Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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3 Hermeneutik und Methode der théologie sous l’arbre - Der epistemologische Bruch 146<br />
Analyse der Bibel aus der Perspektive der Armen 77 unabdingbar. Die Armen sind es<br />
gerade, die uns in der Bibel das Wort eines Gottes erkennen lassen, der stört angesichts<br />
virulenter Ungerechtigkeiten. Sie stoßen uns <strong>auf</strong> einen Gott, der nicht neutral ist, sondern<br />
sich als derjenige offenbart, der den Unterdrückten Recht verschafft. 78<br />
3.3.4 Praktische Vermittlung: Revision und Strategie der Befreiung<br />
- ein relevanter Glaube<br />
Insofern wir also „vom Evangelium eine Botschaft der Befreiung der Unterdrückten<br />
empfangen“ 79 , ist - wie bereits erwähnt - „das Wesentliche, daß wir das Evangelium im<br />
Alltag <strong>auf</strong>nehmen, im Bewußtsein dessen, daß es als eine Botschaft der Befreiung zu<br />
leben ist.“ 80<br />
Hier schließt sich im übrigen wieder der „hermeneutische Zirkel“. Die théologie sous<br />
l’arbre geht aus von der konkreten und alltäglichen Erfahrung der christlichen Gemeinschaften<br />
in Afrika - die sie mit der Mehrheit der afrikanischen Bevölkerung teilen<br />
- und von ihrer befreienden Praxis im Namen des Evangeliums, und sie führt über die<br />
Analyse der Situation der Unterdrückung und Beherrschung und eine biblische Orientierung,<br />
die zugleich eine Relektüre der biblischen Texte aus der Perspektive der marginalisierten<br />
AfrikanerInnen beinhaltet, wiederum zur Praxis zurück. Die treibende<br />
Kraft für diese Bewegung ist der Glaube an den Gott der Offenbarung, an einen Gott,<br />
der sich in der Geschichte im Kontext von Knechtschaft und Beherrschung als ein<br />
befreiender Gott offenbart und von den Menschen das gleiche befreiende Engagement<br />
erwartet - auch insofern, als er sie zu MitschöpferInnen der Welt und ihrer selbst geschaffen<br />
hat. 81 Bildlich gesprochen führt die théologie sous l’arbre vom Palaverbaum<br />
unter den Baum des Kreuzes Jesu, und von hier aus unter den Baum des Kreuzes der<br />
Dritten Welt. Als Ziel des Weges steht fern am Horizont der Baum, dessen Blätter zur<br />
Heilung der Völker dienen. 82<br />
Indem die théologie sous l’arbre die Möglichkeit der Realisierung einer lebendigen<br />
Beziehung zu Gott in einer Praxis der Befreiung sieht und der christliche Glaube in<br />
diesem Sinn zu <strong>einem</strong> Faktor der Bewußtwerdung und der politischen Befreiung 83<br />
wird, ist die théologie sous l’arbre eine eminent politische und radikal „sozial-ethisch“<br />
77<br />
78<br />
79<br />
80<br />
81<br />
82<br />
83<br />
Zu einer solchen Analyse - am Beispiel des Markusevangeliums und aus koreanischer Perspektive - vgl.<br />
z.B. AHN BYUNG-MU, Jesus und das Minjung im Markusevangelium, in: JÜRGEN MOLTMANN (Hg.), Minjung.<br />
Theologie des Volkes Gottes in Südkorea, Neunkirchen-Vluyn (Neunkirchener), 1984, 110-132;<br />
DERS., <strong>Das</strong> Subjekt der Geschichte im Markusevangelium, in: a.a.O., 134-169.<br />
Vgl. Ma foi d’Africain, S. 126 und S. 136 (Mein Glaube als Afrikaner, S. 110 und S. 119). Aus dieser<br />
Perspektive wird insbesondere die „subversive Macht des Evangeliums“ („la puissance subversive de<br />
l’Évangile“) deutlich, von der Jean-Marc Ela in Anlehnung an Vincent Cosmao spricht; vgl. Voici le<br />
temps des héritiers, S. 207 und Ma foi d’Africain, 189 (Mein Glaube als Afrikaner, S. 169).<br />
Jean-Marc Ela formuliert in bezug <strong>auf</strong> die afrikanischen Kirchen, daß „elles reçoivent de l’Evangile un<br />
message de libération des opprimés“; Le Cri de l’homme Africain, S. 164 (African Cry, S. 138).<br />
Vgl. oben Anm. 24, S. 132.<br />
Zum Schöpfungsverständnis von Jean-Marc Ela vgl. unten Kap. 4.1.<br />
Zur Bedeutung des Begriffes „théologie sous l’arbre“ vgl. oben S. 27-31.<br />
„[...] un facteur de prise de conscience et de libération politique vraie“; Le Cri de l’homme Africain, S.<br />
125 (African Cry, S. 103).