Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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Schluß 235<br />
Diesem Engagement müssen all unsere Energien, geistige und intellektuelle Kompetenzen<br />
gewidmet sein und es zieht ohne Zweifel persönliche Konsequenzen nach sich,<br />
die sich gerade auch im alltäglichen Leben bewähren müssen; es impliziert vor allem<br />
aber, sich in der Tat an die Seite der Opfer und Ausgeschlossenen unserer Gesellschaft<br />
zu begeben.<br />
Kein Aspekt unseres Lebens kann davon ausgenommen bleiben. Es ist eine fundamentale<br />
Entscheidung, letztlich das, was die Bibel „Bekehrung“ nennt: die Umkehr zum<br />
Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit unter Einbeziehung aller Aspekte seines Lebens.<br />
<strong>Das</strong> schließt einzelne Fehltritte nicht aus, aber solange diese nicht grundsätzlich von<br />
dieser fundamentalen Orientierung abbringen, dann muß dies kein grundlegender<br />
‚Skandal‘ sein, sondern kann mit <strong>einem</strong> gewissen Maß an Selbstkritik und Bescheidenheit<br />
(„Demut“: Bewußtsein der eigenen Unvollkommenheit) angegangen werden.<br />
Die Frage, <strong>auf</strong> welcher Seite wir stehen, ist letztlich die Frage nach der grundlegenden<br />
Orientierung unseres Lebens und nach dem, „was uns unbedingt angeht“. Sie zu ignorieren,<br />
würde bedeuten, eine wesentliche Qualität unserer menschlichen Existenz preiszugeben:<br />
unsere Fähigkeit, unser Leben in die eigenen Hände zu nehmen und bewußt -<br />
bzw. selbstbewußt - zu gestalten. Vor solch fundamentale Fragen stellt uns - zwar nicht<br />
nur, aber auch - die théologie sous l’arbre.<br />
„Auf welcher Seite stehen wir?“ - dieser Frage, die uns die théologie sous l’arbre, aber auch<br />
unser Glaube stellt, können wir nicht ausweichen, wenn wir nicht einfach ‚mit dem Strom<br />
schwimmen‘ oder den „breiten Weg“ gehen wollen, der bekanntlich - und heute immer offensichtlicher<br />
- in die „Verdammnis“ führt. Diese Frage ist die nach unseren primären Loyalitäten.<br />
Zweifelsohne werden durch eine wirkliche „Bekehrung“ z.B. jegliche nationalen Bindungen<br />
hinfällig (vgl. z.B. Gal 3,28). Wir werden uns primär als Teil des einen weltweiten „Leibes<br />
Christi“ und letztlich der einen großen Menschheitsfamilie verstehen: Wenn ein Teil leidet, dann<br />
leiden alle anderen Teile mit ... Wo die Menschlichkeit auch nur eines Menschen mit Füßen<br />
getreten wird, da wird auch meine Menschlichkeit angegriffen, insofern wir beide an derselben<br />
Menschheit und Menschlichkeit partizipieren. Daß Rassismus <strong>auf</strong> diesem Hintergrund völlig<br />
inakzeptabel ist, scheint selbstverständlich zu sein; weniger selbstverständlich ist wohl die Frage<br />
nach der eigenen Partizipation an diesem Phänomen, nach den eigenen rassistischen Anteilen -<br />
diese Frage nach unserer Partizipation gilt freilich in bezug <strong>auf</strong> alle Formen von Gewalt-, Ausbeutungs-,<br />
Unterdrückungs- und Dominanzverhältnissen.<br />
Befreiungstheologie im Kontext der Ersten Welt<br />
Wenn wir uns tatsächlich dafür entscheiden, uns an die Seite der Opfer unserer Gesellschaft,<br />
der Armen, Ausgebeuteten und Unterdrückten zu begeben - wenn wir uns wirklich<br />
„bekehren“ lassen -, dann ist dies sicher nicht ohne Konsequenzen für unsere<br />
Theologie. Wobei es wohl kaum darum gehen kann, die theologischen Inhalte der<br />
théologie sous l’arbre oder anderer Befreiungstheologien aus der Dritten Welt im einzelnen<br />
zu übernehmen. Es wird vielmehr darum gehen müssen, uns in unserem Erste-<br />
Welt-Kontext die von den Befreiungstheologien entwickelte Methode zu eigen zu<br />
machen. Von entscheidender Bedeutung - insbesondere für eine in <strong>einem</strong> akademischen<br />
Rahmen betriebene Theologie - wird insbesondere der Praxisbezug sein bzw. der<br />
Ort, an dem die Theologie entsteht. In diesem Sinn ist auch für uns in der Ersten Welt<br />
ein gewisser epistemologischer Bruch gefordert. Dies bedeutet sicherlich nicht den