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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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KAPITEL CCCLV<br />

Wie Wonnemeineslebens dem unerbittlichen Tirant erneut und unbeirrt widersprach<br />

s gehört <strong>zur</strong> Menschlichkeit, Mitleid zu haben mit den Bedrängten,<br />

besonders mit denen, die schon bessere Tage erlebt haben, und sich<br />

das Leid derer zu Herzen zu nehmen, die früher einmal Menschen<br />

gefunden hatten, welche ihnen Linderung zu verschaffen wußten in<br />

ihren Qualen und Ängsten. Wenn es je Leute gegeben hat, die das<br />

so an sich haben, dann bin ich eine von dieser Sorte gewesen. Verständige<br />

Ritter deines Schlages sollten sich mitfühlend verhalten; und wenn du an<br />

diejenigen dächtest, die ehemals dir behilflich waren, könntest du mir gegenüber<br />

nicht so hartherzig sein. Aber ich sehe, daß du anscheinend nichts<br />

von Dankbarkeit hältst, du willst eine solch schwerwiegende, folgenreiche,<br />

Großmut fordernde Entscheidung dem Zufall einer Laune überlassen, ohne<br />

Rücksicht auf das Unheil, dem du uns, unser aller Leben, damit auslieferst und<br />

das an <strong>einem</strong> einzigen Tag all das in Jahren gewachsene Schöne vernichten<br />

kann. Die Welt hält keinen besseren Rat für dich parat als den, sich zu zügeln,<br />

wenn man vom Glück getragen wird, und so die Gefahren zu begrenzen, denen<br />

der Mensch ausgesetzt ist. Und es ist kein unbedeutender Akt der<br />

Klugheit, Maß zu halten und Form zu wahren, wenn man hoch erhoben wird<br />

von der Gunst der lachend dich mit Ehren überschüttenden Fortuna; denn<br />

wenn du ihr die Zügel schießen läßt, wird sie dich in den Abgrund reißen. Ich<br />

könnte dir dafür viele warnende Beispiele nennen. Und so viele Begründungen<br />

du für deine Haltung auch vorgebracht hast – bilde dir nicht ein, ich wäre<br />

außerstand, sie Punkt für Punkt schlagend zu widerlegen. Glaube ja nicht, daß<br />

ich zu denen gehöre, die sich die Rotznase am Ärmel abwischen. Es war das<br />

Vertrauen auf die gewohnte Glaubwürdigkeit meiner Worte, was meine Herrin<br />

bewogen hat, mich mit diesen ihren jungen Hofdamen zu deiner Exzellenz zu<br />

schicken, um durch die herzgewinnende Erscheinung dieser Mädchen dein<br />

Gemüt so zu rühren, daß du bereit bist, sie zu beschirmen, es also vorziehst,<br />

dich m<strong>einem</strong> Willen zu<br />

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fügen, statt stur zu siegen. Und wenn du dazu nicht bereit bist, werde ich<br />

unseren Herrn im Himmel anflehen, er möge mir die Gnade erweisen, daß er<br />

einen so undankbaren Menschen, der seinen Ruhm derart besudelt, gebührend<br />

bestrafe und dir samt den Deinigen den Einzug in die himmlische Jubelpforte<br />

verweigere. Wenn du aber gar, entgegen aller Ritterlichkeit, tatsächlich so<br />

gewalttätig gegen uns vorgehst, wie du es dir in den Kopf gesetzt hast, dann<br />

werde ich als Vertriebene durch die Welt laufen, bis an die äußersten Enden<br />

von Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland, und werde mit schrillen<br />

Schreien Wehklage führen über deine Grausamkeit, um so mein<br />

Racheverlangen zu befriedigen. Wenn ihr, die Christen, euch an das halten<br />

würdet, was die göttlichen Gebote euch zu tun heißen, wäre es undenkbar, daß<br />

man <strong>einem</strong> das Recht auf Freiheit versagt und irgend jemand genötigt wird, die<br />

Schikanen des Hochmuts zu erleiden; und den starken Männern würde<br />

wenigstens zugestanden, in Ehren zu sterben. All unsere Vorfahren aus den<br />

Königreichen des Orients haben die Siege, die sie bei Schlachten und<br />

rechtmäßigen Eroberungszügen errangen, höchst ehrenhaft gewonnen – nicht<br />

so, wie du jetzt zu triumphieren gedenkst.<br />

Führe dir vor Augen, was einer unserer Dichter, der Geber hieß, erzählt hat.<br />

Er schildert, welch ruhmreicher Heerführer Pompejus war; mit welch<br />

unsagbarer Begeisterung man ihn feierte, als er mit einer Streitmacht erlesener<br />

Krieger auszog, und mit welch hohen Ehren er hätte heimkehren können,<br />

wenn er nur gewollt hätte; aber weil er nicht gewillt war, sein Glück zu zügeln,<br />

dem Rasen Fortunas Einhalt zu gebieten, kam es zu <strong>einem</strong> furchtbaren Sturz,<br />

und er erlitt eine so schmähliche Schlappe, daß er, jählings aller Ehre entblößt,<br />

der Verachtung ausgeliefert war. Hätte Pompejus sich gemäßigt, statt hemmungslos<br />

seiner Erfolgsbegier die Zügel schießen zu lassen, wäre ihm dieser<br />

erbärmliche Ruin seines Ruhmes erspart geblieben. Bedenke auch, was der<br />

Prophet Jesaja gesagt hat: In Barbarenlanden lache verlockend das Glück. Es<br />

ist jedoch klug, sich nicht an die Rockzipfel besagter Fortuna zu klammem,<br />

sondern behutsam, Finger um Finger, sich von ihnen zu lösen, Distanz zu<br />

halten, ihr und ihren Schmeicheleien nicht unbesonnen zu vertrauen. Erinnere<br />

dich an die Frage des Aristoteles: ›Wie kannst du der Fortuna vertrauen, ihr<br />

Glauben

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