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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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welch gloriosen Ruhm Eure Durchlaucht samt all den Eurigen erworben hat<br />

mit der Errettung, der Rückeroberung des Reiches, mit der Niederwerfung<br />

und dem Tod so vieler Könige und großen Herren der Maurenschaft. Und<br />

jetzt, da Eurer Durchlaucht nur noch die Aufgabe bleibt, das gesamte Reich<br />

vollends in Besitz zu nehmen, es als Euer Herrschaftsgebiet, als Euer Erbteil<br />

zu empfangen, jetzt, da Ihr zu mir <strong>zur</strong>ückgekehrt seid, Ihr, die Stütze meines<br />

Lebens – jetzt verspreche ich Euch, daß ich auf die Krone des Reiches<br />

verzichten werde, sie an Euch abtrete und dafür sorge, daß unser ersehntes<br />

Ehebündnis mit dem Zeremoniell offizieller Vermählung besiegelt wird, so<br />

daß Ihr künftig Kaiser seid; denn Seine Majestät, mein Herr Vater, hat mir<br />

sein Einverständnis zugesagt; er ist bereit <strong>zur</strong>ückzutreten, weil sein hohes<br />

Alter ihm nicht mehr die Kraft läßt, selbst die Zügel des Staates in der Hand<br />

zu halten.«<br />

Der anständige Tirant brachte es nicht fertig, solche Worte der Prinzessin<br />

noch länger schweigend anzuhören. In liebenswürdigem Ton unterbrach er<br />

ihren Redefluß:<br />

»Die Erhabenheit Eurer Majestät, erlauchte Herrin, verstört meinen Kopf<br />

und bringt meine Zunge zum Stammeln; denn mich dünkt, daß es mir kaum<br />

möglich sein wird, Eure liebenswürdige und großmütige Offerte<br />

anzunehmen. Und ich hoffe, der Allmacht Gottes wird es nicht belieben, es<br />

jemals zuzulassen, daß ich zu <strong>einem</strong> solch groben Vergehen bereit wäre und<br />

zu Lebzeiten Seiner Majestät des Herrn Kaiser mir die Krone des Reiches<br />

aufsetzen ließe. Und der Himmel verhüte, daß man jemals mutmaßen<br />

könnte, ich wäre imstand, einen solchen Verstoß zu begehen; denn ein Herr<br />

von so hohem Tugendreichtum und solcher Erhabenheit, ein Herr, berühmt<br />

für seine hervorragenden Eigenschaften, hat es nicht verdient, der<br />

Herrschaftswürde entledigt zu werden solange er lebt. An Seine Majestät<br />

habe ich nur die eine Bitte: mich als seinen Sohn zu betrachten, seinen<br />

Diener, und als den Gefangenen seiner Tochter. Das ist alles, was ich haben<br />

möchte auf dieser Welt, nichts sonst.«<br />

Soviel liebenswürdiger Anstand bewirkte, daß Tränen wahrer Liebe aus den<br />

Augen der hocherlauchten jungen Dame strömten, sie ihre Arme um den<br />

Hals des Bretonen warf und ihn vielmals küßte. Nach einer kleinen Weile<br />

sagte sie:<br />

376<br />

»Mein Herr, mein Schatz und mein Heil, keine menschliche Zunge ist<br />

imstand, die Vorzüge und die Tugenden darzutun, die Eurem edlen Wesen<br />

eigen sind. Jetzt erst habe ich wirklich erkannt, wie sehr Ihr Euch von allen<br />

anderen unterscheidet, die auf dieser Erde leben; wie einzigartig ihr seid.<br />

Und ich flehe zu Gott, der in seiner Vollkommenheit Euch damit begnadet<br />

hat, daß er Euch bewahre, Euch beschütze in allen Gefahren und Euch ein<br />

langes Leben schenke, damit Ihr ihn ehren und ihm dienen könnt, mit<br />

Taten, die ihm in seiner Güte wohlgefällig sind. Und ich bitte den<br />

Allmächtigen, Euch lange, lange die Krone des Griechischen Reiches tragen<br />

zu lassen; die Krone, die Ihr mit seiner Hilfe und durch Eure ehrenhaften<br />

Anstrengungen und Mühsale gewonnen habt. Und für mich erflehe ich, daß<br />

es mir gewährt sei, Euch dienen zu dürfen, Euer ganzes Leben lang, in<br />

glückseliger Ruhe, wie sie unser beider Herz ersehnt.«<br />

So sich tröstend mit vielen Beschwörungsworten, trennten sich die zwei<br />

Liebenden.<br />

KAPITEL CDLII<br />

Wie Tirant vom Kaiser die Erlaubnis erbat, sich entfernen zu dürfen, um die besetzten<br />

Reichsgebiete wieder in Besitz zu nehmen, und wie der Kaiser ihm, noch ehe er abreiste,<br />

seine Tochter <strong>zur</strong> Braut gab<br />

ie finstere Nacht verbrachte Tirant mit lauter Liebesgedanken,<br />

die ihn so bestürmten, daß er sich wünschte, Phöbus wäre<br />

schon im Osten angelangt und würde mit seinen leuchtenden<br />

Strahlen unseren Horizont übersteigen. Und als dies endlich<br />

soweit war, machte sich der Kapitan ruhigen Schrittes auf den<br />

Weg zum Kaiser, und mit demütiger Stimme sprach er denselben<br />

folgendermaßen an:<br />

»Herr, in Eurer klugen Weitsicht verkennt Ihr nicht, was das Versprechen<br />

bedeutet, das der Sultan und der Großtürke Eurer Majestät gegeben haben.<br />

Sie gelobten Eurer Hoheit, sämtliche Gebiete

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