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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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weiter, wie ein Verzweifelter. Doch dank der Wunde Tirants blieben viele<br />

Muslime unversehrt, die sonst erschlagen oder verletzt worden wären. Sie<br />

eilten zu den anderen Fürsten, um diesen den Tod des Inders zu melden, in<br />

Sonderheit dem König von Bejaia; denn diesen betrachteten alle als ihren<br />

Oberbefehlshaber, weil sie alle auf sein Geheiß für den Feldzug angeworben<br />

worden waren. Kaum hatte die Kunde vom Tod des Königs die Runde<br />

gemacht, wurde das Lager abgebrochen, und alle Mann marschierten in die<br />

Richtung, wo sich die Christen befanden. Da es jedoch dunkelte und bald<br />

finstere Nacht herrschte, schlugen sie am Fuß des Berges ihre Zelte auf.<br />

Die Christen, die merkten, welche Masse von Kriegern da anrückte, hielten<br />

Rat, wobei ihnen nicht entging, wie schwer die Verwundung Tirants war, wie<br />

sehr sie ihn schmerzte; und weil sie erkannten, daß sie diesmal nicht damit<br />

rechnen konnten, seine Mannhaftigkeit werde ihnen den nötigen Rückhalt<br />

geben, beschlossen sie, noch in der Nacht abzuziehen, was sie denn auch in die<br />

Tat umsetzten, und zwar so, daß die Muslime nichts davon merkten. Am<br />

Morgen des nächsten Tages gedachten die Sarazenen die<br />

Entscheidungsschlacht zu schlagen, konnten jedoch keinen einzigen Feind<br />

entdecken. Sie folgten den Christen auf der Fährte, die durch die Pferdehufe<br />

markiert worden war, bis hin zu der Stadt, wo die Entschwundenen sich<br />

eingenistet hatten.<br />

Tirant bewog den Herrn von Agramunt, einen Ausfall zu machen, mit all den<br />

Leuten, die ihm geblieben waren. Er preschte mitten ins Feldlager der<br />

Muslime – eine wilde Attacke, bei der auf beiden Seiten viele Kämpen ums<br />

Leben kamen; aber die Muslime schlugen den Angriff ab und zwangen die<br />

Christen, sich <strong>zur</strong>ückzuziehen. Die taten es möglichst ordnungsgemäß, so gut<br />

sie es konnten, ständig kämpfend und sich ihrer Haut wehrend, bis sie in der<br />

Stadt Zuflucht gefunden und deren Torflügel hinter sich verrammelt hatten.<br />

Doch die Mauren drängten <strong>nach</strong> und pochten mit dem stumpfen Ende ihrer<br />

Lanzenschäfte gegen die Bohlen des Stadttores.<br />

König Escariano führte das Kommando in der Stadt, und er sorgte dafür,<br />

daß sie tapfer verteidigt wurde. Am nächsten Tag machte auch er einen<br />

Ausfall und griff mit seiner ganzen Streitmacht in ungestümer Kühnheit die<br />

Sarazenen an. Die Schlacht währte eine geraume<br />

112<br />

Weile, auf beiden Seiten starben viele Leute, und schließlich sahen sich die<br />

Christen genötigt, <strong>zur</strong>ückzuweichen in die Stadt. Tirant tat es im Herzen<br />

weh, daß er nicht dabeisein konnte und jeden Tag mit ansehen mußte, wie so<br />

viele Mannen verlorengingen. Deshalb sagte er zum König:<br />

»Herr, mich dünkt, es ist nicht gut, wenn Ihr noch öfter hinausgeht, um<br />

Euch mit den Feinden zu schlagen. Es ist nur Vergeudung von Mitstreitern.«<br />

Weitere Kämpfe wurden also unterlassen, bis Tirant genesen war. Als er<br />

wieder halbwegs heil war, juckte es ihn, und er wollte hinausgehen, um den<br />

Feinden eine Schlacht zu liefern. König Escariano, der diese Absicht<br />

gewahrte, tadelte ihn jedoch mit den folgenden Worten.<br />

KAPITEL CCCXXXVI<br />

Wie König Escariano mit liebevollem Tadel Tirant aufzuhalten suchte<br />

ch weiß nicht, was deine glücksgesegnete Hand vorhat; kann nicht<br />

ahnen, ob du den dir gemäßen Sieg, welchen unser Herr im<br />

Himmel dir in seiner Güte gewähren wird, schon erlangt hast. Ich<br />

sehe nur, daß du darauf brennst, dich in den Kampf zu stürzen.<br />

Aber siehst du denn nicht, wie verdüstert der Himmel ist; daß er<br />

uns jeden Augenblick mit <strong>einem</strong> Wetterwechsel droht, der tödliches Unheil<br />

über die Erde bringt, mit Schneestürmen, Wasserfluten, Donnergedröhn und<br />

entsetzlichen Blitzschlägen? Wem ist sein eigenes Leben so wenig lieb, daß er<br />

bei solch bitterer Kälte und üblem Wetter sich anschickt, die Waffen zu<br />

schwingen? Du hast dich eben erst vom Wundlager erhoben, bist noch nicht<br />

ganz gesund – sei also mir zuliebe so gut, noch zu warten, bis das Windgetose<br />

vorbei ist und besseres Wetter kommt. Dann kannst du ohne zusätzliche<br />

Gefahren deine gewohnten Rittertugenden einsetzen. Wenn du jedoch<br />

m<strong>einem</strong> Wunsch nicht folgen willst, dann tu, was immer dir

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