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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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des Herrn von Agramunt, der ihn aus dem dichtesten Streitgewühl<br />

hinausbrachte. Da viele Pferde, die ihren Reiter verloren hatten, herrenlos<br />

umherliefen, fing man eines ein, übergab es dem Feldherrn, und<br />

unverzüglich warf sich dieser wieder ins Getümmel. Mit der kurzen Axt, die<br />

er sich an den Arm gebunden hatte, hieb er so gewaltig um sich, daß man<br />

mit gutem Grund behaupten konnte, ein jeder Schlag von ihm habe dem<br />

Getroffenen eine Ruhestatt unterm Boden verschafft. Rastlos kämpfte er, in<br />

fremdem Auftrag, doch ohne Rücksicht auf die Gefährdung von Leib und<br />

Leben der eigenen Person. Selbstlos für den Sieg der gemeinsamen Sache<br />

fechtend, erwarb er sich viel Ehre und Ruhm.<br />

Auf sein Zeichen warfen sich die restlichen Schwadronen in die Schlacht, die<br />

einen von rechts, die anderen von links den Feinden in die Flanken fallend.<br />

Da saht ihr Helme herunterkollern, hingemähte Ritter zu Boden sinken, auf<br />

dem die Toten und Verwundeten beider Seiten sich häuften. Es war ein<br />

Graus, dieses grandiose Spektakel anzuschauen. Wieder und wieder wetterte<br />

der Bretone drein, mal da, mal dort. Nicht an einer einzelnen Stelle focht er,<br />

sondern an vielen, und immer eilte er dort zu Hilfe, wo Hilfe vonnöten war.<br />

Der König von Ägypten hatte das Glück, in der Wirrnis, die auf der Walstatt<br />

herrschte, den wacker kämpfenden Tirant zu entdecken. Da zog er sich für<br />

einen Augenblick aus dem Getümmel <strong>zur</strong>ück und beschwor den König von<br />

Kappadokien sowie den König von Afrika, die er beide beiseite genommen<br />

hatte, von jetzt an alle anderen Gegner ungeschoren zu lassen und sich nur<br />

noch um diesen einen zu kümmern: Tirant zu töten, das sei das einzige,<br />

worauf es ankomme. Und mit dieser einhelligen Absicht kehrten sie <strong>zur</strong>ück<br />

ins Toben der Schlacht. Indessen aber, während Tirant noch mit anderen<br />

Sarazenen in ein erbittertes Gefecht verstrickt war, tauchte in s<strong>einem</strong> Rükken<br />

plötzlich der Herzog von Makedonien auf und versetzte ihm von hinten<br />

einen Schwertstoß. Der traf den Kapitan unterhalb der Helmkante, und die<br />

Stahlspitze der Klinge drang tief in seinen Hals ein. Das sahen Hippolyt und<br />

Pirimus, die beide aufschrien vor Entsetzen:<br />

»O du Schuft! Herzoglicher Heimtücker! Warum willst du einen der besten<br />

Ritter der Welt hinterrücks ermorden?«<br />

634<br />

Lauthals bezeugten sie so das Schurkenstück. Die drei Könige aber hatten<br />

sich derweil, mit grimmigem Eifer die erhobenen Lanzen schwingend, soweit<br />

durch das Gewühl hindurchgekämpft, daß sie Tirant zu Gesicht bekamen.<br />

Zielstrebig drängten sie zu dritt ihm entgegen; doch nur zwei von ihnen, der<br />

König von Ägypten und der König von Kappadokien, schafften es, mit ihm<br />

handgemein zu werden. Sie berannten ihn mit solcher Wucht, daß er<br />

mitsamt s<strong>einem</strong> Roß zu Fall kam. Das am Boden liegende Tier blutete aus<br />

sieben Wunden.<br />

Der König von Afrika stieß <strong>zur</strong> gleichen Zeit auf den Herzog von<br />

Makedonien, der in der Nähe Tirants focht; und der Treffer, den er diesem<br />

gleich beim ersten Ansturm mitten auf der Brust verpaßte, war derart heftig,<br />

daß die Lanze den ganzen Leib durchbohrte und das Stahlblatt aus dem<br />

Rücken des Verröchelnden starrte, der damit den Lohn für all seine<br />

Verruchtheit erhalten hatte.<br />

Tirant, der am Boden lag, hatte große Mühe bei seinen Versuchen, sich<br />

wieder zu erheben; denn der Pferdeleib lastete auf s<strong>einem</strong> Bein. Trotzdem<br />

gelang es ihm, indem er all seine Kraft zusammenraffte, sich auf<strong>zur</strong>ichten.<br />

Dabei fiel das Kinnstück seiner Sturmhaube ab, das zuvor von einer der<br />

Lanzen getroffen worden war, als die andere ihm eben die linke Armschiene<br />

zerbeulte. Wäre seine bewährte Rüstung nicht so verläßlich gewesen, hätte er<br />

diesmal sein Leben verloren. Als der König von Ägypten ihn hingestreckt auf<br />

der Erde liegen sah, wollte er rasch vom Pferd steigen; in dem Moment nun,<br />

da er schon das Bein über den Sattelbogen schwang, kam der Herr von<br />

Agramunt hinzu und durchstieß ihm den Schenkel. Die Verwundung<br />

schmerzte den Ägypter so grausam, daß er, ganz gegen seinen Willen, den<br />

Halt verlor und auf die Erde krachte. Als Tirant ihn so hingeschmettert sah,<br />

wollte er sich sogleich auf ihn stürzen, konnte aber nicht zu ihm durchdringen<br />

– derart dicht war das Gedränge der Streitenden. Nachdem der König sich<br />

aufgerappelt hatte, griff er <strong>nach</strong> einer Lanze, die er auf dem Boden gefunden,<br />

und arbeitete sich Schritt für Schritt durch die wogende Kriegermenge, bis er<br />

auf Wurfweite an Tirant herangekommen war. Da der Kapitan kein Kinnstück<br />

mehr hatte, zielte der Ägypter stracks auf dessen Wange, schleuderte die<br />

Lanze und traf die entblößte Stelle derart, daß vier

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