Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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Einleitung 30<br />
bisher <strong>auf</strong> den zweiten Teil dieses Begriffes. Jean-Marc Elas Verständnis von Theologie<br />
soll hier jedoch nur kurz angedeutet werden, da dieses in Kapitel 3 (Hermeneutik<br />
und Methode der théologie sous l’arbre - Der epistemologische Bruch) eingehender<br />
behandelt wird.<br />
Theologie im Sinne der théologie sous l’arbre bedeutet, daß sich der Theologe bzw.<br />
die Theologin zunächst einmal „unter den <strong>Baum“</strong> begeben muß:<br />
Ganz offensichtlich müssen wir zurückkehren unter den Baum des Kreuzes, um<br />
mit der Theologie neu zu beginnen von den Kämpfen her, die die schwarzen<br />
Völker führen, um die Welt vor <strong>einem</strong> Rückfall in jenes Chaos zu bewahren,<br />
das vor der Schöpfung geherrscht hat. 67 In diesem Kontext ist das Theologietreiben<br />
keine akademische Übung mehr, sondern ein spirituelles Wagnis. 68<br />
Die théologie sous l’arbre verlangt daher von den TheologInnen praktische Konsequenzen:<br />
Dafür aber müssen wir hinausgehen aus unseren Bibliotheken und <strong>auf</strong> den<br />
Komfort klimatisierter Büros verzichten, um in der Ungesichertheit der Suche<br />
unter Menschen zu leben, die weder lesen noch schreiben können, in einer Umgebung,<br />
wo das einfache Volk bis über die Knöchel im Schlamm steckt. 69<br />
Auf diese Weise entsteht „unter dem <strong>Baum“</strong>, im geschwisterlichen Miteinander von<br />
(ausgebildeten) TheologInnen und (ungebildeten) Bauern und Bäuerinnen, die nach<br />
dem Sinn von Gottes Wort für ihren Kontext suchen, die Theologie. 70 Die spezifisch<br />
theologische Aufgabe hierbei „is a labor of deciphering the sense of revelation in the<br />
historical context in which we become aware of ourselves and our situation in the<br />
world“ 71 . Die Funktion von Theologie ist demzufolge eine hermeneutische. Sie hat drei<br />
Aufgaben:<br />
(1) Analyse des historischen, d.h. des politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen<br />
Kontextes;<br />
(2) Bewußtwerdung der eigenen Position innerhalb dieses Kontextes;<br />
(3) Dekodierung der Offenbarung Gottes und ihres Sinnes in diesem Kontext.<br />
Der Begriff „<strong>Baum“</strong> im zuvor beschriebenen Sinn ist als Symbol 72 zu verstehen. Als<br />
ein solches stellt der „<strong>Baum“</strong> die Kontaktstelle dar zwischen der afrikanischen Wirk-<br />
67<br />
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72<br />
Vgl. die Überzeugung des koreanischen Minjung-Theologen Ahn Byung-Mu, der am Schluß seiner für<br />
den Frankfurter Kirchentag vorgesehenen Predigt zu Lk 16, 19-26 (die er jedoch nicht halten konnte,<br />
da er keine Ausreisegenehmigung erteilt bekam) formulierte: „Ohne daß sich Lazarus aus dem Zustand<br />
der Bettelarmut befreit, gibt es keinen Frieden für den Reichen.“ Und einige Zeilen weiter: „Lazarus ist<br />
die Möglichkeit des Heils für den Reichen. So ist auch heute die Dritte Welt für die Erste Welt die einzig<br />
mögliche Quelle des Heils.“ (AHN BYUNG-MU, Reicher Mann - Armer Lazarus, Predigt zur Perikope Lukas<br />
16, 19-26 (Juni 1987), Ms.).<br />
Mein Glaube als Afrikaner, S. 194.<br />
A.a.O., S. 195.<br />
Vgl. ferner African Cry, S. VI.<br />
A.a.O., S. 28f.<br />
Zum Begriff des Symbols und zu dessen Bedeutung für Schwarzafrika vgl. Kap. 2.5.