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4 Die biblisch-theologischen Grundlagen der théologie sous l’arbre 205
einem „medizinischen System, das in sich selbst schon eine Entfremdung des Menschen
ist, eine Konfiszierung des Wissens und der Macht, und letztlich ein Apparat eines
Systems der Beherrschung“ 222 .
Der Kampf für die Gesundheit erfordert eine völlige Umkehr, die sowohl eine Umorientierung
der gesamten Praxis und Strukturen als auch eine Änderung der Mentalitäten
einschließen muß. Nur so kann die Kirche mit einer Klassenmedizin brechen und zur
wirklichen Gefährtin der Armen werden. Denn: „Wie kann man sich einer Klassenmedizin
widersetzen, wenn man nicht das in Angriff nimmt, was Cabral den ‚Klassensuizid‘
nennt, und was in christlicher Sprache ‚Bekehrung‘ heißt?“ 223
Angesichts dessen, daß die Tätigkeit im Bereich des Gesundheitswesens sehr oft mit
dem Nimbus der Nächstenliebe und Wohltätigkeit umgeben ist, fordert uns Jean-Marc
Ela mit Nachdruck dazu auf, uns selbst und unseren guten Absichten zu mißtrauen:
Man kann in der vollen Überzeugung, Gutes zu tun, und durchaus in der Gesinnung
des Dienens und der Sorge um die Armen ein System der Beherrschung
triumphieren lassen, indem man seine Wirksamkeit demonstriert und letztlich
diejenigen, die seine Opfer sind, dazu bringt, dieses System zu akzeptieren und
zu internalisieren. 224
Jean-Marc Ela nennt den Beitrag der Kirche zur Schaffung von „Bedingungen, die den
Menschen befreien“, und wozu sie das Evangelium auffordert, die „Pastoral der
schmutzigen Hände“:
[...] eine Pastoral, die uns auf der Basis der Solidarität mit den Armen und Unterdrückten
vom Bewußtwerden der Sünde der Welt, an der wir teilhaben, zur
Veränderung der Welt und von uns selbst führen muß - dahin, wo uns der Glaube
die Gegenwart und das Handeln Gottes entdecken läßt: in den Hoffnungen
und Kämpfen für Freiheit und Gerechtigkeit. 225
Die wirklich für die Gesundheit und die Ernährung der Menschen engagierten ÄrztInnen,
Krankenschwestern und -pfleger und all die Leute, die versuchen, in diesem Sinne
an der Basis etwas zu bewirken, „spielen Tag für Tag, in ihrer alltäglichen Arbeit, eine
222 „[...] un système médical qui est lui-même une aliénation de l’homme, une confiscation du savoir et du
pouvoir et, en définitive, un appareil d’un système de domination“; ebd. (nur hier).
223 „Comment résister à une médecine de classe si l’on ne procède pas à ce que Cabral appelait le ,suicide de
classe‘, ce qui, en langage chrétien, s’appelle la ,conversion‘?“; a.a.O., S. 81f (Mein Glaube als
Afrikaner, S. 100).
224 „On peut, avec une parfaite conscience de faire le bien, avec l’esprit de service et le souci des pauvres,
faire triompher un système de domination, en démontrer l’efficacité et, à la limite, amener ceux qui en
sont les victimes à l’accepter et à l’intérioriser“; a.a.O., S. 82 (Mein Glaube als Afrikaner, S. 101).
225 „[...] la ,pastorale des mains sales‘, celle qui, à partir de notre solidarité avec les pauvres et les opprimés,
doit nous conduire de la prise de conscience du péché du monde dont nous faisant partie, à la
transformation du monde et de nous-mêmes, là où, dans les espoirs et les luttes pour la liberté et la
justice, la foi nous fait découvrir Dieu présent et agissant“; ebd.