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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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verteilt wäre und keiner mehr geblendet würde als der andere. Der König traf<br />

ein, und mit ihm kamen die Scharen der verschiedenen Stände; sie strömten<br />

durch die Kampfbahn, um die Tribünen zu ersteigen. Jeder der beiden<br />

Kämpen stand schon kampfbereit vor dem Eingang seines Pavillons, die<br />

Streitaxt in der Hand. Als sie den König erblickten, beugte jeder ein Knie und<br />

verneigte sich tief vor dem Herrscherpaar, das seinerseits deutlich bekundete,<br />

wie hoch es den Mut dieser Ritter achtete; und alle Jungfrauen warfen sich auf<br />

die Knie und baten den Herrn im Himmel, er möge ihrem Ritter den Sieg<br />

gewähren.<br />

Als das Publikum verstummt war und man die Pavillons aus dem umschrankten<br />

Geviert entfernt hatte, erschallten die Trompeten, und die<br />

Herolde verkündeten mit lauter Stimme, daß niemand, weder Mann noch<br />

Frau, es wagen solle, den Mund aufzumachen. Die Todesstrafe drohe jeder<br />

Person, die sich erdreiste, durch Geschwätz, lautes Husten, Gefuchtel oder<br />

irgendwelches Deuten, Zeichengeben, Winken das ernste Schauspiel zu<br />

stören. Als diese Bekanntmachung beendet war, brachten jeweils vier der acht<br />

Ritter, die als Aufseher amtierten, den einen und den anderen Kämpen in die<br />

Mitte des Turnierplatzes, wo die Ausgangsstellung eines jeden durch drei<br />

Striche bezeichnet war. Von dort aus stürzten sie sich aufeinander, und beide<br />

kämpften überaus tapfer, ohne daß zu erkennen gewesen wäre, wer da im<br />

Vorteil war. Lang währte der Kampf, und weil es dem Standhalter sehr<br />

schwer gemacht wurde, sich seines Herausforderers zu erwehren, ging ihm<br />

allmählich der Atem aus; schließlich war er so erschöpft, daß er die Axt nicht<br />

mehr halten konnte, und sein ganzes Gebaren verriet, daß ihm der Friede<br />

lieber gewesen wäre als der Streit. Tirant, der merkte, wie entkräftet sein<br />

Widersacher war, packte die Streitaxt mit beiden Händen und schmetterte<br />

ihm deren stumpfes, hammerartiges Ende mit solcher Wucht auf die<br />

Sturmhaube, daß er benommen hin und her taumelte und sich offensichtlich<br />

kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Tirant trat dicht an ihn heran und<br />

gab ihm einen kräftigen Schubs, der ihn zu Boden warf. Als der Bretone sah,<br />

in welch üblem Zustand sein Gegner war, durchschnitt er mit dem Kurzschwert<br />

die Kinnriemen von dessen Helm, nahm ihm die Eisenhaube vom<br />

Kopf und sagte zu ihm die folgenden Worte.«<br />

182<br />

KAPITEL LX<br />

Was Tirant zu s<strong>einem</strong> Gegner sagte,<br />

<strong>nach</strong>dem er ihn besiegt hatte<br />

apferer Ritter, wie du siehst, ist dein Leben in meine Hand<br />

gegeben. Sage mir also, was ich mit dir tun soll; ob du lieber leben<br />

oder sterben willst. Denn Gutes zu tun, macht mir mehr Freude,<br />

als etwas Böses zu begehen. Befiehl meiner rechten Hand, daß sie<br />

sich deiner erbarme und dich verschone, statt dir und d<strong>einem</strong> Leib<br />

soviel Übles anzutun, wie sie könnte.‹<br />

›Mir ist es eine größere Pein‹, sagte der Ritter, ›deine grausamen Worte<br />

anhören zu müssen, die strotzen von Eitelkeit, als den Tod zu erleiden. Ich<br />

ziehe es vor, das Leben fahren zu lassen, statt deine hochmütige Hand um<br />

Schonung zu bitten.‹<br />

›Meine Hand hat die Gewohnheit, besiegte Männer zu schonen‹, sagte Tirant,<br />

›statt ihnen ein Leid anzutun. Und wenn du willst, verzichte ich von Herzen<br />

gern auf all das Schlimme, das ich dir antun könnte.‹<br />

›Oh, welche Ruhmseligkeit ist das‹, sagte der Ritter, der am Boden lag, ›wenn<br />

einer dank s<strong>einem</strong> Glück oder dank dem Mißgeschick des anderen zum Sieger<br />

wird und dann große Worte verschwenden kann! Ich bin der Ritter von<br />

Highmount, ein Mann ohne Tadel, geliebt und gefürchtet von vielen Leuten.<br />

Allezeit bin ich barmherzig gewesen und habe Mitleid gehabt mit allen.‹<br />

›Ich will dir gegenüber die Tugenden üben, die du genannt hast‹, sagte Tirant,<br />

›aus Achtung vor d<strong>einem</strong> Anstand und deiner Güte. Auf, wir wollen zum<br />

König gehen! Vor ihm mußt du zu meinen Füßen niederknien und mich um<br />

Gnade bitten, und ich werde sie dir ohne Wenn und Aber gewähren.‹<br />

Da brach der Ritter, erfüllt von todeswilligem Zorn, in die Worte aus:<br />

›Das verhüte Gott, daß ich imstand wäre, jemals etwas so Schändliches zu<br />

tun, das mich und die Meinigen mit Schmach bedecken würde und gar das<br />

Andenken meines erhabenen Herrn beflecken könnte, des Grafen Wilhelm<br />

von Warwick, durch dessen Hand ich

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