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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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Glauben an unseren heiligen Propheten Mohammed anzunehmen; wenn es<br />

jedoch eine Tochter ist, soll diese es der Mutter gleichtun und <strong>nach</strong><br />

christlichem Brauch erzogen werden. Der Sultan würde also <strong>nach</strong> den<br />

Geboten seiner Religion weiterleben und die Prinzessin <strong>nach</strong> den Regeln der<br />

ihrigen. Und auf diese Weise könnten wir allen Hader beenden. Der Sultan<br />

aber würde dir als Lohn und Dank für diesen Ehebund all die Städte,<br />

Marktflecken und Burgen <strong>zur</strong>ückgeben, die er auf dem Gebiet deines Reiches<br />

erobert hat. Überdies würde er dir zwei Millionen Dublonen schenken und<br />

mit dir und den Deinigen für immer und ewig Frieden schließen; und er<br />

würde dir Beistand leisten wider all die, welche dir etwas antun wollen.«<br />

Mit diesen Worten beendete Abdullah seine Rede. Der Kaiser hatte genau<br />

erfaßt, was der Botschafter ihm vorgeschlagen hatte. Er stand auf und zog<br />

sich mit dem Feldhauptmann und allen Mitgliedern seines Staatsrates in einen<br />

anderen Saal <strong>zur</strong>ück, wo man übereinkam, in Anbetracht der Versehrtheit des<br />

Generalkapitans den angebotenen Waffenstillstand zu gewähren. Der Kaiser<br />

ließ die Gesandten hinzukommen und sagte ihnen, daß er aus Sympathie für<br />

den Großsultan und aus Respekt vor ihm und desgleichen vor dem<br />

Großtürken gern bereit sei, einen Vertrag über den angebotenen<br />

Waffenstillstand und Frieden für drei Monate zu unterzeichnen. In bezug auf<br />

die anderen Dinge zögerte er mit seiner Zustimmung.<br />

Sobald der Waffenstillstand besiegelt war, wurde er als kaiserliche Anordnung<br />

durch Ausrufer verlautbart; und so geschah es auch auf seiten der Türken.<br />

Der Kaiser beriet sich wieder und wieder mit den maßgeblichen Männern<br />

seines Staates; und viele seiner Ratgeber empfahlen dringlich die Heirat der<br />

Prinzessin mit dem Sultan, priesen ein solches Ehebündnis als<br />

friedenstiftendes Werk, während das Herz Tirants in Unruhe geriet. Und<br />

eines Tages, als er sich im Gemach der Prinzessin aufhielt, sagte er im Beisein<br />

vieler Zofen, die Karmesina Gesellschaft leisteten:<br />

»Oh, wie übel hat es das Schicksal mit mir gemeint, daß es mich hierhergeführt<br />

hat, um mich hier erleben zu lassen, daß zwei Gegner sich einigen<br />

in der Absicht, demjenigen das Recht zu verweigern, dem es zusteht! Oh,<br />

fühlloser Tirant! Was zögerst du, warum stirbst du noch nicht, wo du doch<br />

siehst, wie der Vater in Übereinstimmung mit sei-<br />

nem Staatsrat sich gegen dies himmlische Wesen vergeht, gegen die eigene<br />

Tochter? Einem Mohren soll sie ausgeliefert werden, <strong>einem</strong> Moslem, <strong>einem</strong><br />

Feind Gottes und unseres heiligen Glaubens! So viel Schönheit, Tugend und<br />

Anmut von solch hoher Herkunft – derart zu erniedrigen! Wenn es mir<br />

gestattet wäre, die Vollkommenheiten und einzigartigen Vorzüge lauthals zu<br />

rühmen, welche die erlauchte Prinzessin besitzt, die ich liebe und der dienen<br />

zu dürfen ich ersehne, würde ich sie einer Göttin gleichsetzen. Ach, daß<br />

meine Gedanken vorauseilend das gewahren, was m<strong>einem</strong> Leib für immer<br />

entzogen bleibt! 0 du Botschafter, grausamer als alle anderen! Mein Gefangener<br />

warst du; und hätte ich gewußt, wieviel Verdruß du über mich bringen<br />

würdest – nie wäre es mir eingefallen, dir das Leben zu schenken,<br />

geschweige denn, dich als freien Mann laufenzulassen. Nachdem ich dir<br />

bereitwillig das gewährte, wo<strong>nach</strong> du dich gesehnt hast – weshalb handelst<br />

du da derart rücksichtslos gegen mich, mit feindseliger Absicht? 0<br />

Botschafter, der du dich Abdullah Salomon nennen läßt – erinnerst du dich<br />

noch daran, daß du mir sagtest, auch du hättest geliebt? Wenn nicht, rufe ich<br />

dir’s ins Gedächtnis, indem ich dir sage: Selbst wenn du damit kein Unrecht<br />

gegen die Prinzessin begehst, so zahlst du mir damit doch recht übel heim,<br />

was ich Gutes für dich getan habe. Was tätest du gar, wenn du nicht<br />

wüßtest, was Liebe ist? Ein Himmelsgeschenk ist der Tod, der einen von<br />

allen Übeln befreit! Ich weiß nicht, ihr Damen, was schmerzlicher ist – gebt<br />

mir einen Rat!: mich fernhalten oder nahe sein dem Wesen, das ich am<br />

meisten liebe? Das Hoffen auf die Prinzessin, das in mir aufwallt, jetzt, wo<br />

ich sie so nahe vor mir habe, erhitzt sich <strong>zur</strong> Flamme, die mich durchlodert;<br />

aber dieses Feuer bewirkt, daß ich oft weinen muß vor Schmerz. Und ist der<br />

Liebende weit weg, so wird die Hitze in ihm, auch wenn er noch so heftig<br />

hofft, doch nicht <strong>zur</strong> Flamme, und die Qual ist folglich leichter, wenn auch<br />

langwieriger; wer aber nahe ist, fängt ärger Feuer. Und wenn Eure Hoheit<br />

sich entfernt, wird die Qual der Sehnsucht, die mich dann befällt, weil ich<br />

Euch nicht mehr sehen kann, so schlimm sein wie die Qualen des Tantalus,<br />

der die Äpfel greifen will, die sich ihm entziehen, und mit dem Mund dem<br />

Wasser zu folgen sucht, das ihn flieht. Was also bleibt mir übrig; was kann<br />

ich tun? Wenn Eure Majestät fortgeht, bringe ich mich selber<br />

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