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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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getümmel kann nie und nimmer Liebe ersprießen. Deshalb erkläre ich dir<br />

hiermit, daß du unter meinen Händen eines bitteren Todes sterben mußt,<br />

weil du selbst so voll Grausamkeit bist, daß du Menschen erschlägst, die den<br />

Tod nicht verdient haben. Und alle, denen dein Ende zum Schaden gereicht,<br />

können sich sagen, daß da der mißratenste, ruchloseste Ritter zugrunde geht,<br />

gnadenlos zusammengeschlagen, niedergestreckt auf unsäglich beschämende<br />

Weise.«<br />

Tirant antwortete ihm in folgender Tonart:<br />

»Mir scheint, Ihr habt Eure Zunge nicht im Zaum und seid es wohl<br />

gewohnt, Euch derart gehenzulassen, ohne Rücksicht auf Gut oder Böse.<br />

Deshalb werde ich mein Schwert ziehen und mit stählerner Schneide die<br />

Anhänger Eurer Irrlehre züchtigen. Ich habe keine Lust, mich auf ein<br />

Schimpfgefecht mit Euch einzulassen, schon gar nicht in m<strong>einem</strong> Zelt.«<br />

Der König wollte erwidern, aber Tirant verließ das Zelt, worauf der König<br />

sich verzog, <strong>zur</strong>ück zu s<strong>einem</strong> Lager. Am nächsten Tag berief er den<br />

Kriegsrat ein, und sämtliche großen Herren, die Könige, Herzöge und<br />

Grafen der Sarazenen mitsamt ihren christlichen Bundesgenossen, ließen<br />

sich auf einer großen Wiese nieder. Als alle beisammen waren, erhob sich<br />

der König von Ägypten und hielt folgende Rede.<br />

KAPITEL CXLIX<br />

Wie der König von Ägypten<br />

den großen Herren des Sarazenenlagers<br />

die Antwort Tirants übermittelte<br />

s gibt Leute, die lieber mit der Zunge als mit den Händen ans<br />

Werk gehen. Ich gehöre nicht zu dieser Sorte. Mir behagt es<br />

mehr, entschlossen handgreiflich zu werden und mannhafte<br />

Taten zu vollbringen, den Launen des Schicksals zum Trotz, wie<br />

dies die echten Ritter von jeher zu tun pflegten, die sich auf diese<br />

Weise Ehre erwarben, die währt, solange<br />

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die Welt besteht. Deshalb, großmütige Herren, will ich euch auf eine<br />

nützliche Gepflogenheit hinweisen, von der die Christen große Stücke<br />

halten. Wie ich gesehen habe, lassen sie ihr Lager bei Tag und bei Nacht von<br />

Patrouillen zu Fuß und zu Pferde bewachen. Dadurch ist es gänzlich<br />

unmöglich gemacht, daß wir sie jemals durch irgendeinen<br />

Überraschungsangriff so in Verwirrung stürzen, wie sie dies mit uns getan<br />

haben. Seitdem dieser neue Feldhauptmann gekommen ist, herrscht große<br />

Disziplin in ihrem ganzen Heer.«<br />

Der Sultan fiel ihm ins Wort:<br />

»Wie hoch ist wohl, <strong>nach</strong> Eurer Meinung, die Anzahl seiner Mannen?<br />

Wieviel Fußsoldaten hat er? Wieviel Berittene?«<br />

»Herr, ich schätze«, sagte der König, »daß seine Infanterie eine<br />

Mannschaftsstärke von knapp fünfundvierzigtausend hat und seine<br />

Kavallerie kaum auf zehntausend kommt. Es sind wenige, aber die<br />

Manneszucht, die neuerdings bei ihnen herrscht, ist sehr beeindrukkend.<br />

Früher war das ganz anders, wie Eure Hoheit weiß und auch allen anderen<br />

Anwesenden <strong>zur</strong> Genüge bekannt ist. Als der Herzog von Makedonien noch<br />

den Oberbefehl hatte, wurden die Griechen wegen ihrer Disziplinlosigkeit<br />

und wegen der mangelnden Kriegserfahrung ihres Feldherrn in jeder<br />

Schlacht geschlagen, und wir stürmten von Triumph zu Triumph. Wäre<br />

nicht dieser Teufelskerl aus Frankreich gekommen, würden wir jetzt in den<br />

Palästen Konstantinopels wohnen, und aus der Kirche dort, die so<br />

wunderschön ist, hätten wir längst eine Moschee gemacht; den Kaiser hätten<br />

wir umgebracht, seine Frau und seine Tochter wären Sklavinnen, die uns zu<br />

Diensten sein müßten, mitsamt den anderen Damen ihres Hofes. All dies<br />

aber bleibt uns verwehrt, wenn der besagte Feldhauptmann noch lange lebt.<br />

Und damit komme ich zu dem, was der Zweck meiner Rede ist: Da es uns<br />

nicht möglich ist, ihn auf der Walstatt zu töten oder gefangenzunehmen, weil<br />

er sich angesichts unserer gewaltigen Übermacht niemals <strong>zur</strong> Feldschlacht<br />

stellen wird, solange er sich nicht eindeutig im Vorteil sieht, gibt es nur eine<br />

Methode, den Kerl zu vernichten. Falls ihr damit einverstanden seid, werde<br />

ich ihn zu <strong>einem</strong> Zweikampf herausfordern, zu einer Tjoste auf Leben und<br />

Tod; Mann gegen Mann will ich mit ihm kämpfen, und als ehrbewußter,<br />

todesmutiger Ritter, der er ist, kann er sich diesem

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