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Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info

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2 Der Kontext der théologie sous l’arbre 83<br />

besetzt, war römische Kolonie. Gouverneur Herodes, der Roland Pré 100 jener Zeit,<br />

wollte keine Konkurrenz, keinen einheimischen Führer (chef autochtone). Denn das<br />

würde das Ende der Herrschaft des römischen Imperialismus bedeuten (mettre fin au<br />

règne de l’impérialisme romain). Er befahl, alle Neugeborenen zu töten.<br />

Dies alles [...] verweist dar<strong>auf</strong>, daß Gott mit denjenigen ist, die gegen den Kolonialismus<br />

kämpfen. Ich will einmal die Aufmerksamkeit der Bischöfe, Autoren des Lettre<br />

Commune, <strong>auf</strong> einige Zitate richten. „Ihr sollt Euren Nächsten nicht ausbeuten und ihn<br />

nicht mit Gewalt berauben“ (Lev. 19, 13). Und: „Beraube den Armen nicht, weil er<br />

arm ist, und unterdrücke den Bedürftigen nicht im Tor. Denn Jahweh nimmt ihre Sache<br />

in seine Hand und Er beraubt ihre Beräuber ihres Lebens“ (Sprüche 22, 22-23).<br />

Wir fragen, ob es eine Verleumdung ist, zu sagen, daß die katholischen Priester in der<br />

Kirche Politik verkündigen und mit den Sakramenten Handel treiben (trafiquent) um<br />

politischer Zwecke willen. Es steht in der Bibel: Du sollst gegen deinen Nächsten kein<br />

falsches Zeugnis ablegen. Was soll von denen gesagt werden, die alle militanten Gewerkschaftsleute<br />

und alle Militanten aus der kamerunischen nationalen Bewegung<br />

Kommunisten nennen? [...] Es mag beinahe so scheinen, als sei zu den Zehn Geboten<br />

ein elftes hinzugekommen, ein neuer Missionsbefehl (mission): die Bekämpfung des<br />

Kommunismus.<br />

Gott hat gesagt: Im Schweiße eures Angesichtes sollt ihr euer Brot verdienen. Zur Zeit<br />

der Zwangsarbeit, als die Menschen in Lastwagenladungen zu den Goldminen transportiert<br />

<strong>wurde</strong>n, haben weder Priester noch Pfarrer ihre Stimme erhoben. Wohl gingen<br />

sie um vier Uhr morgens <strong>auf</strong> die Plantagen, um die Messe zu lesen, dahin, wo die Arbeiter<br />

365 Tage im Jahr zur Arbeit gezwungen waren. Um zehn Uhr gingen sie dann<br />

einen Aperitif trinken bei dem allmächtigen Eigentümer. Aber als wir als Gewerkschaftsleute<br />

1946 die Sonntagsruhe erzwingen konnten, verurteilten die Priester in<br />

ihrer komfortablen (= späteren) Sonntagsmesse die Gewerkschaft als das Werk des<br />

Satans. Weist nicht alles dar<strong>auf</strong> hin, daß die koloniale Kirche ohne Vorbehalt ihre<br />

Unterstützung denjenigen erweist, die zum Prinzip haben: Im Schweiße ihres Angesichtes<br />

wollen wir unser Brot essen? Wollen sich Christen in diesem Land organisieren,<br />

um das koloniale Joch abzuwerfen, dann wird das elfte Gebot herbeizitiert. Laut<br />

der Bibel hat Jesus eines Tages die Peitsche genommen, um die K<strong>auf</strong>leute aus dem<br />

Tempel zu treiben. Er sagte: Es steht geschrieben, daß Mein Haus Haus des Gebetes<br />

genannt werden soll. Aber ihr habt daraus einen Markt für eure Geschäfte gemacht<br />

(une foire pour vos trafics).“ 101<br />

Während Ruben Um Nyobé also einerseits das Christentum und die Kirche scharf<br />

kritisiert, so tut er dies doch <strong>auf</strong> der Grundlage der christlichen Normen, und erkennt<br />

damit andererseits das Christentum als einen befreienden Faktor an. Er macht also sehr<br />

wohl einen Unterschied zwischen <strong>einem</strong> „real-existierenden“ kolonialen Christentum<br />

und <strong>einem</strong> Christentum, wie es, gemessen an seinen eigenen Quellen, sein sollte und<br />

schüttet von daher nicht „das Kind mit dem Bade aus“, wie es in weiten Kreisen der<br />

100 Roland Pré <strong>wurde</strong> 1955 zu Frankreichs Hohem Kommissar in Kamerun ernannt (er hatte es sich u.a. zur<br />

Aufgabe gemacht, die „Zivilisation“ bzw. die „Kultur“ gegen den „Weltkommunismus“ zu verteidigen).<br />

101 Quelle: Ruben Um Nyobé, Le problème national Kamerunais, Paris, 1984 (hg. von Achille Mbembé), S.<br />

278-289; ins Niederländische übersetzt bei Jan P. Heijke, Kameroense Befrijdingstheologie, S. 74-75<br />

[dtsch. Übersetzung von R. K.-F.].

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