Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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3 Hermeneutik und Methode der théologie sous l’arbre - Der epistemologische Bruch 130<br />
Interpretation der Bibel werden. Indem die Theologie die Fragen zu beantworten sucht,<br />
die durch den Einbruch der Armen <strong>auf</strong>geworfen werden, unterwirft sie sich einer<br />
grundlegenden Erneuerung. 9<br />
3.3 „Theologische Praxis“<br />
Die Praxis der théologie sous l’arbre besteht - in Jean-Marc Elas Worten kurz zusammengefaßt -<br />
darin, daß die christliche Gemeinschaft „sich ein geeignetes Instrumentarium zur Analyse der<br />
gegenwärtigen Situation aneignet, daß sie lernt, das was sie tut, im Licht des Evangeliums zu<br />
lesen“ 10 . In diesem Sinn steht die Methode der théologie sous l’arbre in der Tradition der von<br />
dem belgischen Priester und Begründer der katholischen Arbeiterjugend (CAJ) Joseph Cardijn<br />
(1882-1967) noch vor dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Arbeiterpastoral entwickelten<br />
Methode einer „révision de vie“ („Revision/Überprüfung des Lebens“), die den Dreischritt „Sehen<br />
- Urteilen - Handeln“ bzw. „Analyse - Interpretation - Aktion“ umfaßt und der Katholischen<br />
Aktion ein neues Profil gab. 11 Es ist für diese Methode charakteristisch, daß sie in der Praxis als<br />
<strong>einem</strong> ihr vorgängigen Moment verwurzelt ist - sowohl historisch (Entstehung aus der Arbeiterpastoral)<br />
als auch in ihrer konkreten Anwendung - und wiederum <strong>auf</strong> - eine durch kritische<br />
Reflexion erneuerte - Praxis ausgerichtet ist.<br />
3.3.1 Ausgangspunkt: Befreiendes Engagement als Praxis des Glaubens<br />
- der „hermeneutische Ort“ der Theologie<br />
Der Ort der théologie sous l’arbre ist - wie der Name schon sagt - „unter dem <strong>Baum“</strong>,<br />
da, „wo jede Gemeinschaft zusammenkommt, um das Wort Gottes zu hören, und sich<br />
fragt, wie die Leute aus dem Volk zu Denkern und Gestaltern ihrer Zukunft werden<br />
können“. Hier ist es, wo „sich ein echtes Glaubensverständnis entwickelt, ausgehend<br />
von den alltäglichen Problemen“. 12 Dies mag sich zwar etwas banal anhören, aber<br />
welches sind denn die alltäglichen Probleme der Mehrheit der Menschen in Afrika? Es<br />
sind dies die Probleme der Ernährung, der Gesundheit, der Landverteilung, des Ausschlusses<br />
aus politischen und ökonomischen Entscheidungsprozessen, etc. Diese Menschen<br />
gehören zweifellos zu denjenigen, die Frantz Fanon die „Verdammten der Erde“<br />
nannte. Ihre Situation ist geprägt durch Leiden, Armut, Ausbeutung, Unterdrückung,<br />
9<br />
10<br />
11<br />
12<br />
Vgl. ACHILLE MBEMBE, Un entretien avec Jean-Marc Ela, théologien camerounais, Spiritus 27, Nr. 104<br />
(1986), 253-261, S. 258 („ce qui peut renouveler en profondeur le christianisme de notre temps, c’est<br />
la réponse à donner aux graves questions posées par l’irruption des pauvres dans l’histoire<br />
contemporaine“).<br />
„[...] se donne des instruments d’analyse de la situation présente, qu’elle apprenne à lire ce qu’elle fait à<br />
la lumière de l’Évangile; tout est à faire pour élaborer une véritable pastorale de l’intelligence chrétienne<br />
des problèmes actuels de notre société“; Ma foi d’Africain, S. 192 (Mein Glaube als Afrikaner, S. 171).<br />
Zu diesen Informationen vgl. HORST GOLDSTEIN, „Selig ihr Armen“. Theologie der Befreiung in Lateinamerika<br />
... und in Europa?, Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), 1989, S. 65, und RIOLANDO<br />
AZZI/JEAN PIERRE BASTIAN/ENRIQUE DUSSEL/MAXIMILIANO SALINAS, Theologiegeschichte der Dritten Welt.<br />
Lateinamerika, Gütersloh (Kaiser), 1993, S. 156.<br />
„Sous l’arbre où chaque communauté se retrouve pour entendre la parole de Dieu et se demande<br />
comment les gens du peuple peuvent devenir les penseurs et les ingénieurs de leur avenir, se développe<br />
une véritable intelligence de la foi à partir des problèmes quotidiens“; a.a.O., S. 33 (Mein Glaube als<br />
Afrikaner, S. 25). - Zum Thema der „Gemeinschaft“, insbesondere im Sinn von Basis- oder<br />
Evangeliums-Gemeinschaften vgl. unten Kap. 4.5.