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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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Und all diese Zelte, von denen ich Euch erzählt habe, waren innen karminrot<br />

ausgeschlagen und so prunkvoll bestickt wie die Baldachine über den Betten.<br />

Als Jerusalem nun dieses vierte Zelt betrat, erblickte er eine große Anrichte<br />

voller Tafelgeschirr aus Gold und Silber und viele gedeckte Tische. Wer<br />

immer in dieses Zelt trat, kam nicht wieder heraus, ohne gegessen und<br />

getrunken zu haben, sei’s aus eigenem Verlangen oder dem Zwang<br />

gehorchend. Wenn nämlich einer nichts zu sich nehmen wollte, wurde er<br />

alleingelassen› und ein Löwe erschien, der sich vor den Zelteingang legte und<br />

ihn nicht hinausließ, ehe er etwas gekostet hatte. Viel Ehre wurde dem Wappenkönig<br />

erwiesen, und <strong>nach</strong>dem er getafelt hatte und gehen wollte, nahm<br />

der greise Ritter einen großen, fünfzehn Pfund schweren, mit Gold<br />

ausgelegten Silberteller von der Anrichte und übergab ihn Jerusalem als<br />

Abschiedsgeschenk.<br />

Als der Wappenkönig dann vor dem König stand, berichtete er ihm alles,<br />

was er gesehen hatte, wobei er gestand, daß er in s<strong>einem</strong> ganzen Leben noch<br />

nie solche Angst gehabt habe.<br />

Der König sagte:<br />

‘Niemand sollte sich über irgend etwas wundern, das er sieht; denn jeder<br />

sieht mit den Augen seiner Phantasie. Wenn es anständige Ritter sind,<br />

werden sie herkommen.‹<br />

Der König ging in die Kapelle, um die Messe zu hören; und <strong>nach</strong> dem<br />

Essen, als der Tag schon fast vorüber war, sah man die vier Ritter<br />

heranreiten. Auf diese Nachricht hin begab sich der König an das Tor des<br />

Felspalastes. Dort setzte sich das Herrscherpaar hin, und sein gesamtes<br />

Gefolge erwartete stehend die Besucher› links und rechts aufgereiht zum<br />

Spalier.<br />

Jetzt, Herr, will ich Eurer Hoheit schildern, in welch großartigem Aufzug die<br />

Gäste vor dem König erschienen. Allen voraus schritten vier blutjunge<br />

Pagen in silbern blinkenden Wämsern, kurzen, ärmellosen Jacken, die bis <strong>zur</strong><br />

Taille geschlitzt waren; und das Futter, das aus den Schlitzen<br />

hervorleuchtete, war genauso reich bestickt wie der Stoff; auch die eng<br />

anliegenden Beinkleider waren von oben bis unten bestickt und überdies mit<br />

wunderschönen Perlen besetzt. Jeder der Jungen führte einen Löwen an<br />

einer aus Gold und Seide geflochtenen Leine, verbunden mit der schweren<br />

goldenen Hals-<br />

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kette› welche die Raubtierkehle umschloß. Diese Pagen also bildeten› wie<br />

gesagt, die Vorhut. Hinter ihnen kamen die vier Ritter zu Pferde, und ihre<br />

Reittiere waren hohe Streitrosse, lauter Schimmel, makellos weiß, mit<br />

violetten Schabracken, die jeweils in der gleichen Farbe mit ein und<br />

demselben Wappen, ein und demselben Wahlspruch bestickt waren. Die<br />

Obergewänder, welche die Ritter trugen, waren aus dunkelgrauem Damast,<br />

die Ärmel weit und schräg geschnitten; aus karminrotem Brokat waren die<br />

Wämser; über Hals und Schultern hatten sie Kapuzen aus schwarzem Samt<br />

gezogen, die auch die Gesichter soweit verdeckten, daß nur noch die<br />

Augen und Nasen zu sehen waren. Auf dem Haupt hatten sie Strohhüte,<br />

deren gesamte Oberfläche dachziegelartig mit Goldplättchen bedeckt war;<br />

um ihre samtgeschützten Nacken hingen dicke Goldketten; ihre hohen<br />

Stiefel waren aus schwarzem Satin, und deren lange Spitzen paßten gut zu<br />

den prächtig vergoldeten Sporen; das Futter der Stiefel aber war von feiner<br />

scharlachroter Farbe, und ihre Stulpen› oben am Schenkel, waren mit<br />

großen, herrlich schimmernden Perlen aus dem Orient bestickt. Trotz<br />

ihren fast völlig vermummten Gesichtern und den gegürteten Schwertern<br />

bekundete ihr ganzes Gebaren den Adel hoher Herren, die von weither<br />

kamen. Und man kann wirklich behaupten, daß von all den Fürsten, die in<br />

dieses Land gekommen sind, keiner sich auf solch noble Art präsentierte<br />

und mit soviel Wohlwollen von allen Leuten empfangen wurde.<br />

Als sie in die Nähe des Königs gelangten, stiegen sie vom Pferd und<br />

begrüßten ihn mit einer Neigung des Kopfes; vor der Königin jedoch<br />

beugten sie, weil es um eine Dame ging, ein wenig das Knie. Der König<br />

und die Königin erwiderten die Grußgesten und setzten sich dann wieder.<br />

Die Ritter aber blieben unverrückt stehen, und so verharrten sie mehr als<br />

eine halbe Stunde, völlig reglos, starr und stetig das Gefolge und das<br />

Verhalten des Herrscherpaares betrachtend. Und keiner war da, der sie<br />

erkennen konnte, während sie selbst viele der Anwesenden erkannten,<br />

sowohl unter den Vasallen des Engländers wie unter den Ausländern.<br />

Als sie schließlich ihre Schaulust gestillt hatten, näherte sich ihnen einer der<br />

Pagen mit dem Löwen, den er an der Leine führte, und

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