22.12.2012 Aufrufe

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

wenn Euch das eigene Leben lieb ist; denn Dinge, die Leidenschaften<br />

aufrühren, kränken die Seele und peinigen den Körper so sehr, daß Frauen<br />

und Jungfrauen, derart geschwächt, einen Großteil ihrer Schönheit einbüßen.<br />

Da die Eurige Gegenstand des Geredes und der Rühmung ist, so weit die<br />

Erde reicht, ist es dringend geboten, daß Eure Hoheit sich jetzt schöner denn<br />

je zeigt, jetzt, wo Ihr den Besuch so vieler Leute zu erwarten habt, so<br />

verschiedener Menschen aus allen Ständen und Schichten, die hierher<br />

kommen, um Euch zu sehen. Denn im Gefolge Tirants nahen sich viele<br />

Könige, Herzöge und große Herren, um ihm beizustehen, und sie alle werden<br />

bei Eurer Hochzeit zugegen sein; hinzukommen werden überdies viele<br />

Könige, Herzöge und große Herren, die den König Escariano begleiten und<br />

alle auch an diesem Fest teilnehmen wollen. Und ich möchte es nicht erleben<br />

müssen, um keinen Preis, daß ein gegenteiliges Gerücht über Eure Hoheit<br />

entsteht; denn nirgendwo sonst auf der Welt ist eine Frau oder Jungfrau zu<br />

finden, welchen Standes auch immer, die dem Vergleich mit Euch standhielte.<br />

Keine kann sich mit Euch messen, weder an Schönheit noch an Adel oder<br />

sonstigen Vorzügen. Und weil Eure Hoheit meine Herrin gewesen ist, würde<br />

ich lieber sterben als mir das Gegenteil anhören.«<br />

Damit beendete sie ihre Argumentation.<br />

KAPITEL CDXXXIII<br />

Die Antwort der Prinzessin auf das, was die Königin ihr zu bedenken gegeben hatte<br />

s fällt mir nicht leicht, kluge Königin, so zu denken, wie Ihr es mir<br />

nahelegt«, sagte die Prinzessin. »Denn Tatsache ist doch, daß<br />

jemand, der sein Verlangen <strong>nach</strong> etwas, das er ersehnt, reichlich<br />

hat stillen können, eher bereit ist, sein Herz beschwichtigen zu<br />

lassen und sich zufriedenzugeben, als jemand, der begehrt und das<br />

von ihm Begehrte nicht erlangen kann. Und nichts verliert man mit weniger<br />

Kummer als das, auf dessen<br />

334<br />

künftige Wiederkehr keinerlei Hoffnung uns harren heißt. Der große<br />

Schmerz entsteht zwangsläufig da, wo ein gemeinsames Wollen ist, zugleich<br />

aber die Unfähigkeit, es verwirklichen, es ans Ziel bringen zu können. Denn<br />

in diesem Fall flammt Zorn auf, bäumt sich Widerspenstigkeit; da beginnt<br />

man zu sinnieren, verrennt sich in Raserei. Ist das beiderseitige Wollen<br />

einander nicht ebenbürtig, so werden die Begierden unaufhaltsam<br />

erschlaffen. Aber wenn zwei Herzen sich wild im Kreis umeinanderdrehen,<br />

voller Begierde <strong>nach</strong> gewissen Dingen, ohne daß diese erreichbar werden,<br />

dann entbrennt das Verlangen so heiß, daß es mehr schmerzt, als wenn ihre<br />

Sehnsuchtsziele ihnen fernab entschwunden wären. Und ebendeshalb, meine<br />

Schwester, merke ich jetzt, daß Ihr mir früher, als Ihr noch in meinen<br />

Diensten wart, gute Ratschläge gegeben habt und ich begriffsstutzig war.<br />

Doch von jetzt an werde ich mich an Euren Rat halten und Euren<br />

Anweisungen folgen.«<br />

Kaum schwieg die Prinzessin, da begann die Königin zu reden. Sie sagte:<br />

»Herrin, wenn Eure Hoheit das tut, verspreche ich, daß ich Euch schon sehr<br />

bald die vollkommene Wonne verschaffe, mehr als Ihr Euch erträumt.«<br />

Mit derlei Gesprächen verbrachten sie einen großen Teil der Nacht; denn die<br />

Prinzessin fand großes Gefallen an der Denk- und Redeweise der Königin,<br />

<strong>nach</strong>dem sie sich so lange Zeit nicht mehr gesehen hatten und vielerlei<br />

Dinge inzwischen geschehen waren, die sie einander zu erzählen hatten.<br />

Schließlich sagte die Königin:<br />

»Herrin, lassen wir den Schlaf zu s<strong>einem</strong> Recht kommen, damit Eure Hoheit<br />

nicht vor lauter Müdigkeit die gute Laune verliert.« Und so überließen sich<br />

beide dem Schlummer.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!