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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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gegeben, ihn auf dem Seeweg zum Hafen an der Mündung des Transimeno<br />

zu bringen. Von dort will er mit <strong>einem</strong> Kahn flußaufwärts bis <strong>zur</strong> Burg des<br />

Grimmigen Nachbarn gelangen, während seine Kriegsleute auf dem<br />

Landweg den besagten Ort zu erreichen suchen. Er läßt Eurer Hoheit durch<br />

mich diesen seinen raschen Entschluß und seine sofortige Abreise <strong>zur</strong><br />

Kenntnis bringen.«<br />

»Ritter«, antwortete der Kaiser, »die gute Nachricht, die Ihr bringt, ist mir ein<br />

herzerquickender Trost. Dank sei Gott, der in seiner Güte unserem<br />

Feldhauptmann die Kraft geschenkt hat, seine Krankheit zu überwinden, so<br />

daß er imstand ist aufzubrechen – was ja die Sache ist, die ich am<br />

dringlichsten ersehne auf dieser Welt, fast so sehr wie die Erlösung meiner<br />

Seele; denn die Hoffnung, die ich auf seine große ritterliche Tugendstärke<br />

setze, verscheucht alles Üble, was wir erlebt haben, aus m<strong>einem</strong> Kopf. Und<br />

deshalb, weil ich denke, daß er der Friedensstifter meiner alten Tage ist, will<br />

ich Tirant an Sohnes Statt aufnehmen. Bittet ihn in m<strong>einem</strong> Namen, daß er<br />

fortfahre, solch wackere Taten zu vollbringen wie bisher, solch hochgemute<br />

und noch viel herrlichere; denn die Belohnung eines so grandiosen Dienstes<br />

wird derart sein, daß er und alle von s<strong>einem</strong> Stamme sich freuen können.«<br />

Der Herr von Agramunt küßte dem Kaiser die Hand und verabschiedete<br />

sich. Da<strong>nach</strong> begab er sich zum Gemach der Kaiserin und verabschiedete<br />

sich auch von ihr, desgleichen von der Prinzessin. Als die Kaiserin sah, daß<br />

Hippolyt abreisen mußte, und die Prinzessin begriff, daß Tirant ihr<br />

entschwinden würde, da brachen beide in bittere Wehklagen aus, und eine<br />

jede weinte für sich und bejammerte ihr Leid, besonders die Prinzessin, für<br />

die es vor allem schmerzlich war, daß Tirant von dannen ging, ohne ihr<br />

irgendein Wort zu sagen. Sie eilten hinüber zum Gemach des Kaisers, um<br />

sich zu erkundigen, ob die Nachricht von der Abreise wahr sei; und der<br />

Kaiser bestätigte alles. Die Prinzessin drang darauf, daß der Kaiser zum<br />

Hafen gehe, um selbst dorthin gehen zu können; und die Kaiserin wollte<br />

auch nicht zögernd <strong>zur</strong>ückbleiben. Weil aber der Kaiser als erster ans Meer<br />

kam, einige Zeit vor den Damen, ließ er sich in <strong>einem</strong> größeren Boot zu der<br />

Galeere bringen, kletterte an Bord und bat Tirant herzlich, das ganze Reich<br />

als seinen ihm anvertrauten Schützling zu betrachten.<br />

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Tirant antwortete darauf höchst liebenswürdig, versprach ihm, alles tun zu<br />

wollen, worum der Herrscher ihn bitte, und ermutigte ihn darüber hinaus in<br />

so herzgewinnender Weise, daß der Kaiser froh und zufrieden war.<br />

Aber alle Seeleute rieten dem hohen Herrn, schleunigst an Land zu gehen, da<br />

eine schwarze Wolkenwand heraufgezogen war, die mit Blitzen und<br />

Donnerschlägen immer näher rückte. Der Kaiser wurde also ans Ufer<br />

<strong>zur</strong>ückgebracht. Die Prinzessin, der tausend Gedanken durch den Kopf<br />

schossen, bedauerte es sehr, daß sie nicht rechtzeitig <strong>zur</strong> Stelle gewesen war<br />

und so die Möglichkeit versäumt hatte, mit ihrem Vater an Bord der Galeere<br />

zu gehen, wo sie Tirant hätte sehen und mit ihm reden können. Das Meer<br />

tobte schon so wild, daß es für Frauen nicht mehr statthaft war, noch<br />

überzusetzen, und der Vater hätte ihr ein solches Wagnis auch nicht erlaubt.<br />

Karmesina, die kein anderes Hilfsmittel mehr sah und der unablässig Tränen<br />

aus den Augen rannen, flehte seufzend und stöhnend Wonnemeineslebens<br />

an, sie möge sich doch, bitte, <strong>zur</strong> Galeere hinüberrudern lassen und dort den<br />

Grund oder die Gründe erkunden, weshalb Tirant so verhohlen sich entfernt<br />

und an Bord begeben hatte, ohne ihr ein Wort zu sagen; und warum er beim<br />

Vorüberreiten sich die Hände vors Gesicht gehalten habe; und überdies,<br />

wieso er nicht im Palast habe verweilen wollen, was er sich sonst doch so<br />

sehnlich gewünscht habe.<br />

Und Wonnemeineslebens, die als ebenso intelligentes wie feinfühliges<br />

Mädchen augenblicklich begriffen hatte, worauf es ihrer Herrin ankam,<br />

schlüpfte im Gefolge Hippolyts, mitten unter den Marinen, die ihn<br />

begleiteten, in ein Ruderboot.<br />

Unsagbar war der Schmerz, den die Kaiserin überspielen mußte, als sie sah,<br />

wie Hippolyt die Bordwand der Galeere erklomm.<br />

Als Wonnemeineslebens auf Deck war, beachtete Tirant sie mit k<strong>einem</strong><br />

Blick; aber sie sorgte dafür, daß er nicht umhinkonnte, sie anzuhören. Und<br />

ohne Zögern ließ sie ihn die folgende Botschaft vernehmen.

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