22.12.2012 Aufrufe

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wenn Ihr damals, als Ihr mit dem Oberbefehl betraut wurdet, klar darauf<br />

bestanden hättet, daß man mich und die anderen fragt, ob wir unsere<br />

Zustimmung geben, so könntet Ihr jetzt ohne weiteres mit dem<br />

Einverständnis von uns allen rechnen. Zu <strong>einem</strong> solchen Entgegenkommen<br />

wolltet Ihr Euch freilich nicht bequemen, womit Ihr Euch das Leben äußerst<br />

schwer gemacht habt, und zwar durch eigene Schuld. All die Streitigkeiten,<br />

die zwischen Euch und mir entstanden sind, haben es an den Tag gebracht,<br />

wie schlimm Euer Versäumnis war. Laßt also die erfahrenen Ritter, die etwas<br />

verstehen von derlei Dingen, darüber urteilen, ob Euer Vorhaben töricht<br />

oder ratsam ist und wer folglich recht hat in unserem heutigen Konflikt.<br />

Solltet Ihr Euch dazu nicht bereitfinden – wie schändlich bestätigt Ihr dann<br />

durch diese Verstocktheit die Notwendigkeit meiner Vorschläge und die<br />

Richtigkeit der schlimmsten Ahnungen, die Euer Gebaren in mir erregt.<br />

Schande und Zorn, die Ihr Euch damit zuzieht, werden die angemessene<br />

Rache für Euer Verhalten sein – eine Rache, die mich mit inniger<br />

Befriedigung erfüllt und an der sich mein Geist noch lange erlaben soll.«<br />

Tirant antwortete:<br />

»Mitten im Krieg kann ich mich nicht auf Rechtsgezänk einlassen. Meine<br />

Hände haben da anderes zu tun, Dinge, die dringlicher sind für die Ehre als<br />

das Kritzeln von Prozeßschriften. Es stünde mir schlecht an, wenn ich,<br />

<strong>nach</strong>dem ich anderen gute Ratschläge erteilt habe, mir selbst nicht zu raten<br />

wüßte. Noch nie hat es einen Mann aus unserer Sippe gegeben, der erlaubt<br />

hätte, daß man seine Ehre zum Gegenstand eines Wortgefechts macht; und<br />

mit der Hilfe Gottes will ich die meinige wahren, so gut ich irgend kann,<br />

mein Leben lang. Denkt aber nur ja nicht, daß die Feldherrnaufgabe, mit der<br />

ich noch immer betraut bin, mir großen Spaß gemacht hätte. Ich habe sie<br />

einstens nicht gesucht und in keiner Weise etwas dafür getan, daß sie mir<br />

zufalle. Und wenn diese Stellung mir den einen oder anderen Vorteil<br />

gebracht hat, so nicht deshalb, weil ich irgendwelche Belohnung erbeten<br />

hätte, sondern weil ich heißen Herzens und in beständiger Treue mich<br />

tatkräftig darum bemühte, meiner Pflicht zu genügen, und weil Herzöge und<br />

sonstige Hoheiten unter meiner Führung bisher keinen Schaden genommen<br />

haben an Leib und Le-<br />

608<br />

ben. Und ich meine, daß ich als Oberbefehlshaber nichts getan habe, was als<br />

Tücke oder Fahrlässigkeit zu tadeln wäre. Es stimmt zwar, daß der Herr<br />

Kaiser, als er mich zum Generalkapitan ernannte, Euch nicht fragte, ob Ihr<br />

diese Wahl billigt. Doch das braucht Euch nicht zu verwundern, denn Ihr<br />

wart damals ja gar nicht erreichbar für Seine Majestät. Damit niemand<br />

glaube, ich sei versessen auf dieses Amt, erkläre ich hiermit, daß es mir<br />

durchaus recht ist, wenn ein anderer zum Reichsverweser berufen wird, und<br />

daß ich jederzeit bereit bin, die Wahl eines Nachfolgers zu akzeptieren. Und<br />

Ihr seid also der Meinung, unser Heer könne keine Schlacht liefern, wenn Ihr<br />

nicht dafür seid? Sie muß stattfinden. An dem von mir bestimmten Tag<br />

werde ich den Feinden entgegentreten. Und wenn niemand willens ist, aus<br />

freien Stücken mir zu folgen, werde ich dennoch mit den Meinigen, die mich<br />

nicht im Stich lassen können, und mit den Leuten des Großmeisters, die<br />

meinetwegen von Rhodos gekommen sind, so in den Kampf ziehen, wie ich<br />

dies angekündigt habe, um mit Gottes Hilfe den Sieg zu erringen. 0 Herzog!<br />

Wenn Euch bange ist vor einer solchen Schlacht, die jeden feigen Widerling<br />

in Angst und Schrecken versetzen muß, dann bleibt im Lager, bei den<br />

kleinen Pagen oder bei den Verwundeten, Krüppeln und Kranken, die nicht<br />

mehr tauglich sind.«<br />

Damit schied man voneinander an diesem Tag.<br />

Am nächsten Morgen, gleich <strong>nach</strong> der Messe, ließ der Kapitan die Trompeten<br />

blasen; und zu den großen Herren, die alle beisammen waren, sagte er:<br />

»Hochwohlgeborene, durchlauchtige und großmächtige Herren, die ihr in<br />

eurer Hoheit gemeinsam mit mir die Last dieses Krieges tragt! Auf Befehl<br />

Seiner Majestät des Herrn Kaiser habe ich das Amt des Generalkapitans<br />

ausgeübt, wobei ich mich im Schweiß meines Angesichts während vieler Tage<br />

mit allen Kräften des Geistes wie des Körpers darum bemühte, gangbare<br />

Wege zu finden, die gewährleisten würden, daß meine Führung euch allen<br />

zum Wohl gereicht. Jetzt aber, da der Herzog von Makedonien dies wünscht,<br />

trete ich als Kapitan <strong>zur</strong>ück; und ich tue es getrost, da wir an diesem Platz<br />

nichts zu befürchten haben von unseren Feinden, ein Wechsel also ohne<br />

Belang ist. Das Schicksal vieler sollte man nicht einer einzigen Per-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!