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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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denn die Sache selbst ist ja einsichtig genug und spricht glockenklar für sich<br />

selbst.«<br />

Dem alten Kaiser gefielen die gewitzten Worte seiner Tochter, die es<br />

verstanden hatte, überzeugend darzutun, wieviel der feine Redestil dazu<br />

beiträgt, die Richtigkeit der Argumentation in helleres Licht zu rücken.<br />

Die Kaiserin zögerte jedoch nicht, erneut das Wort zu ergreifen.<br />

KAPITEL CLXXXIV<br />

Der Einspruch,<br />

mit dem die Kaiserin<br />

die Begründungen ihrer Tochter beantwortete<br />

enn du dich auf Erden umschaust und mit Verstand betrachtest,<br />

wie es überall zugeht, wirst du sehen, daß es einzig und allein der<br />

Mut ist, der alles bewahrt, und daß, wenn es keine Kühnheit mehr<br />

gäbe, binnen kurzer Zeit die gesamte Welt dem Untergang<br />

entgegentriebe und der totalen Zerstörung anheimfiele. Es steht nun mal fest,<br />

daß der Mut höheren Ranges als die Klugheit ist; und sosehr du dich auch<br />

anstrengen magst – du kämpfst auf verlorenem Posten. Und weil du noch recht<br />

jung bist und nicht die nötige Erfahrung hast, um solche Plänkeleien<br />

durchzufechten, muß ich es dir verdeutlichen, weshalb Klugheit ihren Sitz im<br />

Kopf hat, der Mut aber im Herzen. Die Naturphilosophen sagen nämlich, daß<br />

das Herz der edelste Teil des Körpers ist und daß alle anderen Teile ihm<br />

untergeordnet sind und jeder Weisung gehorchen, die vom Herzen ausgeht.<br />

Kein anderer Körperteil kann von sich aus irgend etwas tun, sondern immer nur<br />

das, was das Herz verlangt. Und was immer der Körper an Fähigkeiten besitzen<br />

mag – sie haben samt und sonders ihren Ursprung im Herzen; womit klar<br />

erwiesen ist, daß dieses der Oberherr ist. Und wenn ein Mensch irgendwelchen<br />

Verdruß hat, sieht man es ihm gleich an, wie es ihm ums Herz<br />

ist. Und wenn das Herz schläft, rührt sich kein anderer Körperteil,<br />

und kein Organ nimmt irgend etwas wahr. Damit scheint doch wohl<br />

eindeutig klar, daß das Herz allen Teilen übergeordnet ist. Du kannst jetzt<br />

also begreifen, was ich dir mit gesundem Menschenverstand hinreichend<br />

bewiesen habe: daß das Herz der Gebieter des Körpers ist, wie dies der Mut<br />

im Verhältnis <strong>zur</strong> Klugheit ist. Und als die göttliche Vorsehung den<br />

Menschen erschuf, da pflanzte sie das Herz in die Mitte des Leibes, damit es<br />

besonders geschützt sei, wie ja auch ein König von den Seinigen in die Mitte<br />

genommen wird, wenn es in die Schlacht geht, damit ihm die Feinde nichts<br />

antun können. Seine Leute verteidigen ihn <strong>nach</strong> Kräften und mit allem Eifer;<br />

denn wenn ihm ein Leid geschähe, wäre es ein Unglück für sie alle. Darum<br />

sagt der Volksmund, daß Mut der Gipfel und der Urgrund aller Tugenden ist;<br />

denn ohne ihn hätte ein Mann keine Achtung. Mir scheint, damit habe ich<br />

genug gesagt und reichlich ausgeführt, was alles zum Beweis vorgebracht<br />

werden kann. Ohne Kühnheit kann man weder die Seligkeit des Paradieses<br />

erlangen noch die Welt erobern. Ich mache Schluß, mit der Bitte an Seine<br />

Majestät, den Herrn Kaiser, sein endgültiges Urteil zu sprechen.«<br />

Der großmütige Herrscher zögerte nicht, den beiden die folgende Antwort zu<br />

erteilen.<br />

KAPITEL CLXXXV<br />

Was der Kaiser seiner Gemahlin und der Tochter<br />

<strong>zur</strong> Antwort gab<br />

it unseren im Dunkel tappenden Gedanken und unserem<br />

umnebelten Verstand kommen wir, je <strong>nach</strong>dem, wohin<br />

unser Wille drängt, leicht zu falschen Wertschätzungen,<br />

womit wir der Höhe unserer menschlichen Bestimmung<br />

Abbruch tun und das ewige Ziel aus den Augen verlieren, das<br />

höchste Gut, den Allerhabenen, der menschliche Geschöpfe, ungeachtet<br />

all unseres Elends, <strong>zur</strong> Seligkeit am Jüngsten Tage erwählt, wider<br />

die Regeln natürlicher Logik, die uns ja die Begrenztheit der logisch<br />

faßbaren Dinge zeigt und somit auf höhere Werte verweist, die sich<br />

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