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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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der ihn zu kosten bekam. Jener Teil des Zapfens aber, der geschlossen war,<br />

hatte auf jeder Schuppe einen Diamanten oder einen Rubin oder einen<br />

Smaragd oder einen Saphir. Und bildet euch nur nicht ein, daß dieses<br />

Schmuckstück billig zu haben gewesen wäre; es war gewiß mehr als<br />

hunderttausend Dukaten wert. Eigenhändig legte die Kaiserin dieses Collier<br />

um den Hals Hippolyts und sagte zu ihm:<br />

»Bitte Gott, daß er mich für dich am Leben erhält; denn es wäre nicht weiter<br />

verwunderlich, wenn ich, bevor viele Jahre vergehen, dafür sorgen würde,<br />

daß du eine Königskrone trägst. Inzwischen trägst du das da, aus Liebe zu<br />

mir, und wann immer du es vor Augen hast, wirst du dich an die erinnern,<br />

die dich so liebt wie ihr eigenes Leben.«<br />

Hippolyt kniete vor ihr nieder, dankte ihr tausendfach, küßte ihr die Hand<br />

und den Mund und sagte zu ihr:<br />

»Herrin, warum wollt Ihr Euch selbst eines so einzigartigen Juwels berauben,<br />

um es mir zu schenken? Wenn ich der Besitzer wäre, würde ich es Eurer<br />

Hoheit geben, bei der es besser angewandt wäre. Und deshalb bitte ich Euch<br />

herzlich, es wieder an Euch zu nehmen.«<br />

Die Kaiserin erwiderte:<br />

»Hippolyt, weise niemals etwas <strong>zur</strong>ück, das deine Geliebte dir schenkt; denn<br />

die übliche Regel für Liebende lautet: Derjenige von den beiden, der höheren<br />

Ranges ist, muß dann, wenn sie zum ersten Mal enge Bande knüpfen, den<br />

anderen mit <strong>einem</strong> Geschenk bedenken, das dieser nicht <strong>zur</strong>ückweisen darf.«<br />

»Also, Herrin – was verfügt Ihr? Wie soll <strong>nach</strong> Eurem Willen mein Leben<br />

künftig verlaufen? Was soll ich tun?«<br />

»Ich bitte dich, geh jetzt, sei so gut; denn ich habe die schreckliche Angst,<br />

der Kaiser könne morgen zufällig in dieses Kämmerchen tappen und dich<br />

dort entdecken. Verschwinde vorerst, denn <strong>nach</strong> ein paar Tagen wird der<br />

rechte Augenblick kommen, wo du wieder hier auftauchen kannst. Laß<br />

zunächst einmal die Angst sich verziehen, die mir zusetzt.«<br />

Hippolyt lachte los, und mit liebenswürdiger Miene und einer Gebärde voller<br />

Demut sagte er folgende Sätze zu ihr.<br />

260<br />

KAPITEL CCLXIII<br />

Das Gleichnis vom Weinberg, das Hippolyt der Kaiserin zu bedenken gab<br />

s ist mir bewußt, daß ich trotz der gewaltigen Ungleichheit, die<br />

zwischen uns besteht, von Eurer Hoheit geliebt werde, weil Ihr<br />

die Gewißheit habt, daß die Liebe, die ich Euch entgegenbringe,<br />

jegliches Maß übersteigt, das mir in m<strong>einem</strong> Menschenleben<br />

verordnet ist. Und ich kann gar nicht anders – angesichts der<br />

liebenswürdigen Anmut, die ich an Eurer Majestät gewahre. Aber ich fühle<br />

mich verlassen, allein in der Wüste, wenn ich bedenke, wie gering die Liebe<br />

ist, die Ihr mir erzeigt, oder wie wenig das Beisammensein mit mir Euch<br />

befriedigt hat, wenn Ihr mir nun auf diese Weise den Abschied gebt. Denn<br />

die Vorstellung, daß ich Euch vermissen muß, daß ich Euch nicht mehr sehen<br />

soll, wie ich das in all diesen Glückstagen getan habe, bewirkt in mir einen<br />

entsetzlichen, unheilbaren Schmerz.<br />

Doch um geradewegs auf das zu kommen, was ich Euch sagen will: Eure<br />

Majestät verhält sich mir gegenüber wie weiland jener Burgherr, der es mit<br />

<strong>einem</strong> Mann zu tun bekam, den der Hunger so grausam quälte wie mich die<br />

Liebe. Besagter Hungerleider war auf der Wanderschaft vom Wege<br />

abgekommen und mitten ins Dickicht eines großen Waldes geraten, in dem er<br />

blindlings umherirrte. Erst am nächsten Morgen gelang es ihm, wieder ins<br />

Freie zu kommen. Da schaute er sich um, spähte <strong>nach</strong> allen Seiten, ob er nicht<br />

irgendwo eine Ortschaft entdecken könnte, die erreichbar wäre. Er marschierte<br />

den ganzen Tag, ohne jemals einen Marktflecken oder auch nur einen Weiler<br />

zu entdecken. Und der Hunger, der an ihm nagte, war so schlimm, so<br />

zermürbend, daß er sich nur noch mit großer Mühe fortbewegen konnte.<br />

Zwangsläufig hielt er inne, als es dunkelte, und mußte auf dem nackten<br />

Erdboden nächtigen. Am folgenden Tage, bei strahlend klarem, wolkenlosem<br />

Himmel, erklomm er, seine letzten Kräfte zusammenraffend, einen nahe<br />

gelegenen Berg. Und von dessen Gipfel aus erspähte er in der Ferne eine Burg.<br />

Getrieben vom unsäglichen Hunger, den er litt, machte er sich schnurstracks<br />

auf den Weg dorthin. Und während er sich jener Burg näherte, saß deren<br />

Besitzer, ein

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