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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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dem Versprechen, das er ihm gegeben hatte. Viele Mannen aus der Stadt<br />

begaben sich derweilen hinaus an den Ort, wo das Scharmützel stattgefunden<br />

hatte, und dort trafen sie noch ein paar Sarazenen lebend an. Denen gaben sie<br />

den Tod, dann lasen sie die Waffen auf, die sie herumliegen sahen, und<br />

kehrten damit heim <strong>zur</strong> Stadt.<br />

Noch am selben Tag kam die Späherbrigg <strong>zur</strong>ück und brachte die Kunde, daß<br />

der Sultan bereits an Bord gegangen sei und sämtliche Pferde der Feinde auf<br />

den Schiffen verstaut worden seien. Tirant bat den Großmeister, ihm zwei<br />

oder drei geländekundige Männer als Wegführer <strong>zur</strong> Verfügung zu stellen,<br />

denn er wolle heute <strong>nach</strong>t den Sarazenen einen Besuch abstatten. Viele Leute<br />

rieten ihm davon ab und meinten, er solle sich nicht in eine Unternehmung<br />

stürzen, die anderer Leute Sache sei. Aber er hatte es sich in den Kopf<br />

gesetzt, den Ort der Einschiffung aufzusuchen; er sammelte fünfhundert<br />

Mann um sich und ritt mit ihnen die ganze Nacht hindurch. Schließlich<br />

lagerten sie sich auf einer Anhöhe, ohne daß sie von irgendwem gesehen<br />

worden wären. Von diesem Berg aus konnten sie genau beobachten, wie eilig<br />

es die Sarazenen hatten, den Boden der Insel zu verlassen. Als Tirant<br />

erkannte, daß nicht mehr als ungefähr tausend Mann an Land waren, brach er<br />

mit den Seinigen aus dem Gestrüpp und fiel mit solch wildem Ungestüm über<br />

die Moslems her, daß es ein großes Gemetzel unter diesen gab. Der Sultan,<br />

der von ferne wahrnahm, wie seine Leute in <strong>einem</strong> Blutbad untergingen,<br />

geriet vor Verzweiflung völlig außer sich. Er schickte Beiboote, in die sich die<br />

Bedrängten flüchten könnten. Doch nur wenige gelangten hinein. Die<br />

meisten wurden erschlagen oder ertranken beim Versuch, sich durch Flucht<br />

übers Wasser zu retten.<br />

Angesichts dieser Katastrophe befahl der Sultan, sofort die Segel zu hissen<br />

und die Heimat anzusteuern. Als die Sarazenen in ihr eigenes Land<br />

gelangten, wurde den großen Herren, die zu Hause geblieben, haarklein<br />

berichtet, wie es zu dieser vorzeitigen Heimkehr gekommen war. Daraufhin<br />

versammelten sich all diese Potentaten, um gemeinsam den Sultan<br />

aufzusuchen. Im Namen aller ergriff ein Oberkadi als erster das Wort und<br />

hielt die folgende Standrede.<br />

KAPITEL CVIIª<br />

Wie der Sultan von seinen eigenen Vasallen<br />

zu <strong>einem</strong> schmachvollen Tod<br />

verurteilt wurde<br />

du Betrüger, der du die heilige Sache unseres Propheten<br />

Mohammed verraten hast! Du Vergeuder unserer Schätze,<br />

Verderber des edlen Heidenvolkes, Fronknecht verruchter<br />

Fleischeslust, Liebhaber der Feigheit! Vor den Unwissenden blähst<br />

du dich auf und umgibst dich mit <strong>einem</strong> erlogenen Glorienschein;<br />

wenn es zu kämpfen gälte, läufst du davon und scherst dich keinen Deut um<br />

das Gemeinwohl! Linkisch und achtlos hast du deine verpfuschten<br />

Unternehmungen in Angriff genommen, zum Schaden und <strong>zur</strong> Schande von<br />

uns allen! Mit schmutziger und roher Hand bist du zu Werke gegangen, hast<br />

mit falscher Zunge deine Tölpeleien beschönigt und jene edle Insel Rhodos<br />

preisgegeben, ohne vorher den Rat kluger Ratgeber einzuholen. Eines einzigen<br />

Schiffes wegen hat dein schlappes Herz allen Mut verloren. O du erbärmlicher,<br />

knieweicher Ritter! Unfähig, dem Feind die Stirn zu bieten, ständig<br />

fluchtbereit, bist du als Oberherr von zwölf gekrönten Königen zum bloßen<br />

Popanz geworden, obwohl deine Vasallen stets in Treue und Gehorsam zu dir<br />

gehalten haben. Du hast dich zum Komplizen der hinterhältigen Absichten<br />

deiner engsten Verwandten gemacht und steckst unter einer Decke mit jenen<br />

vorgeblichen Christen, den Genuesen, die mit k<strong>einem</strong> Erbarmen haben und<br />

niemanden lieben, weil sie weder Muslime noch Christen sind. Man könnte<br />

meinen, du selbst seist an der verpesteten Küste Genuas geboren; und deine<br />

Schandtaten stempeln dich zum Schurken, der dazu verdammt ist, eines<br />

schmachvollen Todes zu sterben.«<br />

Auf der Stelle wurde er verhaftet und in den Löwenzwinger geworfen, wo er<br />

kläglich verendete. Daraufhin wurde ein neuer Sultan gewählt. Und dieser<br />

erteilte, um sich als leidenschaftlicher Verfechter des Gemeinwohls zu zeigen,<br />

sogleich den Befehl, sämtliche verfügbaren Schiffe zu versammeln und<br />

gemeinsam mit den Galeeren der Genuesen eine große Kriegsflotte zu bilden,<br />

die imstande wäre, das ganze Heer, das von Rhodos heimgekehrt war, und eine<br />

Menge<br />

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