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Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info

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2 Der Kontext der théologie sous l’arbre 64<br />

Im Heimatland selbst ist keine freie Kommunikation möglich, nicht einmal im Kreise<br />

der Familie - Denunzianten kann es schließlich überall geben; außerdem kennt die<br />

afrikanische Großfamilie kein Privatleben im westlichen Sinn.<br />

Die Atmosphäre ist in diesen Ländern ohne Zweifel von Angst und gegenseitigem<br />

Mißtrauen geprägt. Jean-Marc Ela kontrastiert diese „Friedhofsruhe“ mit der traditionellen<br />

afrikanischen Kultur des Palavers, wenn er schreibt: „In Zivilisationen des Palavers<br />

und der Oralität gibt es wohl keine Situation, die weniger tolerabel ist als jene, in<br />

die der Afrikaner <strong>auf</strong> der Ebene des freien Ausdrucks seiner Ideen, seiner Meinungen,<br />

seiner Optionen und seiner Einwände geführt <strong>wurde</strong>.“ 36<br />

In dieser „Konzentrationslager-Welt“ („univers concentrationnaire“), in der jede Kritik<br />

als ein Angriff <strong>auf</strong> die „nationale Sicherheit“ gilt, entsteht zwangsläufig „eine Art<br />

Selbstzensur“ (une sorte d’auto-censure), der auch die ausländischen Journalisten nicht<br />

entrinnen - ansonsten würden sie ihre Aufenthaltsgenehmigung erheblich gefährden. In<br />

<strong>einem</strong> solchen Kontext, in dem eine offene Kommunikation praktisch unmöglich ist, ist<br />

es kein Wunder, wenn die literarische und intellektuelle Produktion stagniert und das<br />

Denken keine Fortschritte mehr macht.<br />

<strong>Das</strong> gesamte intellektuelle Leben unterliegt einer permanenten Kontrolle; Versammlungen,<br />

<strong>auf</strong> denen die Menschen ihre Meinungen und Gedanken austauschen könnten,<br />

werden ebenso wie als „subversiv“ beurteilte Veröffentlichungen verboten. Publikationen,<br />

deren Inhalt sich als ein politisches Verbrechen interpretieren läßt, können gar<br />

eine Vorbeugehaft nach sich ziehen. Den Intellektuellen, wollen sie ihre Familien nicht<br />

gefährden, bleibt oft keine andere Möglichkeit als die der „intellektuellen Prostitution“<br />

für das herrschende Regime, denn selbst das Schweigen ist verdächtigt, insofern es als<br />

eine Form der Mißbilligung diesem Regime gegenüber ausgelegt werden kann. Von<br />

daher lassen sich leicht die Gewissenskonflikte nachvollziehen, mit denen die Intellektuellen<br />

angesichts ihrer Verpflichtung, den offiziellen Diskurs zu reproduzieren, konfrontiert<br />

sind.<br />

Dieser Zwang zum Konformismus führt letztlich zu einer „Papageien-Mentalität“<br />

(„une mentalité de perroquet“), für die jede kritische Reflexion eine Bedrohung darstellt,<br />

dadurch daß sie als der Ausdruck von Dissidenz erscheint: <strong>„Der</strong> Geist findet sich<br />

eingesperrt in die sich ständig wiederholende Liturgie der Welt des Mythos.“ 37<br />

Für Jean-Marc Ela stellt sich daher die Frage, ob dies nicht eine der historischen Tragödien<br />

des heutigen Afrikas ist:<br />

Man mag sich fragen, ob die Konsolidierung dieser Republiken des Schweigens,<br />

die Tag für Tag zu wahren Friedhöfen des Geistes werden, nicht eine der<br />

Tragödien der zeitgenössischen afrikanischen Geschichte ist. <strong>Das</strong> Fehlen jeder<br />

echten politischen Debatte offenbart die Schranken, die in den Jahren nach der<br />

Unabhängigkeit der Entwicklung der Demokratie gesetzt waren. <strong>Das</strong> Streben<br />

36<br />

37<br />

„Dans les civilisations de la palabre et de la oralité, il n’y a peut-être pas de situation plus intolérable<br />

que celle qui est fait à l’Africain au niveau de la libre expression de ses idées et de ses opinions, de ses<br />

options et de ses oppositions“; a.a.O., S. 95 (African Cry, S. 75).<br />

„L’esprit se trouve enfermé dans la liturgie répétitive propre à l’univers du mythe“; a.a.O., S. 84<br />

(African Cry, S. 66).

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