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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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und wahrhaftig sein will, mir nie etwas zuschulden kommen lassen möchte.<br />

Tirant, du mein Herr, zweifle an k<strong>einem</strong> Wort, das ich dir gesagt habe; denn<br />

obwohl ich mich manchmal dir gegenüber hartherzig gegeben habe, möchte<br />

ich nicht, daß du denkst, mein Geist sei nicht stets im Einklang mit dem<br />

deinen gewesen; und immer habe ich dich geliebt und wie zu <strong>einem</strong> Gott zu<br />

dir aufgeschaut, und ich kann dir versprechen, daß ich, je älter ich werde,<br />

desto inniger dich liebe. Aber Furcht vor übler Nachrede nötigt mich, die<br />

Ehre meiner Keuschheit zu wahren, auf die ja alle Jungfrauen ängstlich<br />

bedacht sein müssen, damit sie unbefleckt ans geweihte Brautbett gelangen;<br />

und so will ich sie denn so lange wahren, wie es dir, der du mein Herr bist,<br />

beliebt. Und jetzt ist die Zeit gekommen, wo du eindeutig erfahren kannst,<br />

ob ich dich liebe; denn von heute an will ich dich belohnen für die Liebe, die<br />

du mir entgegengebracht hast. Damit unsere Hoffnung nicht getrübt wird,<br />

bitte ich dich um Gnade. Meine Ehrsamkeit sei dir so lieb wie dein Leben.<br />

Unter all den Übeln, die mich peinigen, ist das schlimmste, das<br />

schmerzlichste, daß ich dich einige Zeit vermissen soll, weil du fortmußt.<br />

Deshalb ist mir nicht so fröhlich zumute, daß ich dir schon jetzt die<br />

unermeßliche Liebe erweisen könnte, die ich dir schulde, weil du sie längst<br />

verdient hast; und deshalb hoffe ich auf eine Zeit, wo ich, frei von Furcht,<br />

dir zeigen kann, wie bedenkenlos ich Leib und Leben für dich hingebe.«<br />

Sie verstummte und sprach kein weiteres Wort. Tirant aber, der erkennen<br />

ließ, wie sehr ihn das erfreute, was ihm an wohltuendem Trost und<br />

überraschender Huld von seiten der Prinzessin zuteil geworden war, schaute<br />

sie an mit <strong>einem</strong> Lächeln aufstrahlender Demut.<br />

288<br />

KAPITEL CCLXXII<br />

Wie Tirant die Prinzessin einen Schwur ablegen ließ,<br />

daß sie mit ihm die Ehe schließen werde<br />

nsagbar war der Jubel, der das Gemüt Tirants erfüllte, als ihm<br />

klar wurde, daß er dank dem soeben zustande gekommenen<br />

Verlöbnis mit der durchlauchtigen Dame, die ihm auf solch<br />

großzügig freundschaftliche Weise ihre unermeßliche Liebe<br />

offenbart und ihn so ehrlich vertrauensvoll behandelt hatte,<br />

nunmehr auf bestem Wege war, demnächst die Krone des Griechischen<br />

Reiches tragen zu können. Und bei der Seligkeit, die ihn durchströmte,<br />

schien es ihm ein Kinderspiel, die ganze Welt zu erobern. Unabweisbar war<br />

das Verlangen, sein Glück jetzt gleich s<strong>einem</strong> Vetter Diafebus, dem Herzog<br />

von Makedonien, mitzuteilen, da er das Gefühl hatte, jeder Mensch müsse<br />

sich mitfreuen an dem, was ihn selbst in solche Hochstimmung versetzte.<br />

Dennoch holte er sicherheitshalber zunächst ein Reliquiar hervor, das er<br />

immer bei sich trug, ein Medaillon, worin sich ein Splitter vom Lignum crucis<br />

befand, ein Stückchen jenes Holzes also, an dem die göttlichen Schultern des<br />

Sohnes der reinen Jungfrau gehangen hatten. Und er forderte die Prinzessin<br />

auf, ihre Hände auf den Miniaturschrein zu legen und zu schwören, daß sie<br />

ehrlich und ernstlich entschlossen sei, ihn zu heiraten, ohne Wenn und Aber.<br />

Und mit großer Freude leistete Karmesina diesen Schwur, und Tirant sagte<br />

zu ihr:<br />

»Herrin, Eure Majestät erwartet, daß Gleichheit bei diesem Eheversprechen<br />

herrscht, damit Ihr künftig meiner sicher seid; und deshalb leiste ich<br />

gleichfalls einen heiligen Eid, mit dem ich Euch versichere, daß ich Euch<br />

treu und wahrhaftig ergeben bin und Euch niemals vergessen werde wegen<br />

irgendeiner anderen Frau auf der Welt.«<br />

Und die Prinzessin erklärte ihren Verzicht auf alle herrscherlichen Vorrechte<br />

sowie auf sämtliche sonstigen Privilegien, die ihr nützen und ihm schaden<br />

könnten.<br />

Und <strong>nach</strong>dem dies alles geschehen war, kniete Tirant auf dem harten Boden<br />

vor ihr nieder und wollte ihr die Hände küssen, denn er hatte große Scheu,<br />

sich ungebührlich zu benehmen, fürchtete dies mehr,

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