22.12.2012 Aufrufe

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

KAPITEL CDXIV<br />

Wie Tirant, sobald er mit seiner ganzen Flotte im Hafen von Troja war, einen Botschafter<br />

zum Kaiser sandte<br />

ls Tirant vor Valona war, schickte er eine Galeere in den Hafen<br />

hinein, die den Schiffsführern der sechs mit Weizen beladenen<br />

Lastensegler den Befehl überbrachte, sie sollten sofort auslaufen<br />

und der Kriegsflotte folgen. Die Kapitäne ließen Segel setzen,<br />

fuhren hinaus auf die offene See und schlossen sich der Armada<br />

an. Als diese die Dardanellen erreichte, den »Kanal <strong>nach</strong> Rumänien«, steuerte<br />

Tirant den Hafen von Sigeum an, welcher der Hafen von Troja ist; und dort<br />

ließ er Anker werfen, um das Eintreffen der Nachzügler abzuwarten, bis alle<br />

Schiffe seiner Streitmacht beisammen wären.<br />

In der Zwischenzeit berief er seinen Kriegsrat ein, um mit dem König von<br />

Sizilien, dem König von Fez und all den anderen Fürsten und Rittern zu<br />

besprechen, was nun zu tun sei; denn ihm war gemeldet worden, daß die<br />

gesamte Flotte des Sultans im Hafen von Konstantinopel liege, mehr als<br />

dreihundert Schiffe, sowohl Segler als auch Galeeren und allerlei sonstige<br />

Seefahrzeuge. Man beschloß, einen Mann am Ufer auszusetzen, der die<br />

Maurensprache verstünde und der bei Nacht sich in Konstantinopel<br />

einschleichen sollte, um den Kaiser davon zu unterrichten, daß Tirant mit<br />

seiner ganzen Flotte im Hafen von Troja sei, also schon dicht am Bosporus,<br />

dem »Arm von Sankt Georg«, nur noch wenig mehr als hundert Meilen von<br />

Konstantinopel entfernt. Man wollte jenem Mann jedoch nichts Schriftliches<br />

mitgeben, damit die Mauren, falls er in deren Hände fiele, nicht vorzeitig<br />

gewarnt wären; der Besagte sollte sich vielmehr genauestens all das einprägen,<br />

was er dem Kaiser mitzuteilen hatte.<br />

Nach Abschluß der Beratung ließ Tirant einen aus dem Königreich Tunis<br />

stammenden Ritter zu sich rufen, der Muslim gewesen war und einer<br />

königlichen Sippe angehörte. Er hieß Sinegerus, war ein erfahrener Mann,<br />

scharfsinnig und beredt, zugleich ein gewaltiger Kämpe, der als Gefangener<br />

<strong>nach</strong> Konstantinopel geraten war und<br />

288<br />

dort jeden Weg und Steg kannte. Ihm trug Tirant all das vor, was er dem<br />

Kaiser und der Prinzessin sagen sollte. Und zum Schluß übergab der Kapitan<br />

ihm seinen Siegelring, damit der Kaiser ihm vertraue und seinen Worten<br />

Glauben schenke.<br />

Verkleidet als Muselman, in der Tracht eines sarazenischen Lakaien, wurde<br />

der Ritter Sinegerus aufs Deck einer Brigantine übergeholt und bei Nacht an<br />

der Küste ausgesetzt, eine Meile vom Lager des Maurenheeres entfernt, das<br />

die Stadt Konstantinopel umzingelt hatte. Vorsichtig das feindliche Feldlager<br />

umgehend, machte sich Sinegerus auf den Weg <strong>zur</strong> Stadt. Trotz aller<br />

Vorsicht gelang es ihm jedoch nicht, den Fängen maurischer Späher zu<br />

entwischen; aber er verstand es, gewitzt in deren Sprache parlierend, sie<br />

davon zu überzeugen, daß er einer von ihrem Haufen sei, und so ließen sie<br />

ihn laufen. Als er sich dann dem Stadttor näherte, wurde er von den<br />

Mannen, die das Tor bewachten, entdeckt und geschnappt; denn sie dachten,<br />

er sei einer der Muslime aus dem Feindeslager. Der Festgenommene aber<br />

sagte zu den Wächtern, sie sollten ihn nicht mißhandeln, er sei ein<br />

Botschafter Tirants, hergesandt, um mit dem Kaiser zu reden. Da brachten<br />

ihn die Wächter sorgsam eskortiert vor den Kaiser, der sich zu dieser Stunde<br />

gerade vom Abendtisch erhob.<br />

Wie der Ritter Sinegerus sich nun dem Kaiser gegenübersah, fiel er vor ihm<br />

auf die Knie, küßte ihm die Hand und den Fuß und reichte ihm den<br />

Siegelring Tirants. Der Kaiser betrachtete diesen und erkannte die Wappen<br />

des Bretonen. Da umarmte der Kaiser den Boten und hieß ihn jubelnd aufs<br />

herzlichste willkommen. Und der Ritter Sinegerus hob an, folgende Worte an<br />

den Herrscher zu richten:<br />

»Durchlauchtigster Herr, ich bin hierher geschickt worden von dem großen<br />

Feldherrn Tirant lo Blanc, der sich der Gunst und Gnade Eurer Hoheit<br />

anbefiehlt und Eure Majestät ersucht, frohgemut zu sein, denn bald wird er,<br />

mit der Hilfe unseres Herrn im Himmel, Euch befreien von all den Feinden,<br />

die Eure Stadt umringen. Und überdies bittet er Euch, Eure gesamte<br />

Ritterschaft kampfbereit aufzustellen und die Stadt sorgsam bewachen zu<br />

lassen, denn morgen früh wird er wohl zum Schlag gegen die Maurenflotte<br />

ausholen, und er befürchtet, daß die Feinde, wenn sie sehen, daß ihnen ihre<br />

Flotte ver-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!