22.12.2012 Aufrufe

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zornig stürzte er aus dem Zelt, um augenblicklich <strong>nach</strong> den Waffen zu greifen,<br />

und alle anderen stürmten hinterdrein.<br />

Als der Generalkapitan gewahrte, welch wütender Aufruhr das gesamte<br />

Feldlager erfaßte, erfüllte ihn dies mit großer Sorge. Sofort ließ er ausrufen,<br />

daß jeder mit dem Tode bestraft werde, der es wage, jetzt sein Pferd zu<br />

besteigen. Er selbst rannte kreuz und quer durch das ganze Lager, packte die<br />

Ritter am Arm und beschwor sie, mal drohend, mal schmeichelnd, in ihren<br />

Zelten zu bleiben; die Herzöge und Markgrafen bat er inständig, sich nicht zu<br />

einer solchen Unbesonnenheit hinreißen zu lassen; denn wenn es zu <strong>einem</strong><br />

blutigen Streit zwischen den zwei kaiserlichen Armeen käme, würden die<br />

Türken, die gleich nebenan als Gefangene eingepfercht waren, ausbrechen und<br />

über sie herfallen.<br />

»Oh, welch unvorstellbare Schande wäre es, wenn wir uns vor den Augen der<br />

eingesperrten Feinde in <strong>einem</strong> Bruderstreit gegenseitig abschlachten würden!«<br />

Mit sanftem Tadel, manchmal auch mit <strong>einem</strong> Scherz ermahnte er die<br />

einzelnen Ritter, den guten Ruf der Ritterschaft nicht durch Unbotmäßigkeit<br />

und Meuterei zu trüben. Diejenigen aber, die sich vom Aufbruch nicht<br />

abhalten lassen wollten, ließ er <strong>nach</strong> den Regeln der Ordenszucht bestrafen.<br />

Unter großen Mühen brachte es Tirant auf diese Weise zuwege, all seine<br />

Mannen zu beruhigen.<br />

Her<strong>nach</strong> begab er sich selbst zu dem Herzog von Makedonien, der voll<br />

gewappnet im Sattel saß, umgeben von s<strong>einem</strong> kampfbereiten Kriegsvolk.<br />

Dringlich bat Tirant seinen Widersacher, den Frieden zu wahren, bis der<br />

Verstockte endlich den Befehl zum Absitzen gab. Als sich der Generalkapitan<br />

daraufhin entfernte, gestattete der Herzog jedoch k<strong>einem</strong> seiner Leute, die<br />

Waffen abzulegen, und er verbot es, den Pferden die Sättel abzunehmen.<br />

Als sich die Aufregung gelegt hatte, gebot Tirant <strong>einem</strong> Teil seiner Marinen,<br />

<strong>zur</strong>ück<strong>zur</strong>eiten zu dem verheerten Feldlager der Sarazenen und allen<br />

Leichen, die sie fänden, die Dschubben auszuziehen und diese Gewänder<br />

sorgsam zu verwahren. Einige Ritter fragten ihn, was er mit den langen<br />

Moslemröcken anfangen wolle. Er antwortete, irgendwann würde man sie<br />

gebrauchen können.<br />

Zuvor, als die große Schlacht eben geschlagen war und die ver-<br />

498<br />

sprengten Sarazenen, verfolgt von den Siegern, fliehend ihr Leben zu retten<br />

suchten, hatte Diafebus im Augenblick dieses Triumphes bereits an die<br />

Zukunft gedacht, an das, was er tun könnte, um Tirant den ihm gebührenden<br />

Ruhm zu sichern. Er ritt an den Kapitan heran und bat ihn um den Fingerring,<br />

der ein Zeichen seiner Feldherrnwürde war. Tirant nahm den Rüsthandschuh<br />

ab, zog sich den Ring vom Finger und gab ihn s<strong>einem</strong> Vetter. Diafebus<br />

verharrte ein Weilchen, obwohl die anderen weitergaloppierten, hielt einen<br />

seiner Schildknappen an, der ein Mensch von gutem Charakter und größter<br />

Zuverlässigkeit war, und übergab diesem den Ring, wobei er ihm genaue<br />

Anweisungen erteilte, was alles er dem Kaiser, der Prinzessin Karmesina und<br />

da<strong>nach</strong> den übrigen Leuten am Hofe sagen solle.<br />

Der Knappe, beflissen, dem Befehl seines Herrn zu entsprechen, wendete<br />

sein Pferd, gab ihm die Sporen und ritt in rasender Eile davon, ohne auch nur<br />

einmal zu rasten, bis er in der Stadt Konstantinopel war, ehe irgend sonstwer<br />

dorhin gelangt sein konnte. Und von den Fenstern des Palastes aus sahen ihn<br />

die Zofen kommen, die auch sogleich erkannten, daß es Pirimus war. Hastig<br />

stoben die Mädchen in das Gemach, worin sich die Prinzessin aufhielt, und<br />

riefen ihr zu:<br />

»Herrin, jetzt erhalten wir gewiß Nachricht von unseren Rittern.<br />

Eben ist Pirimus in vollem Galopp herangeprescht. Was er zu melden hat, ist<br />

entweder über alle Maßen gut oder ganz entsetzlich. Das ist unser Eindruck,<br />

weil er in solch rasendem Tempo daherkommt.«<br />

Die Prinzessin ließ ihre Stickerei fallen, stand auf und lief eilends <strong>zur</strong> Treppe.<br />

Da sah sie, wie Pirimus absprang von s<strong>einem</strong> Pferd, das schweißgebadet<br />

dastand, tropfnaß und triefend, als wäre es in einen<br />

Wolkenbruch geraten.<br />

»Lieber guter Freund«, fragte sie, »was für Nachrichten bringt Ihr’«<br />

»Sehr gute, Herrin«, sagte Pirimus. »Wo ist der Herr Kaiser? Denn ich kann es<br />

kaum erwarten, ihm die Glücksbotschaft zu überbringen und den<br />

gebührenden Botenlohn zu empfangen.«<br />

»Ich verspreche dir, du kriegst deinen Lohn, von ihm und von mir.«<br />

Sie ergriff seine Hand und führte ihn zum Schlafgemach des Kaisers.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!