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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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dich, ihm mitteilen zu lassen, was für einen Wappenrock du am Tag der<br />

Schlacht über deiner Rüstung tragen wirst, damit er dich im Getümmel des<br />

Kriegsvolks erkennen kann und so imstande ist, dich persönlich anzugreifen<br />

und sich mit dir zu schlagen.«<br />

»Freund«, sagte der König, »bestelle d<strong>einem</strong> Herrn, daß es mir sehr viel lieber<br />

gewesen wäre, wenn wir die Sache einzeln ausgefochten hätten, Schwert<br />

gegen Schwert; aber da es ihm nicht behagt, sich persönlich für die<br />

Schandtaten zu verantworten, die er begangen hat und die ich angeprangert<br />

habe, willfahre ich s<strong>einem</strong> Wunsch, obwohl die Feldschlacht, auf die er es<br />

abgesehen hat, unseren Streit zu einer normalen Kampfhandlung verfälscht,<br />

als ob es mir nicht um die Klärung und Sühnung sträflicher Verbrechen<br />

ginge, um ein Gottesurteil, das erweisen soll, daß die Wahrheit auf meiner<br />

Seite ist. Sage ihm also, daß ich eine karminrote Dschubbe anhaben werde,<br />

ein Gewand, das der tugendreichsten Herrin gehört hat, deren Diener ich<br />

bin; und auf dem Kopf werde ich einen Helm mit <strong>einem</strong> Adler aus purem<br />

Golde tragen, über dessen Haupt ein kleines Banner prangen soll, ein<br />

Feldzeichen mit dem Bildnis jener besagten erlauchten Dame. Und wenn er<br />

sich an mich heranmacht oder ich ihn zu Gesicht bekomme, werde ich dafür<br />

sorgen, daß er alles gesteht, was ich ihm angekreidet habe in m<strong>einem</strong> Brief;<br />

andernfalls werde ich ihn umbringen mit meinen eigenen Händen.«<br />

Der Wappenkönig ging <strong>zur</strong>ück zu Tirant und berichtete s<strong>einem</strong> Kapitan<br />

getreulich jedes Wort, das er zu hören bekommen hatte.<br />

Die Türken aber rüsteten sich <strong>nach</strong> dieser Begegnung sorgsam für die<br />

angekündigte Schlacht.<br />

Am nächsten Tag schon geschah es, daß der Herzog von Makedonien,<br />

getrieben vom Neid auf den Ruhm Tirants, sich erdreistete, ihm vor allen<br />

Leuten die folgenden Worte ins Gesicht zu schleudern:<br />

»Da Ihr Euch ohnehin nicht an die Regeln der Ritterlichkeit haltet, Tirant,<br />

und auf jegliche Treue pfeift, solltet Ihr Euch lieber gleich zu dem<br />

Afterglauben bekennen, dem die Moslems verfallen sind, diese Wirrköpfe,<br />

die immer dann, wenn ihnen die Vernunftgründe ausgehen, mit denen sie<br />

ihren Aberwitz rechtfertigen wollen, blindwütig zum Schwert greifen, um<br />

hauend und stechend ihre greuliche Irr-<br />

602<br />

lehre zu verteidigen. Ihr maßt Euch an, eine Schlacht liefern zu wollen gegen<br />

eine solche Unmenge von türkischen Rittern, wie sie da drüben auf dem<br />

östlichen Ufer lauert; gegen eine Reiterarmada, die stark genug wäre, sich<br />

gegen die versammelte Streitmacht der ganzen Welt zu behaupten. Ihr habt<br />

nur das eine im Sinn: Euch als tapferen Feldherrn aufzuspielen. Wie aber<br />

wollt Ihr es schaffen, diese Rolle beizubehalten und weiterhin Euren<br />

Heldenruhm zu genießen, wenn Eure Gaukeleien und Gaunertricks hier<br />

versagen? Befragt nur Euer eigenes Gewissen, das doch genau Bescheid<br />

weiß. Es kann Euch dazu verhelfen, die erbärmliche Lage zu begreifen, in<br />

der Ihr tatsächlich steckt. Na also, was für ein Kleben am Leben, welche<br />

Angst vor dem Tode trübt Euch dermaßen den Verstand und den Instinkt,<br />

daß Ihr völlig außerstande seid, den entsetzlichen Irrtum zu erkennen, den<br />

Ihr begeht, wenn Ihr den Türken eine Feldschlacht liefern wollt, wie Ihr das<br />

gestern bekundet habt? Diese Absicht darf keineswegs verwirklicht werden.<br />

Wollt Ihr denn das Leben von uns allen mutwillig aufs Spiel setzen? Nur<br />

allzu deutlich zeigt Ihr, wie wenig es Euch bekümmert, was aus uns wird.<br />

Wollt Ihr freiwillig eine Schlacht liefern, die derzeit gänzlich unnötig ist und<br />

bei der wir, wenn die Sache schiefgeht, allesamt vor die Hunde gehen, ohne<br />

daß Euch dies im geringsten juckt? Denn für Euch ist die Welt ja ein weites<br />

Revier, und es wird sich alleweil ein Plätzchen finden, wo Ihr weiterleben<br />

könnt: als Häuptling einer brandschatzenden Banditenrotte. Nur uns trifft<br />

das Pech, uns, die wir hier geboren und zu Hause sind! Und wehe denen, die<br />

Weib und Kinder haben! Müssen wir wirklich unser Schicksal den Händen<br />

eines hergelaufenen Fremdlings überlassen, von dem niemand weiß, woher<br />

er stammt? Gesteht, was Ihr mit dem Sultan und den anderen ausgehandelt<br />

habt, als Ihr uns den Ehrenmann vorspieltet, den es da<strong>nach</strong> drängt, mit dem<br />

König von Ägypten einen Zweikampf auf Leben und Tod auszufechten.<br />

Was Ihr getan habt, hat doch alles nur den einen Zweck, uns hinters Licht zu<br />

führen und an die Türken zu verkaufen. Sagt mir, was man Euch dafür<br />

bezahlt hat. Wollt Ihr ein zweiter Judas sein, so einer wie der Säckelträger,<br />

der Jesus Christus um den Preis von dreißig Silberlingen verschachert hat?<br />

Was Ihr mit uns vorhabt, ist nicht minder schäbig. Seid Ihr gar der<br />

berüchtigte Kain, der seinen

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