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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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eiden ritterlichen Duellanten nicht den zusätzlichen Gefahren des<br />

nächtlichen Dunkels aussetzen. Am nächsten Morgen aber, in aller Frühe,<br />

wenn der König die Messe höre und das Gelände noch nicht von Menschen<br />

überlaufen sei, wolle er gern als Kampfrichter <strong>zur</strong> Verfügung stehen.<br />

Jerusalem ging <strong>zur</strong>ück zu Tirant und sagte ihm all das, was er ihm <strong>nach</strong> den<br />

Anstandsregeln seines Amtes sagen durfte und sagen mußte. Er berichtete<br />

ihm, in welcher Weise der Zweikampf ausgetragen werden solle und für<br />

welche Waffen sich sein Gegner entschieden habe. Er forderte ihn auf, sich<br />

die zwei Klingen anzusehen und diejenige auszuwählen, die ihm besser<br />

scheine. Dann kündigte er ihm an, daß am nächsten Morgen, sobald der<br />

König in der Kirche sei, das Duell stattfinden solle.<br />

›Da also heute <strong>nach</strong>t doch nichts mehr daraus wird‹, sagte Tirant, ›möchte ich<br />

nicht, daß die Waffen in meiner Obhut bleiben. Denn falls ich ihn besiege<br />

oder töte, will ich nicht <strong>nach</strong>her das Gemunkel hören, ich hätte in der Nacht,<br />

als sie bei mir gewesen, an ihnen irgend etwas manipuliert und sei nur<br />

dadurch Sieger geworden. Als unlängst sich zwei Ritter am Hafen einen<br />

Zweikampf lieferten und einer den anderen tötete, hieß es ja hinterher, die<br />

Lanze, mit welcher der Todesstoß erteilt wurde, sei unterm Beistand böser<br />

Geister von <strong>einem</strong> Hexenmeister geschmiedet worden. Ich will das Zeug<br />

weder sehen noch berühren, ehe nicht die Stunde da ist, in der es endlich hart<br />

auf hart geht. Gebt die Sachen dem Herrn von Vilesermes <strong>zur</strong>ück, und<br />

morgen, wenn wir Ernst machen, soll er sie mitbringen. Er wird ohne<br />

weiteres jemanden finden, der sie solange in Verwahrung nimmt.‹<br />

Als Jerusalem Tirant in diesem Tone reden hörte, schaute er ihm unverwandt<br />

in die Augen und sagte:<br />

›O tapferer, kampferprobter Ritter! Wenn nicht ein Unstern Eurem Glück im<br />

Wege ist, so werdet Ihr verdientermaßen die Würde erlangen, eine<br />

Königskrone zu tragen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es Euch verwehrt<br />

sei, als Sieger aus dem Zweikampf hervorzugehen.‹<br />

Daraufhin verließ der Wappenkönig Tirant, begab sich zu der Kapelle, in<br />

welcher der andere Ritter wartete, und sagte ihm, weil es<br />

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bereits sehr spät geworden sei und der Schiedsrichter den Kampf nur bei<br />

Tageslicht genau beobachten und beurteilen könne, habe man das Duell für<br />

den nächsten Morgen anberaumt, und zwar für die Stunde, da der König <strong>zur</strong><br />

Messe gehe, wobei ein Großteil der Ritter ihm oder der Königin das Geleit<br />

geben würde, der Rest aber so hingerissen wäre vom Anblick all der<br />

liebreizenden Damen, daß sie kein Auge für irgend sonstwas hätten. Der<br />

Herr von Vilesermes erklärte, daß er mit dieser Planung einverstanden sei.<br />

Um von niemandem gesehen zu werden, holten die Wappenkönige schon in<br />

aller Herrgottsfrühe die beiden Ritter ab und führten sie tief in einen Wald<br />

hinein, wo keine unerwünschten Zeugen zu befürchten waren. Als sie<br />

gewahrten, daß sie an einen geeigneten Platz gelangten, erhob Jerusalem seine<br />

Stimme und sprach die folgenden Worte:<br />

›Hochherzige, tugendhafte Ritter, hier habt Ihr den Tod und Euer<br />

Grab vor Augen. Das sind die Waffen, die von diesem Ritter gewählt und von<br />

Tirant anerkannt worden sind. Jeder von Euch nehme sich <strong>nach</strong> Belieben sein<br />

Teil.‹<br />

Dann hieß er sie Platz nehmen im schönen Gras der Lichtung.<br />

›Nun, Ihr Herren von hohem Adel und ritterlichem Geist‹, sagte Claros von<br />

Clarence, ›nun befindet Ihr Euch an diesem abgelegenen Ort, wo Ihr die Hilfe<br />

keines Verwandten oder Freundes zu erwarten habt; Ihr steht an der Schwelle<br />

des Todes, wo Ihr nur auf Gott und die eigene Tüchtigkeit vertrauen könnt.<br />

Laßt mich bitte wissen, wen Ihr als Schiedsrichter Eures Zweikampfes<br />

wünscht.‹<br />

›Wie!‹ rief der Herr von Vilesermes. ›Sind wir uns denn nicht längst einig, daß<br />

Ihr es sein sollt?‹<br />

›Und Ihr, Tirant, wen wollt Ihr als Kampfrichter’‹<br />

›Ich will denjenigen, den der Herr von Vilesermes haben will.‹<br />

›Da es Euch also beliebt, mich als Richter anzuerkennen, müßt Ihr gemäß den<br />

Regeln des Ritterordens, in den Ihr aufgenommen seid, jetzt beschwören, daß<br />

Ihr Euch in allem und jedem meinen Weisungen fügt.‹<br />

Beide Kämpen versprachen und beschworen dies. Nachdem sie den<br />

Eid geleistet hatten, sagte der französische Ritter zu Tirant:

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