen‘<br />
Zuneigung“).<br />
Angesichts ihrer Situation der Armut und Unterdrückung und konfrontiert mit der<br />
vernichtenden Dürre dachten die Menschen in Tokombéré, daß ihnen Gott den Rücken<br />
zugekehrt habe. Laut Jean-Marc Ela erklärten sie immer wieder: „Früher hat Gott zu<br />
uns Menschen gesprochen. Und heute? Er schweigt. Er hat uns verlassen, jeden Tag<br />
verläßt er uns mehr. Er gibt uns den Leiden preis, der Hungersnot ohne Ende, der Dürre,<br />
der Krankheit zum Tode, dem Sterben.“ 53 Jean-Marc Ela interpretiert diese Äußerungen<br />
der Kirdi über ihre Vorstellung von Gott als Ausdruck ihres Leidens am „Tod<br />
Gottes“. 54 Dies stellte den Missionar vor die Frage: „Wie kann man Menschen in solcher<br />
Not den Gott Jesu, den Gott des Lebens, glaubhaft verkünden? Wie den Kirdi<br />
erfahrbar werden lassen, daß Gott, der das Leben liebt, die Leute von Tokombéré nicht<br />
im Stich läßt?“ 55<br />
Im Kontext der praktischen Versklavung der Kirdi bekommt Evangelisierung immer<br />
mehr den Sinn von Befreiung aus dieser Situation. Dieses Verständnis von Evangelisierung<br />
orientiert sich neben der Befreiungspraxis Jesu vor allem an der Interpretation<br />
des Exodus als eines geschichtlichen Ereignisses der Selbstbefreiung eines Volkes aus<br />
der Sklaverei, worin sich Gott als der Gott der Befreiung offenbarte. 56<br />
Jean-Marc Ela sah sich somit vor die Aufgabe gestellt, die Probleme der Mission neu<br />
zu überdenken:<br />
Da ich mich nicht zum Verwalter eines in Lehre und Disziplin zwar definitiv<br />
festgelegten, ansonsten aber in der Auflösung 57 befindlichen Christentums berufen<br />
fühlte, mußte ich Distanz gewinnen gegenüber <strong>einem</strong> Kirchenmodell, das<br />
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57<br />
Wörtlich: „Beaucoup de choses qu’il m’est arrivé d’écrire, je les ai souvent réfléchies et méditées le soir,<br />
assis sous la véranda de ma case ronde avec Baba Simon. Je vous disais qu’il a été mon maître, pas<br />
seulement sur le plan de la spiritualité, mais également sur le plan de la pensée. [...] Je lui dois<br />
énormément dans ma réflexion comme dans ma vie la plus profonde.“ (JEAN-MARC ELA, Les enjeux de la<br />
mission aujourd’hui. Conférence donnée à Lubumbashi, le 22 juillet, in: Christianisme et Libération en<br />
Afrique. Les Dossiers de Mbegu, No. 7, Kinshasa, 1984, 30-43, S. 31).<br />
THOMAS SEITERICH-KREUZKAMP, S. 22.<br />
Ebd.<br />
Ebd.<br />
Selbstbefreiung und Befreiung durch Gott mag (von <strong>einem</strong> westlichen Wirklichkeitsverständnis her) als<br />
Widerspruch erscheinen; aber sowohl nach biblischem als auch nach <strong>einem</strong> afrikanischen Verständnis<br />
existiert dieser Widerspruch zwischen göttlichem Handeln und menschlicher Praxis nicht (vgl. unten<br />
Kap. 2.5). D.h. nicht, daß beide Dimensionen - so wenig sie auch getrennt werden können - völlig<br />
gleich zu setzen wären: Die Identifikation göttlichen Wirkens in der Geschichte bedarf der Arbeit der<br />
Unterscheidung. Hierfür ist der Exodus als Paradigma von entscheidender Bedeutung; vgl. hierzu das 3.<br />
Kap. von African Cry (An African Reading on Exodus; 28-38) und unten Kap. 4.2.<br />
Zu Jean-Marc Elas Analyse der Krise des westlichen Christentums vgl. Mein Glaube als Afrikaner, S.<br />
115f. - Zur „spirituellen Krise“ der Ersten Welt vgl. auch PER FROSTIN, Umkehr in der Metropole. Eine<br />
Antwort der Ersten Welt <strong>auf</strong> die Theologien der Dritten Welt, in: Theologie als konziliarer Prozeß.<br />
Chancen und Grenzen eines interkulturellen Dialogs zwischen Theologien der „Dritten“ und „Ersten“<br />
Welt (Weltmission heute; Nr. 3), hg. v. EMW, Hamburg, 1988, 96-119.