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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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Eroberungswünsche erreicht. In tiefer Demut bot er ihr an, alles zu tun, was<br />

sie ihm befehle. Daraufhin sagte Stephania:<br />

»Der Friede ist also geschlossen. Für diesen Fall, Herrin, habe ich ihm etwas<br />

versprochen. Ich habe ihm nämlich gesagt, Eure Hoheit würde es erlauben,<br />

daß er Euer Haar küßt, wenn er das tut, was Eure Durchlaucht von ihm<br />

verlangt.«<br />

»Ich bin gern damit einverstanden«, sagte die Prinzessin, »daß er mich auf die<br />

Augen und auf die Stirn küßt, wenn er mir verspricht, mit s<strong>einem</strong> ritterlichen<br />

Ehrenwort, daß er sich selbst nichts antut, was nicht wiedergutzumachen<br />

wäre.«<br />

Tirant versprach und beschwor dies bereitwilligst, und die entsetzlichen<br />

Qualen verwandelten sich in übersprudelnde Freude und Vergnügen.<br />

Eilends strebte die Prinzessin <strong>nach</strong> Hause, gefolgt von Tirant und Diafebus,<br />

die sie bis in den Garten begleiteten. Dort sagte Karmesina zu<br />

Wonnemeineslebens, sie solle alle anderen Zofen holen, und binnen kurzem<br />

war die ganze Mädchenschar im Garten versammelt. Auch die Muntere<br />

Witwe gesellte sich hinzu, die als aufmerksame Beobachterin all der<br />

vorausgegangenen Szenen die Entwicklung der Affäre mit leidenschaftlicher<br />

Anteilnahme verfolgt hatte, tief besorgt im Blick auf die Prinzessin und noch<br />

mehr beunruhigt von der Sorge, was für Folgen diese Turbulenzen für sie<br />

selber hätten. Wenig später tauchte der Kaiser an <strong>einem</strong> Fenster über dem<br />

Garten auf, und er gewahrte von droben, daß Tirant bei seiner Tochter war.<br />

Sofort kam er die Treppe herunter und sagte zu dem Bretonen:<br />

»Lieber Kapitan, vorher habe ich <strong>nach</strong> Euch geschickt, doch Ihr wart<br />

nicht zu finden in Eurem Quartier. Um so größer ist meine Freude, Euch<br />

jetzt hier anzutreffen.«<br />

»Herr«, antwortete Tirant, »ich hatte meinerseits <strong>nach</strong> Eurer Majestät gefragt,<br />

und mir war beschieden worden, daß Eure Hoheit schlafe. Um die Ruhe<br />

Eurer Hoheit nicht zu stören, bin ich dann mit den anderen hierher<br />

gekommen, um ein wenig zu tanzen oder mich mit ihnen bei <strong>einem</strong> Spiel im<br />

Freien zu tummeln.«<br />

»Ein übles Spiel steht uns bevor«, erwiderte der Kaiser, »ein finsteres<br />

Getümmel. Es ist dringend nötig, daß wir uns unverzüglich beraten.«<br />

466<br />

Er gab Befehl, sofort die Ratsglocke zu läuten. Als die Mitglieder des<br />

Kronrats beisammen waren, ließ der Kaiser den Sendboten kommen und<br />

forderte dazu auf, dessen Beglaubigungsschreiben allen Anwesenden zu<br />

verlesen. Da<strong>nach</strong> erklärte er, daß die schlechte Nachricht, die er erhalten<br />

habe, allen <strong>zur</strong> Kenntnis gebracht werden müsse; denn es handle sich um<br />

einen Vorgang, der nicht als Geheimsache erledigt werden könne. Er gebot<br />

dem Sendboten, der Versammlung seine Botschaft darzulegen; worauf dieser<br />

mit einer tiefen Verneigung seine Ehrerbietung erwies und dann die folgende<br />

Rede hielt.<br />

KAPITEL CXXXI<br />

Was der Sendbote aus dem Feldlager<br />

zu vermelden hatte<br />

hochwohlgeborener Herr, hiermit bekunde ich Eurer<br />

durchlauchtigsten Hoheit, daß ich auf Wunsch und Be-<br />

fehl des Großkonnetabels und der Feldmarschälle Eure<br />

kaiserliche Hoheit aufgesucht habe, um zu vermelden,<br />

daß in der Nacht des jüngst vergangenen Donnerstags<br />

vierzehntausend feindliche Fußsoldaten anrückten und flach auf ebener Erde<br />

in Stellung gingen, inmitten eines weitgedehnten Wiesengeländes, wo<br />

das Gras wegen des vielen Wassers, das dort fließt, so hoch gewachsen ist, daß<br />

die Feinde von niemandem gesehen werden konnten.<br />

Und als die Sonne ein wenig über dem Horizont stand, sahen wir<br />

türkische Reiter, die auf gepanzerten Pferden heranritten, eine ganze<br />

Menge, die insgesamt aus etwa vierzehnhundert Mann bestehen<br />

mochte und bis an den Rand eines Flusses vordrang, der dort vorbei-<br />

strömt. Der Herzog von Makedonien, ein Mann von großem Hoch-<br />

mut und geringem Sachverstand, wie das Verhalten zeigt, das er an<br />

den Tag gelegt hat, ließ daraufhin die Trompeten blasen, zum Zeichen, daß<br />

jedermann aufsitzen solle. Der Konnetabel und die anderen Feldherren, die<br />

mehr von der Kriegskunst verstehen als der besagte Fürst, protestierten<br />

dagegen und rieten ihm dringend davon ab,

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