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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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»Pater, ich will eine umfassende Beichte ablegen, in Gegenwart aller, die hier<br />

sind; denn da ich mich nicht gescheut habe, die Sünden zu begehen, will ich<br />

auch keine Scheu haben, sie nun öffentlich zu bekennen.«<br />

Und dann beichtete sie, indem sie das Folgende sagte:<br />

»Ich, eine unwürdige Sünderin, bekenne vor Gott unserem Herrn und vor<br />

der allerheiligsten Jungfrau Maria, seiner Mutter, sowie vor allen Heiligen des<br />

Paradieses und vor Euch, geistlicher Vater, alle Sünden, mit denen ich mich<br />

gegen die Majestät meines Herrn Jesus Christus vergangen habe. Zuvor aber<br />

bekenne ich, daß ich aufrichtig und fest alle Artikel der heiligen katholischen<br />

Lehre glaube und alle Sakramente der heiligen Mutter Kirche gläubig<br />

verehre. In diesem Glauben will ich leben und sterben. Und ich erkläre jetzt<br />

und in der Stunde meines Todes, aufblickend zu m<strong>einem</strong> Gott und Schöpfer,<br />

daß ich, wie ehedem so auch künftig, keiner Sache zustimme, die diesem<br />

Glauben widerspricht, vielmehr alles, was davon abweicht, für widerlegt und<br />

nichtig halte. Doch ich bekenne auch, Pater, daß ich, eine unwürdige<br />

Sünderin, mich verfehlt habe; denn ich habe Geld aus dem Schatz meines<br />

Vaters genommen, ohne seine Einwilligung, um es Tirant zu geben, damit er<br />

unter den anderen Herren des Imperiums reicher und freigebiger auftreten<br />

könne. Dafür, Herr Kaiser, bitte ich Eure Majestät um Vergebung; und man<br />

möge den Verlust mit all dem vergüten, was Eure Hoheit mir als Erbe<br />

zugedacht hatte. Und unseren Herrgott flehe ich an, es mir zu verzeihen; und<br />

Euch, Beichtvater, bitte ich, mir eine Buße zu verordnen; denn ich bin<br />

herzlich gern bereit, tätige Reue zu erweisen. Und außerdem, Pater, habe ich<br />

schwer gesündigt, indem ich es zuließ, daß Tirant, mein Verlobter und<br />

Gemahl, mir die Jungfernhaut raubte, vor dem Zeitpunkt, zu dem die heilige<br />

Mutter Kirche dies erlaubt. Ich bereue es und bitte meinen Herrn Jesus<br />

Christus, es mir <strong>nach</strong>zusehen; und Euch, Pater, ersuche ich, mir eine<br />

angemessene Bußübung zu diktieren. Überdies, Pater, muß ich beichten, daß<br />

ich meinen Gott und Schöpfer nicht so geliebt, ihm nicht so gedient habe,<br />

wie ich es hätte tun sollen und wie es meine Pflicht gewesen wäre; ich habe<br />

vielmehr die meiste Zeit meines Lebens mit Eitelkeiten vertan, mit Dingen,<br />

die für meine Seele nutzlos waren; auch dafür bitte ich unseren Herrn im<br />

Himmel um Vergebung, und Euch, Hochwürden,<br />

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um die rechte Bußregel. Und ferner, Pater, gestehe ich, daß ich nicht in<br />

gebührendem Maße m<strong>einem</strong> Herrn Vater und meiner Frau Mutter die<br />

Ehrerbietigkeit, die Liebe und den Gehorsam erzeigt habe, wie ich dies als<br />

gute und folgsame Tochter hätte tun sollen; ich habe vielmehr manches Mal<br />

ihre Weisungen unbeachtet gelassen und damit meine Seele sehr belastet,<br />

weswegen ich meinen Gott und Schöpfer und auch meine Eltern um<br />

Vergebung bitte, und Euch, Pater, um die angemessene Bußverordnung. Was<br />

all die anderen Sünden betrifft, die ich begangen habe, in Gedanken oder in<br />

Taten, Sünden, an die ich mich im Augenblick nicht erinnere, die zu beichten<br />

ich jedoch vorhabe, falls mir die Zeit bleibt und sie mir wieder einfallen –<br />

ihrethalben erflehe ich die Barmherzigkeit meines Herrn Jesus Christus, auf<br />

daß er sie tilge durch seine Milde, seine Güte und kraft der Verdienste seiner<br />

allerheiligsten Passion. Und jetzt, Pater, sagt mir, was ich <strong>zur</strong> Buße tun soll;<br />

denn ich bereue von Herzen, bin willig <strong>zur</strong> Umkehr und wünschte, ich hätte<br />

die Verfehlungen nicht begangen.«<br />

Der Beichtvater ließ sie daraufhin das Glaubensbekenntnis hersagen, und<br />

da<strong>nach</strong> erteilte er ihr die Absolution, sprach sie frei von jeglicher Schuld und<br />

jeglicher Strafe; denn man hatte eine päpstliche Bulle, die besagte, daß alle<br />

Kaiser von Konstantinopel sowie deren Nachkommen im Falle des<br />

unmittelbar bevorstehenden Todes volle Absolution erhalten könnten, also<br />

von jeder Schuld und Strafe freizusprechen seien. Und diese besondere Gunst<br />

war ihnen zuteil geworden zum Dank für das Römische Imperium, das sie der<br />

Kirche überlassen hatten.<br />

Nachdem die Absolution erteilt war, bat die Prinzessin, man solle ihr den<br />

kostbaren Leib Jesu Christi bringen; und mit inniger Andacht, erfüllt von<br />

tiefer Reue, empfing sie das Abendmahl, so daß alle, die sich in dem Gemach<br />

befanden, staunten über die Standhaftigkeit, die Seelenstärke, welche die<br />

Prinzessin zeigte; staunten auch über die vielen Gebete, die sie an das Bild des<br />

Gekreuzigten auf der Hostie richtete. Selbst das verhärtetste Herz der Welt<br />

wäre, wenn es diese Wort gehört hätte, in Tränen zerflossen.<br />

Als die Prinzessin ihre Seele gestärkt hatte, ließ sie den Sekretär des Kaisers<br />

kommen. Sich an ihren Vater wendend, sagte sie:<br />

»Mein Herr und Vater, wenn es Eurer Majestät beliebt, würde ich jetzt gern<br />

noch ein paar Verfügungen diktieren, in bezug auf den Ver-

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