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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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weiterer Truppen aufzunehmen und <strong>nach</strong> Griechenland zu befördern. Und<br />

was er gebot, das geschah. Auch der Großtürke wurde <strong>zur</strong> Teilnahme an dem<br />

Kriegszug aufgefordert. Der nahm diese Einladung bereitwillig an und stieß<br />

mit einer gewaltigen Masse von Kriegern zu Fuß und zu Pferde hinzu. Beide<br />

Heere zusammen ergaben eine Streitmacht von hundertsiebzehntausend<br />

Ungläubigen. Sie zogen unter zwei verschiedenen Fahnen ins Feld. Auf<br />

blutrotem Grund präsentierte die eine das Bild des Kelchs und der Hostie;<br />

denn weil Genuesen und Venezianer den Kelch und die geweihte Hostie<br />

verpfändeten, tragen sie das Zeichen dieses Verrats auf ihren Fahnen. Die<br />

andere Flagge war aus grüner Seide, bestickt mit goldenen Lettern, welche die<br />

Parole verkündeten: »Wir sind die Rächer des seligen Ritters Fürst Hektor<br />

von Troja.«<br />

Gleich beim ersten Anlauf ihres Überfalls auf Griechenland eroberten sie<br />

viele Ortschaften und Burgen, raubten sechzehntausend kleine Kinder und<br />

ließen diese allesamt in die Türkei und in das Land des Sultans verschleppen,<br />

damit man sie dort aufziehe und ihnen die mohammedanische Irrlehre<br />

eintrichtere. Viele Frauen und Jungfrauen, die ihnen in die Hände fielen,<br />

wurden zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurteilt.<br />

Die Insel Rhodos jedoch war befreit und blieb verschont vom sarazenischen<br />

Joch.<br />

Als die Bewohner Zyperns erfuhren, daß die Flotte des Sultans den Hafen<br />

der Stadt Famagusta verlassen hatte, beluden sie eiligst viele Schiffe mit<br />

Weizen, Ochsen, Hammeln und sonstigen Nahrungsmitteln und schafften all<br />

diese Fracht <strong>nach</strong> Rhodos hinüber, um denen zu helfen, die dort, wie man<br />

hörte, so furchtbar unter dem Hunger zu leiden hatten. Auch aus vielen<br />

anderen Gegenden kamen Hilfslieferungen, und binnen kurzem waren die<br />

Stadt und die Insel so reichlich mit allem Nötigen eingedeckt, daß sämtliche<br />

alten Leute sagten, sie hätten es noch nie erlebt oder von ihren Vorfahren<br />

gehört, daß es auf der Insel Rhodos je einen solchen Überfluß gegeben habe.<br />

Wenige Tage <strong>nach</strong> dem Abzug des Sultans landeten zwei venezianische<br />

Galeeren im Hafen, die mit Weizen beladen waren und Pilger mitbrachten,<br />

welche sich auf der Fahrt zum Heiligen Grab in Jerusalem befanden. Als<br />

Tirant dies erfuhr, suchte er den König und Phi-<br />

lipp auf, um ihnen diese Neuigkeit mitzuteilen, über die sich alle drei von<br />

Herzen freuten. Der König sagte daraufhin zum Großmeister: »Herr, da es<br />

der Güte Gottes gefallen hat, diese Galeeren hier landen zu lassen, wollen<br />

wir weiterreisen, um ans Ziel unserer heiligen Fahrt zu gelangen, wenn Ihr<br />

so freundlich seid, uns dies zu gestatten.«<br />

Der Großmeister antwortete:<br />

»Liebe Herren, es wäre für mich ein großes Glück, wenn Euer Gnaden<br />

geruhen wollten, hier noch länger zu verweilen, wo Ihr ganz <strong>nach</strong> Eurem<br />

Belieben schalten und walten könntet, wie im eigenen Hause. Auch die<br />

Entscheidung über das Gehen und das Bleiben liegt ganz in Eurer Hand,<br />

denn ich habe nur das zu tun, was Ihr, hohe Herren, mir zu gebieten geruht,<br />

und es ist mein innigster Wunsch, Euch mit Leib und Seele dienstbar zu<br />

sein.«<br />

Der König dankte ihm herzlich für diese Worte. Der Großmeister aber<br />

versammelte die Ritter seines Ordens im Kapitelsaal und sagte ihnen, daß es<br />

ihm geboten scheine, Tirant, der soeben um die Erlaubnis <strong>zur</strong> Abreise<br />

gebeten habe, eine Entschädigung zu bieten, ihm den Weizen zu bezahlen<br />

und auch die Kosten des Schiffes zu ersetzen, das er ruiniert habe, als er es<br />

auf den Sand setzte, um ihnen Hilfe zu leisten. Und alle Ritter gaben <strong>zur</strong><br />

Antwort, daß Seine Hoheit recht habe und dem Bretonen großzügig<br />

sämtliche Unkosten ersetzt werden sollten, auf deren Begleichung er<br />

Anspruch habe. Ja, noch viel mehr müsse man ihm geben. Und gemeinsam<br />

beschlossen sie, daß der Großmeister morgen, mitten auf dem großen Platz<br />

und in Gegenwart aller, ihm ihr Angebot vortragen solle.<br />

Am Morgen des nächsten Tages ließ der Großmeister alle Tore der Stadt<br />

schließen, damit keiner hinauskönne und jedermann sich einfinde zu dem<br />

öffentlichen Gespräch zwischen ihm und Tirant. Er ließ den gesamten Schatz<br />

des Ordens hinuntertragen und in der Mitte des Platzes aufhäufen. Dann bat<br />

der Großmeister den König von Sizilien, er möge kommen und den Schatz in<br />

Augenschein nehmen. Gemeinsam mit Philipp folgte der König dieser Bitte.<br />

Und als alle versammelt waren, hielt der Großmeister folgende Rede.<br />

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