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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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»Sprecht Ihr, Tirant, in unser aller Namen; denn Ihr habt als erster den<br />

frommen Vater kennengelernt.«<br />

»Nun gut«, sagte Tirant, »da es euch so beliebt und der ehrwürdige Vater<br />

mich dazu aufgefordert hat, will ich eben selber reden. Falls ich mich irre<br />

oder etwas vergesse, so helft bitte m<strong>einem</strong> Gedächtnis auf.«<br />

Alle stimmten freudig zu. Tirant nahm seine Kopfbedeckung ab und begann<br />

zu erzählen.<br />

146<br />

KAPITEL XLI<br />

Wie Tirant dem Einsiedler<br />

die großen Feste, Feierlichkeiten und fürstlichen Spenden schilderte,<br />

die <strong>zur</strong> Hochzeit des König von England veranstaltet wurden,<br />

in einer Pracht und Herrlichkeit, dergleichen in keiner Chronik zu finden ist;<br />

und was er von dem Streit berichtete,<br />

der dabei zwischen zwei Zünften entstand<br />

rommer, hoch zu verehrender Herr, Euer Gnaden sollen<br />

wissen, daß vor <strong>einem</strong> Jahr, am Vorabend des Johannistages, der<br />

König eine Parade abnahm, an der alle teilnahmen, die sich in der<br />

Stadt befanden, also auch die Frauen<br />

und Mädchen, die Zünfte der Handwerker und all die Fremden, die<br />

aus vielerlei Landen der Christenheit angereist waren, weil sie vernommen<br />

hatten, welch großartige Feste da stattfinden sollten; denn<br />

der König hatte ja viele Wappenkönige und Herolde ausgesandt, um<br />

dies in aller Welt verkünden zu lassen. Zuallererst, Herr, will ich<br />

Euch jedoch von <strong>einem</strong> wahrhaft königlichen Gunsterweis berichten, von einer<br />

Geste großzügigster Gastfreundschaft, dergleichen in<br />

keiner Chronik steht und schon gar nicht aus unseren Zeiten je zu<br />

vermelden gewesen ist. Auf Weisung und Kosten des Königs, so<br />

hörte ich, wurden nämlich in jedem Seehafen, an jeder Landstraße,<br />

in jedem Flecken, an jeglichem Ort des Reiches all die Weitgereisten,<br />

die unterwegs waren, um die Festlichkeiten als Zuschauer zu erleben<br />

oder sich an den Turnieren zu beteiligen, von den Bewohnern der<br />

Dörfer oder Städte aufs reichste bewirtet: von dem Tag an, da sie an<br />

Land gingen, bis zu dem Tag, an dem sie die Insel England verließen,<br />

genossen sie stets freie Kost und Unterkunft.<br />

Zur Feier des Johannistages also legte der König seine schönsten Gewänder<br />

an: einen Mantel, über und über mit den üppigsten Perlen bestickt, verbrämt<br />

mit Zobelpelzen, dazu prächtige Beinkleider, geschmückt mit ähnlicher<br />

Stickerei, und ein Wams aus Silberbrokat. Nichts Goldenes hatte er am Leib,<br />

da er noch kein Ritter war. Nur die Krone auf s<strong>einem</strong> Haupt und das Zepter<br />

in seiner Hand waren aus herrlichstem, kostbarstem Gold. Reitend auf<br />

<strong>einem</strong> schönen Roß, bekundete er durch Haltung und Miene, daß er<br />

fürwahr ein König ist.<br />

So begab er sich von s<strong>einem</strong> großen Schloß zum Hauptplatz der Stadt,<br />

begleitet von all den Edelleuten, die in London weilten, sofern sie Männer<br />

von reinblütigem Adel waren. Kein anderer durfte dem König folgen.<br />

Als der Herrscher auf den Platz gelangt war, rückte der Herzog von<br />

Lancaster, in voller Rüstung aus blinkendem Stahl, mit einer Streitmacht von<br />

fünfzehntausend Mann heran. Nachdem er dem König Meldung erstattet<br />

hatte und von diesem mit einer Neigung des Kopfes begrüßt worden war,<br />

erhielt er den Befehl, voraus<strong>zur</strong>eiten als Anführer der berittenen Vorhut.<br />

Unverzüglich begab sich der Herzog an die Spitze seiner Truppe, und das<br />

ganze Aufgebot gewappneter Ritter zog am König vorbei, bestens bewaffnet<br />

und in schöner Paradeordnung, mit vielen Pferden, die festlich drapiert waren<br />

mit brokatenen Schabracken, mit golden und silbern funkelnden<br />

Beschlägen auf dem Lederzeug und wippenden Federbüschen oder<br />

sonstigem Kopfschmuck <strong>nach</strong> italienischer und lombardischer Art.<br />

Den Schwadronen des Herzogs folgten die Ordensgemeinschaften der<br />

Kuttenträger, und jeder der Mönche hielt eine hohe brennende Kerze in der<br />

Hand. Hinter diesen dann marschierten sämtliche Handwerker, in der frisch<br />

geschneiderten Tracht ihres jeweiligen Berufes; und zwischen den<br />

verschiedenen Zünften entbrannte ein so heftiger Streit, daß ich dachte, sie<br />

würden einander totschlagen.«<br />

» Weswegen entstand dieser Zank?« fragte der Einsiedler.<br />

»Herr«, sagte Tirant, »das will ich Euch sagen. Zwischen den

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