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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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eliebt. Denn meines Amtes ist nur, dich zu bitten. Und mit den traurigen<br />

Gedanken, an die ich mich gewöhnen mußte, werde ich in Geduld deine<br />

glorreiche Rückkehr erwarten; denn nur Gott weiß, was ich ohne dich<br />

anfangen soll. Wenn es anders liefe, dir etwas zustieße – was Gott verhindern<br />

möge –, wäre der Tod mir lieber als ein Leben, das für mich eine kaum zu<br />

ertragende Qual würde.«<br />

Kurz und bündig war die Antwort, die er von Tirant erhielt.<br />

KAPITEL CCCXXXVII<br />

Was Tirant dem König Escariano erwiderte<br />

ch will keine lange Heldensage vortragen; es widerstrebt mir, von<br />

meinen Taten zu reden, denn für erfahrene Ritter schickt es sich<br />

nicht, eigene Siege ruhmredig auszumalen. Ebenso fern liegt es<br />

mir, den Wert meiner Bemühungen zu schmälern, denn ich habe<br />

mich auch nicht geradezu als Hasenfuß hervorgetan. Gott im<br />

Himmel schert sich nur wenig um uns und unsere Nöte, aber von ihm<br />

werden wir Gnade erlangen, denn wir können Belohnung gewinnen mit<br />

Verdiensten, die wir durch eigene Tugend erringen.«<br />

Rasch ließ er sich seine Rüstung reichen, stieg zu Pferde, ritt mit <strong>einem</strong><br />

Großteil der Mannschaft ins Freie und griff das feindliche Feldlager an einer<br />

seiner Flanken an. Die Muslime, die alle aufgeschreckt umherschwirrten,<br />

schwärmten heraus, um die Christen <strong>zur</strong>ückzuschlagen. Und ich kann sagen,<br />

daß Tirant an diesem Tag, wie an vielen anderen her<strong>nach</strong>, besonderes Pech<br />

hatte. Als er an besagtem Tag gewahrte, daß seine Leute die Flucht ergriffen<br />

und es unmöglich war, die Schlachtordnung wiederherzustellen, da verhielt er<br />

am Fluß und sah am anderen Ufer den König von Afrika geradewegs auf sich<br />

zukommen. Auf dem Helm trug der fremde Herrscher eine goldene Krone,<br />

besetzt mit vielen Edelsteinen. Sein Sattel war aus Silber, die Steigbügel aus<br />

Gold. Karminrot leuchtete die Dschubbe, die über und über mit herrlich<br />

großen orientalischen Perlen bestickt war.<br />

114<br />

Als der König die verharrende Haltung Tirants gewahrte, näherte er sich ihm<br />

noch mehr und rief:<br />

»Bist du der Feldhauptmann dieser Christenheit?«<br />

Tirant antwortete ihm nicht, sondern schaute den Seinigen <strong>nach</strong>, die ihn allein<br />

gelassen hatten; sah die zahlreichen toten Körper, die rings auf der Erde lagen,<br />

dazwischen die Feldzeichen und Fahnen, die zu Boden gesunken waren. An<br />

diesem Tag hatte man den Sarazenen wenig Gegenwehr geleistet.<br />

Und dann rief Tirant, mit lauter Stimme, so daß die Muslime und die<br />

Verwundeten es deutlich vernehmen konnten:<br />

»O ihr traurigen Mannsgestalten! Wozu tragt ihr Waffen? O erbärmliches,<br />

trübes Gesindel! Zu Recht erlebt ihr die Schmach dieses Tages, indem ihr<br />

kläglich zugrunde geht. Euer Ansehen geht vor die Hunde, und euer Leid, euer<br />

Unglück türmt sich himmelhoch!«<br />

Das Gesicht <strong>nach</strong> Osten wendend und die Augen zum Himmel erhebend, fuhr<br />

er fort, indem er die Hände faltete:<br />

»O ewiger Gott, voll des Erbarmens! Sind meine Sünden denn so groß, daß<br />

Eure unermeßliche Güte sich von mir abkehrt und ich hier, wo ich der<br />

Ausbreitung des heiligen katholischen Glaubens diene, Eure Hilfe entbehren<br />

soll, jetzt, wo ich sie doch so dringend bräuchte? Denn ich bin allein, im Stich<br />

gelassen von allen meinen Mitstreitern, und tief betrübt sehe ich den mit<br />

Leichen übersäten Erdboden und all die zerfetzt umherliegenden Fahnen. Was<br />

wird aus mir elendem Unglücksgeschöpf? Denn ich bin die Ursache all dieses<br />

Unheils gewesen! Drum soll der Tod über mich kommen, damit meine Ohren<br />

nicht die Kränkung erleben, diese ungeheuerliche Schande zu hören. Eine<br />

andere Hoffnung bleibt mir nicht als die auf den Tod – es sei denn, daß ich ein<br />

zweites Mal als Gefangener in die Hände der Ungläubigen falle, weil Eure<br />

Gnade mir entzogen ist.«<br />

Als der König von Afrika ihn derart klagen hörte, sagte er zu den Seinigen:<br />

»Ich werde die Strömung durchqueren und ihn gefangennehmen oder töten,<br />

diesen Christenhund. Falls ich Unterstützung brauche, so eilt mir zu Hilfe.«<br />

Drüben angelangt, stürzte sich der König sofort auf Tirant, und seine Lanze<br />

traf den Kapitan mit solcher Wucht, daß dessen Pferd in die

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