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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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übermitteln, die sie – unter Androhung der Strafe, die auf Hochverrat stehe<br />

– dazu verpflichte, mit sämtlichen Mannen ihrer Heerhaufen zu ihm zu<br />

kommen. Und die Mohren befolgten mit Freuden diesen Befehl ihres Herrn,<br />

der ihnen gebot, friedlich an<strong>zur</strong>ücken, ungewappnet. Und so geschah es<br />

denn auch.<br />

KAPITEL CCCXXIX<br />

Wie der König Escariano getauft wurde<br />

achdem nun also die Königin getauft war und Tirant den König<br />

aus der Haft geholt hatte, ließ er denselben hinunterbringen in<br />

den Flecken, da ja, wie vereinbart, auch der König getauft<br />

werden sollte, gemäß s<strong>einem</strong> eigenen Wunsch.<br />

In jenem Marktstädtchen gab es einen schönen Platz, und dort ließ Tirant<br />

ein Festpodium errichten, das auf sein Geheiß mit Brokatbahnen und<br />

Atlastüchern herrlich drapiert wurde. Dieses Schaugerüst bestieg der König.<br />

Prächtig gewandet nahm er Platz auf <strong>einem</strong> edlen Sessel, der mit Brokat<br />

überzogen war, wie es sich für einen König geziemt. Auf einer Seite der<br />

Bühne war ein großes Silberbecken bereitgestellt, gefüllt mit Wasser. Davor<br />

hatte Tirant eine breite Treppe anbringen lassen, deren geräumige Stufen es<br />

ermöglichen sollten, daß alle, die sich taufen lassen wollten, hinaufsteigen<br />

und herunterkommen konnten.<br />

Die Hauptleute des Königs Escariano verließen mitsamt all ihren Mannen<br />

das Lager und näherten sich zu Fuß dem Städtchen, das ja nicht weit entfernt<br />

lag; ungepanzert und ohne Waffen rückten sie an, friedfertig ganz und gar.<br />

Vor dem Tor scharten sich alle Hauptleute und Ritter gesondert an der<br />

Spitze und zogen als erste ein; das übrige Heeresvolk kam hinterdrein. Als sie<br />

zu dem Platz gelangten, vor das Podium des Königs, erwiesen ihm alle die<br />

höchste Ehrerbietung, und man fragte, was seine Hoheit ihnen gebiete. Da<br />

richtete der König mit erhobener Stimme folgende Rede an die Seinigen:<br />

»Meine getreuen Lehnsleute, Stammesgenossen und Brüder! Der Gnade<br />

Gottes hat es beliebt, Erbarmen zu haben mit mir – und mit euch allen, falls<br />

ihr bereit seid. Denn er hat meine Seele und meinen Verstand erleuchtet,<br />

dank vielerlei Gunsterweisen, die ich von seiten dieses tugendstarken<br />

christlichen Kapitans erfahren habe. Die erste Gunst war, daß er mich aus<br />

dem Gefängnis geholt und in Freiheit gesetzt hat; die zweite, daß er mich<br />

unterwiesen hat im heiligen katholischen Glauben, und dies so überzeugend,<br />

daß mir klar wurde, wie falsch, wie verwerflich der Irrglaube von<br />

Mohammeds Gefolgschaft ist. Ich begriff, daß alle, die an ihn glauben,<br />

rettungslos zugrunde gehen und der Verdammnis verfallen. Deshalb bitte ich<br />

euch und befehle euch, die ihr meine guten Vasallen und Brüder seid: Macht<br />

euch bereit, euch gemeinsam mit mir taufen zu lassen, mich zu begleiten auf<br />

diesem Weg. Vertraut mir! Ich verbürge mich mit Leib und Seele dafür, daß<br />

die heilige Taufe, die ihr empfangt, der Erlösung eurer Seelen dient. Wer also<br />

nun sich dazu entschließt, sich taufen zu lassen, der bleibe stehen; diejenigen<br />

aber, die sich nicht taufen lassen wollen, mögen den Platz räumen und den<br />

anderen Platz machen, die hinzukommen wollen.«<br />

Nachdem er dies gesagt hatte, legte der König vor aller Augen seine Kleider<br />

ab, so daß er nur noch das Hemd am Leib hatte. Tirant führte ihn zu dem<br />

Becken, und dort taufte er ihn, indem er sein Haupt mit <strong>einem</strong> Krug Wasser<br />

übergoß und dabei die Worte sprach:<br />

»König Escariano, ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und<br />

des Heiligen Geistes.«<br />

Da<strong>nach</strong> taufte Tirant fast alle Gefangenen, denn die meisten von ihnen<br />

waren recht nahe Verwandte des Königs. Anschließend kamen zwei<br />

Stammesführer zum Becken, die gemeinsam mit ihrer ganzen Sippschaft die<br />

heilige Taufe empfingen. Die eine Sippe hieß Bensarag und die andere<br />

Capsani. Insgesamt waren es mehr als sechstausend Mohren, die an jenem<br />

Tage von der Hand Tirants getauft wurden. Die übrigen kamen erst am<br />

nächsten Morgen dran oder an <strong>einem</strong> der darauffolgenden Tage, bis<br />

schließlich alle, die es wünschten, Christen geworden waren. Gering war die<br />

Zahl derer, die sich entfernt hatten; und es waren fast nur Leute niedrigster<br />

Art, die nichts von der Taufe wissen wollten.<br />

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