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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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den Zinnen empor, daß ihnen dort der Einbruch in die Stadt gelang, wobei<br />

sie draußen wie drinnen viele Sarazenen erschlugen oder gefangennahmen.<br />

Nachdem der Ort erobert war, stellten sich all die Barone aus Sizilien dem<br />

Generalkapitan vor und übergaben ihm die Briefe ihres Königs und ihrer<br />

Königin. Tirant empfing sie aufs freundlichste und erwies ihnen große<br />

Hochachtung; er bedankte sich für die Grüße von Philipp und Ricomana<br />

sowie für den guten Willen, den ihm die adligen Herren samt ihren Mannen<br />

erzeigt hätten. Und fröhlich vereint, wie sie waren, gingen sie zu Fuß aus der<br />

Stadt hinaus und begaben sich an jene Stelle im Vorgelände, wo der Kaiser<br />

und seine Tochter waren. Nachdem Tirant dem Herrscher seine<br />

Ehrerbietung erwiesen hatte, sagte dieser zu ihm:<br />

»Teurer Kapitan, Euch ist es nicht gestattet, Leitern zu ersteigen bei <strong>einem</strong><br />

solchen Sturmangriff. Das ist viel zu gefährlich und kann unheilvolle Folgen<br />

haben, falls nicht Gottes Erbarmen Partei ergreift für unsere gerechte Sache,<br />

wie heute, wo der Himmel uns <strong>zur</strong> Rückgewinnung dieser Stadt verholfen<br />

hat. Wenn Ihr im Vertrauen auf Euer gutes Recht erwartet, daß Ihr immer<br />

und überall als Sieger triumphiert – was unwahrscheinlich ist und wofür man<br />

kein Beispiel in irgend<strong>einem</strong> Geschichtsbuch liest –; wenn Ihr Euer Leben<br />

derart aufs Spiel setzt, daß Ihr bei jedem Schritt am Rand des Grabes<br />

balanciert; wenn Ihr vorsätzlich den dunklen Taumel der Todesnähe sucht,<br />

wie man ihn inmitten der Masse von Sterbenden erlebt; und wenn Ihr aus<br />

dieser Erfahrung eine Lehre ziehen wollt, die nützlich ist, für Euch selbst wie<br />

für alle anderen, die ihre Gesundheit wahren, weil sie sich nicht ins<br />

Getümmel stürzen, wo die Schlacht am tollsten tobt, so bitte ich Euch<br />

herzlich, Euren Kampfeseifer zu zügeln, Euch in Gelassenheit zu üben und<br />

Euer kostbares Leben nicht derart rückhaltlos der Raserei entsetzlicher<br />

Zufallsschläge auszuliefern. Und wenn es Euer Wunsch ist, Gutes zu tun, so<br />

dürft Ihr meine Warnungen nicht in den Wind schlagen – Warnungen, die<br />

sich schon manchmal als prophetische Worte erwiesen haben.«<br />

Der Kapitan gab ihm <strong>zur</strong> Antwort:<br />

»Ich bin verpflichtet, Herr, mich selber derart einzusetzen, tatkräftiger als<br />

jeder andere; und zwar deshalb, weil es darum geht, die<br />

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Erlahmenden zu ermuntern, den Furchtsamen neuen Mut zu geben. Was<br />

bleibt mir anderes übrig, mir und den anderen, wo es doch jetzt darauf<br />

ankommt, alle Kraft zusammen<strong>zur</strong>affen, um das zu schaffen, was unsere<br />

Aufgabe ist? Unverantwortlich ist, daß sich Eure Majestät in derartige<br />

Auseinandersetzungen einmischt; denn das verträgt sich weder mit Eurer<br />

Würde noch mit Eurem Alter. Ihr könnt Euch nur mit der Kraft Eurer<br />

Seelenstärke wehren, nicht mit den Waffen, weshalb es recht zweifelhaft ist,<br />

wie die Sache in <strong>einem</strong> solchen Fall endet.«<br />

Der Kaiser dachte, als er diese Worte des Bretonen hörte, sie entsprängen<br />

s<strong>einem</strong> selbstlosen Eifer, seiner Treue und innigen Ergebenheit. Tirant<br />

geleitete beide, den Herrscher und seine Tochter, hinab <strong>zur</strong> Stadt.<br />

Am Morgen des folgenden Tages beriet der Kaiser mit den Herren seines<br />

Kriegsrats, was nun als nächstes zu tun wäre und in welcher Richtung man<br />

die Rückeroberung der verlorengegangenen Gebiete fortsetzen sollte. Die<br />

einen meinten, <strong>nach</strong> da, die anderen meinten, <strong>nach</strong> dort müsse man<br />

marschieren. Als letzter ergriff Tirant das Wort und sagte:<br />

»Herr, wie ich Eurer Majestät schon gesagt habe, paßt es nicht zu Eurer<br />

Erhabenheit, daß Ihr weiterhin am Feldzug teilnehmt. Es empfiehlt sich<br />

vielmehr, daß Ihr, begleitet von den Baronen aus Sizilien, mit denen Ihr<br />

gekommen seid, nun heimkehrt in die Hauptstadt und all die Gefangenen<br />

mitnehmt, die Ihr erbeutet habt. Sie kosten uns viel Proviant und erfordern<br />

eine Menge sonstiger Dinge. Unsere Leute haben es auch satt, sie ständig<br />

bewachen zu müssen. Es ist nun die Aufgabe des Herzogs, gemeinsam mit<br />

mir für den Schutz der schon befreiten Orte und für die Eroberung der noch<br />

immer vom Feind besetzten Städte und Flecken in der hiesigen Region zu<br />

sorgen. Eure Majestät aber möge veranlassen, daß die Flotte uns mit Weizen<br />

versorgt; denn der Krieg dauert schon so lange, und die Bauern können die<br />

Kornfelder nicht bestellen; es ist also unumgänglich, die Mundvorräte für<br />

unsere Truppen auf dem Seeweg zu beschaffen, da es im Reichsgebiet nichts<br />

mehr zu holen gibt.«<br />

»Gestern abend«, sagte der Kaiser, »ist mir gemeldet worden, daß

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