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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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hat ja jenen gesegneten Fürsten, den erlauchtesten der ganzen Welt, also den<br />

Kaiser von Konstantinopel, dazu bewogen, dich durch ein Sendschreiben in<br />

seine Residenzstadt einzuladen, wo Seine erhabene Majestät dir den<br />

Kommandostab übergab und dich zu s<strong>einem</strong> Generalkapitan ernannte, als der<br />

du den türkischen Feinden gezeigt hast, was du taugst, indem du sie ein ums<br />

andere Mal kraft der Kühnheit ritterlichen Mutes besiegtest. Sag, Herr<br />

Kapitan, entsinnst du dich noch jener durchlauchtigsten Prinzessin, der<br />

schönsten und tugendreichsten unter allen Jungfrauen der Welt, von der man<br />

erhoffte, daß sie dermaleinst, <strong>nach</strong> dem Tode ihres Vaters, als Thronfolgerin<br />

die Krone des Griechischen Reiches tragen würde? Und denkst du noch an<br />

jenen berühmten Ritter namens Diafebus, deinen Vetter, den du huldvoll mit<br />

der Grafschaft Santo Angiolo beschenktest, später zum Herzog von<br />

Makedonien machtest und mit Stephania beglücktest, der Nichte des Kaisers,<br />

die du ihm <strong>zur</strong> Frau gabst?<br />

O adliges Geschlecht derer vom Salzfelsen, Inbegriff aller Güte und<br />

Mannhaftigkeit! Wie steht es jetzt um euch? Traurig seid ihr, vom Glück<br />

verlassen, festgehalten in grausamer Gefangenschaft, bitterlich leidend als<br />

Sklaven unter der Herrschaft von Ungläubigen, während euer Anführer und<br />

Blutsverwandter, der euch doch immer ein Freund gewesen war, Tirant lo<br />

Blanc, welch selbiger hier zugegen ist, sich nicht um euch kümmert, ja nicht<br />

einmal eurer gedenkt. O ihr Ritter aus der Sippschaft des guten Herzogs der<br />

Bretagne, all ihr Männer vom edlen Stamme derer vom Salzfelsen! Wer wird<br />

euch helfen, euch herausholen aus der Gefangenschaft? Wer soll derjenige<br />

sein, der euch die Freiheit <strong>zur</strong>ückgibt, <strong>nach</strong>dem der, um dessentwillen ihr in<br />

dies Unheil geraten seid und all euer Hab und Gut verloren habt, euch<br />

offensichtlich vergessen hat? Wer wird noch ein Wort für euch übrig haben,<br />

wer außer dem Tod, der für alle da ist? Und abgesehen von mir, <strong>einem</strong><br />

Maurenmädchen, das wahrsagt aus prophetischer Ahnung. Mein Herz weint<br />

Blutstropfen, wenn ich an die vielen und so vortrefflichen Ritter denke; denn<br />

sie werden niemals aus ihrem Kerker herauskommen, es sei denn mit<br />

vorgestreckten Füßen, zermürbt von den Schikanen und dem Mangel an<br />

Hoffnung. Weint nur, ihr Armen, und beklagt eure trostlose Lage, denn<br />

Tirant lo Blanc hat euch vergessen. Und es verwundert mich nicht, daß er von<br />

euch<br />

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nichts mehr wissen will; denn er hat sogar eine Dame – ich will nicht sagen,<br />

wer sie ist, kann aber behaupten, daß es die höchste und beste der ganzen<br />

Christenheit ist – aus s<strong>einem</strong> Gedächtnis getilgt, um nur noch an eines zu<br />

denken: an die Eroberung dieses verdammten Landes; und darüber hat er alle<br />

vergessen.«<br />

Tief bestürzt war Tirant, als er diese Worte vernahm; und mit freundlicher<br />

Miene bat er die vermeintliche Maurin, ihm zu sagen, woher sie so viel von<br />

s<strong>einem</strong> Leben und seinen Taten wisse.<br />

KAPITEL CCCLVI<br />

Wie Tirant zu erfahren suchte, woher die unkenntliche Wonnemeineslebens so genau<br />

Bescheid wußte über seine Vergangenheit<br />

s verwirrt mich«, sagte er, »was ich da aus dem Munde eines<br />

wildfremden Mädchens vernehme – Worte, die mein Innerstes<br />

verwundet haben. Denn ich kann nicht glauben, Jungfrau, daß du<br />

ein leibhaftiges Menschenkind bist. Wie könntest du so genau<br />

Bescheid wissen über mich, wenn du nicht der Geist eines mir<br />

altvertrauten Wesens oder aber ein Dämon bist, der die menschliche Gestalt<br />

einer Jungfrau angenommen hat, um mich irrezuführen, mich davon<br />

abzuhalten, daß ich diese Stadt vernichte mitsamt ihren Einwohnern, die den<br />

Teufel anbeten und ihm dienstbar sind. Denn es ist meine klare Absicht, sie<br />

mit Christen zu bevölkern, damit der Name unseres Herrn Jesus Christus hier<br />

gebenedeit, angebetet und verherrlicht werde. Deshalb, Jungfrau, würde ich<br />

mir selbst sehr töricht und unbedarft vorkommen, wenn es einer jungen Dame<br />

gelänge, mit spiegelfechterischem Gerede und Zitaten von Philosophen,<br />

Poeten und Kirchenlehrern mir etwas vorzumachen und mich abzubringen<br />

von m<strong>einem</strong> frommen und guten Vorhaben. Nein, wenn du mich überzeugen<br />

willst, mußt du mir schon etwas mehr von dir selbst verraten, mußt mit klaren<br />

Worten mir zu erkennen geben, wer du bist und auf welchen Wegen dir das<br />

<strong>zur</strong> Kenntnis

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