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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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KAPITEL CVI<br />

Wie Tirant das Flaggschiff der Genuesen<br />

in Brand stecken ließ<br />

und so bewirkte, daß alle Sarazenen<br />

die Insel räumten<br />

icht am Wellensaum hatte der gewiefte Seemann eine höchst<br />

massive Winde fest im Erdboden verankert. Er nahm nun eine<br />

sehr dicke Schlepptrosse und legte sie in ein Boot, worin zwei<br />

Ruderknechte saßen; mit ihm waren sie also zu dritt. Auch ein<br />

Hanfseil nahm er mit, das nur fingerdick, aber sehr lang war. Als<br />

sie so nahe an das Flaggschiff herangerudert waren, daß sie die Männer reden<br />

hörten, die Wache hielten auf dem erhöhten Heck, ließ er das Boot anhalten<br />

und zog sich aus; splitternackt, schlang er sich ein Seilende um den Leib. In<br />

diesen Gürtel steckte er ein kurzes, scharfgeschliffenes Messer, für den Fall,<br />

daß er ein Seilstück zu kappen hätte. Und <strong>nach</strong>dem er das Seil an der Scheide<br />

des Messers befestigt hatte, schob er dieses <strong>nach</strong> hinten, auf den Rücken,<br />

damit es ihn beim Schwimmen nicht behindere. Den beiden Männern, die im<br />

Boot blieben, befahl er, ihm laufend soviel Tau zu lassen, wie seine<br />

Entfernung erfordere. Als alles geklärt und ordentlich vorbereitet war, ließ er<br />

sich ins Wasser gleiten und näherte sich schwimmend dem Schiff, bis er in<br />

aller Deutlichkeit die Worte vernahm, welche die Wachhabenden wechselten.<br />

Da tauchte er, um nicht gesehen zu werden. Kopf und Körper unter Wasser,<br />

machte er sich noch dichter an das Schiff heran und schmiegte sich an dessen<br />

Rumpf, dort, wo das Steuerruder ist; und da holte er ein Weilchen Luft, weil<br />

er an diesem Platz nicht befürchten mußte, daß ihn einer sehen könnte.<br />

Unterhalb des Steuerruders aber werdet ihr an jedem Schiff einen mächtigen<br />

Eisenring entdecken, den man braucht, wenn man kielholen will, also das<br />

Schiff kippen möchte, um es unten zu reinigen und mit Talg einzuschmieren.<br />

Nötig ist dieser Eisenring freilich auch, wenn man in einen schlimmen Sturm<br />

gerät und die Pinne bricht. Dann hilft man sich nämlich fürs erste damit, daß<br />

man das Steuerruder festbindet an diesem Ring, der sich immer unter Wasser<br />

befindet. Unser Seemann nun zog sein Seil<br />

durch den Ring, packte das vordere Ende des Seils, schlang sich dieses wieder<br />

um den Leib, tauchte wieder und schwamm zu dem Boot <strong>zur</strong>ück. Dort nun<br />

nahm er das Ende des Seils und verknotete es mit dem Ende der<br />

Schlepptrosse, worauf er diese sehr sorgfältig mit Talg einschmierte. Einen<br />

ordentlichen Batzen von diesem Fett nahm er an sich, um auch den Ring<br />

noch tüchtig einzuschmieren, damit die Trosse besser durchgleiten könne<br />

und kein höllisches Knirschen und Quietschen verursache. Den<br />

Ruderknechten, die nun am anderen Ende des Seils zu ziehen hatten,<br />

hinterließ er, bevor er sich erneut zum Schiff begab, die Anweisung, sie<br />

sollten, sobald der Anfang der am Hanfseil mitgezogenen und so durch den<br />

Ring zu schleusenden Trosse wieder in ihre Hände gelange, eine spitze Eisenspindel<br />

nehmen und diese mitten durch das über die Bootskante<br />

auslaufende Trossenstück stecken. Wenn nämlich die verquere Spindel zu<br />

dem Ring gelange und nicht durchkomme, so bedeute dies für ihn die<br />

Auskunft, daß sie den Anfang der Trosse wieder im Boot hätten; er müsse<br />

das wissen, denn sie würden später ja beide Enden der Trosse benötigen.<br />

Nach dieser Instruktion ließ sich der Seemann wieder ins Wasser gleiten und<br />

schwamm noch einmal zu dem Schiff hinüber. Er fettete den Ring gründlich<br />

ein, und die im Boot zogen an dem dünnen Seil, bis sie das Vorderende der<br />

Trosse zu fassen bekamen. Die Spindel wurde durch die auslaufende Trosse<br />

gesteckt, und als dieser sperrige Eisenstift zu dem Ring gelangte, kam er nicht<br />

hindurch, und dem gewieften Seemann war klar, daß das Vorderende der<br />

Trosse sich bereits wieder im Boot befand. Nun schien ihm der Zeitpunkt<br />

gekommen, sich mit seinen Helfern auf den Rückweg zu machen. Kaum<br />

waren sie wieder auf festem Boden, da wickelten sie das eine Ende der Trosse<br />

um die Trommel ihrer Winde und verknoteten es; das andere Ende<br />

befestigten sie an <strong>einem</strong> großen Lastkahn, der langgestreckt und geduckt wie<br />

ein Wal in den Wellen lag. Dieses Fahrzeug hatte er schon zuvor randvoll mit<br />

Holz und Kienteer beladen und dann eine Menge Öl über die gesamte Fracht<br />

geschüttet, damit das Zeug rasch Feuer fange. Sie warfen ein Glutscheit<br />

hinein und warteten, bis das Ganze richtig zu lodern begann. Dann begaben<br />

sich hundert Mann an das riesige Drehkreuz, das waagrecht auf dem<br />

stehenden Zylinder der Winde lag, und fingen<br />

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