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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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auch kein Grund, daß Ihr irgendwen von den Seinigen liebt. Es wird freilich<br />

die Zeit kommen, wo Ihr ihm und den Seinigen <strong>nach</strong>weint; wo Ihr Euch das<br />

Gesicht zerkratzen und die Augen ausreißen wollt und den Tag und die<br />

Nacht verfluchen werdet, Euer ganzes vertanes Leben. Denn ich weiß, daß<br />

am selben Tag, an dem Tirant fortreitet, weil er merkt, daß er bei Eurer<br />

Hoheit auf nichts als Unmut und Mißfallen stößt, auch alle anderen aus Liebe<br />

zu ihm aufbrechen werden, um mit ihm heim<strong>zur</strong>eisen in sein Land, so daß Ihr<br />

verlassen seid, allein gelassen, wie Ihr das verdient, und das gesamte Reich<br />

wird verlorengehen. Und wenn Ihr sterbt und vor das Gericht unseres Herrn<br />

im Himmel kommt, wird Er Rechenschaft von Euch fordern über alles, was<br />

Ihr in Eurem Leben getan und nicht getan habt, indem Er ungefähr<br />

Folgendes zu Euch sagt.«<br />

KAPITEL CCLIV<br />

Wie Wonnemeineslebens die Prinzessin mit dem vorgespielten Verdammungsurteil des<br />

Jüngsten Gerichts <strong>zur</strong> Besinnung rief<br />

ein Wille war es, daß der Mensch <strong>nach</strong> dem Bild und Gleichnis<br />

meiner selbst erschaffen werde und daß aus der Rippe des<br />

Menschen die Gefährtin des Mannes entstehe. Und überdies<br />

sprach ich: Seid fruchtbar und mehret Euch und erfüllet das<br />

Erdreich. Und du, Karmesina, der ich den Bruder genommen<br />

habe, auf daß du Herrscherin des Reiches seiest, erhöht zu dieser<br />

einzigartigen weltlichen Würde – welche Rechenschaft kannst du mir<br />

ablegen? Was hast du aus dem Leben gemacht, das ich dir anvertraut habe?<br />

Hast du einen Gatten genommen? Hast du Söhne hinterlassen, damit diese<br />

den katholischen Glauben verteidigen und die Christenheit mehren können?‹<br />

Was werdet Ihr darauf antworten?« – fragte Wonnemeineslebens. »Ach,<br />

Herrin, ich sehe, wie beklommen Ihr dann dasteht, verwirrt<br />

232<br />

und sprachlos. Denn eine gute Antwort könnt Ihr darauf nicht geben. Eure<br />

Antwort wird vielmehr so lauten, wie ich jetzt sage: ›O Herr, himmlischer<br />

Vater voller Erbarmen und Mitleid! Verzeiht mir, Herr, in Eurer Mildigkeit!‹<br />

Und Euer Schutzengel wird Euch folgende Worte eingeben: ›Die Wahrheit<br />

ist, Herr, daß ich einen Ritter liebte, der ein sehr tapferer Krieger war und<br />

den Eure allerheiligste Majestät uns eigens dazu gesandt hatte, daß er Euer<br />

christliches Volk aus den Händen der Ungläubigen befreie; ich liebte diesen<br />

Mann, verehrte ihn inniglich und wünschte ihn mir als Gemahl, und als er<br />

sich in mich verliebte, kam ich ihm willfährig entgegen und gewährte, ihm zu<br />

Gefallen, was er in aller Ehrsamkeit wollte. Und es war eine Jungfrau als<br />

Zofe in meinen Diensten, die Wonnemeineslebens hieß; sie gab mir alleweil<br />

gute Ratschläge, doch ich wollte diese nicht annehmen. Eines Nachts<br />

schmuggelte sie ihn mir ins Bett; ich, in meiner Ahnungslosigkeit, schrie auf,<br />

und als mir klar wurde, in welcher Lage ich war, verstummte ich und hielt<br />

still; doch eine Witwe, die meine Schreie gehört hatte, machte einen<br />

Riesenkrawall, der den ganzen Palast in Aufruhr versetzte, was schrecklichen<br />

Schmerz und vielfachen Kummer <strong>zur</strong> Folge hatte – alles ausgelöst durch<br />

meine Angst. Später flehten sie mich an, ich möge doch dem Begehren des<br />

Ritters willfahren; aber nie ließ ich mich darauf ein.‹ Auf diese Erklärung<br />

deinerseits wird Sankt Petrus als derjenige, der die Schlüssel der Paradiesestür<br />

innehat, mit dem Satz reagieren: ›Herr, diese da ist nicht würdig,<br />

in unsere himmlische Herrlichkeit aufgenommen zu werden, da sie nicht<br />

willens war, sich an das zu halten, was Eure Gebote fordern.‹ Man wird Euch<br />

verstoßen und in die Hölle stürzen, mitsamt der Munteren Witwe. Und wenn<br />

ich aus diesem Erdenleben scheide, wird es im Paradies ein großes Fest mir<br />

zu Ehren geben, man wird mir einen Platz in der ewigen Glorie gewähren,<br />

mich aufnehmen in den Kreis der höchsten Himmelshierarchie und als<br />

gehorsame Tochter mich krönen mit der Krone der Heiligkeit inmitten der<br />

Schar aller Heiligen.«<br />

Da betrat der Kaiser das Gemach, ohne daß er von irgendwem bemerkt<br />

worden war. Er verweilte ein wenig bei seiner Tochter, dann nahm er<br />

Hippolyt bei der Hand, um mit ihm über die Kriegslage und den Zustand des<br />

verletzten Kapitans zu sprechen. Lebhaft mitein-

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