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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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gegen Eure Streitmacht auszuholen. Und es würde die Vollendung dessen<br />

bedeuten, was Ihr als wahres Herzensanliegen tapfer in Angriff genommen<br />

habt. Und Ihr würdet Seiner Majestät, dem Herrn Kaiser, sowie der Frau<br />

Kaiserin damit einen großen Dienst erweisen und mir eine große Freude<br />

bereiten. Wenn Ihr es nicht aus Liebe zu uns tun wollt, so tut es einfach aus<br />

der großmütigen Herzensgüte, die eine Eurer vielen Tugenden ist.«<br />

Tirant antwortete:<br />

»Es ist nicht nötig, daß Eure Hoheit mich darum bittet; denn die Wünsche<br />

Seiner Majestät, des Herrn Kaiser, sind für mich strikte Befehle; und Seine<br />

Durchlaucht sollte mich nicht um irgend etwas ersuchen, sondern es mir<br />

gebieten, wie <strong>einem</strong> seiner schlichten Diener, der ihm <strong>nach</strong> Kräften zu dienen<br />

wünscht. Und Eure Hoheit weiß wohl, wie sehr es mich da<strong>nach</strong> verlangt,<br />

Euch dienstbar zu sein. Denn es gibt nichts auf der Welt, nichts, was ich<br />

irgend zu leisten vermöchte und in Eurem Auftrag nicht willig auf mich<br />

nähme, selbst wenn ich mit Sicherheit wüßte, daß ich mein Leben dafür<br />

verlieren würde; und schon gar nicht würde ich mich jemals entziehen, wenn<br />

es darum geht, Eure Ehre und Euer Wohlergehen zu erhöhen. Ihr könnt es<br />

Seiner Majestät, dem Herrn Kaiser, sowie der Frau Kaiserin, die hier anwesend<br />

ist, sagen: Eurer Erhabenheit zuliebe will ich jederzeit alles tun, was<br />

mir befohlen wird, solange ich Lebensodem in mir habe.«<br />

Bei diesem Satz ergriff er ihre Hände und küßte sie, halb gewaltsam, halb<br />

mit ihrer Einwilligung.<br />

Hierauf erhob sich die Kaiserin und ging ans andere Ende des Gemaches,<br />

wo sie, ein Brevier in den Händen, niederkniete und anfing, das<br />

Stundengebet zu psalmodieren, unterstützt von einer Zofe. Die Prinzessin<br />

blieb bei Tirant, mit Stephania, der munteren Witwe und<br />

Wonnemeineslebens, die ihr Gesellschaft leisteten. Tirant aber nahm wieder<br />

und wieder ihre Hände und bedeckte sie mit Küssen. Und die Prinzessin<br />

konnte sich nicht enthalten, ihm das Folgende zu sagen.<br />

KAPITEL CLXX<br />

Wie die Prinzessin den Bretonen tadelte<br />

eutlich und klar, großmütiger Kapitan, erkenne ich, daß meine<br />

abwehrenden Worte die Flammen deiner Wünsche nur noch<br />

höher auflodern lassen. Es beliebt mir daher, mein Mißbelieben<br />

zu bekunden und dir nicht zu erlauben, wo<strong>nach</strong> du verlangst;<br />

denn Dinge, die man mühlos erlangen kann, werden nicht mehr<br />

so hoch geschätzt, wie es ihr Wert verdient. Ich sehe ja, wie gierig deine<br />

Hände sind und daß sie, sobald man sie nur ließe, mit größter Lust<br />

drauflosliefen, ohne die Grenzen zu respektieren, die das Gebot ihrer Herrin<br />

ihnen gezogen. Und deine greiflüsternen Krallen kennen keine Scham. Die<br />

Kaiserin ist doch hier, sie kann uns sehen. Und wenn sie das sieht, wird man<br />

dich für einen Menschen halten, dem nicht ganz zu trauen ist und der sich<br />

selbst nicht recht im Zaum halten kann. Gut möglich, daß sie dann sagt, du<br />

sollest ihre Tochter in Ruh lassen: Schluß mit dem freien Umgang. Alle Wege<br />

wären dir künftig versperrt. Also, weshalb bringst du nicht die nötige<br />

Besonnenheit auf, um dich in kluger Scheu vor <strong>einem</strong> Skandal zu hüten, dir<br />

eine solche Schmach zu ersparen? Oh, was wird dir dein Gewissen einmal<br />

sagen, wenn du Pflichtvergessenheit zu deiner Gefährtin machst? Aber ich<br />

habe den Eindruck, daß du wohl vom Wasser jenes Quelltopfes getrunken<br />

hast, in dem der schöne Narziß einst starb; von <strong>einem</strong> Wasser, das jegliche<br />

Erinnerung auslöscht und damit zugleich das Gefühl für Ehre und Anstand<br />

schwinden läßt. Und falls die Bitten, die ich dir, dem Kaiser zuliebe,<br />

vorgetragen habe, du mögest dich aufs Schlachtfeld begeben, vielleicht dem<br />

in die Quere kommen, was du hartnäckig im Sinn hast, aus Liebe zu mir, so<br />

höre nun leisere Worte, die kleiner sind als das, was mein Herz empfindet;<br />

denn dir gegenüber bin ich schlicht und demütig, und dies mit gutem Grund,<br />

weil du schon oft dich mir gegenüber so gegeben hast. Und ich bin bereit,<br />

vor deinen Füßen niederzuknien, damit der Wunsch meines Vaters in<br />

Erfüllung gehe.«<br />

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