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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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herzt, wie beide waren, erhoben sie sich und gingen erneut aufeinander los;<br />

der eine wie der andere jedoch wurde erheblich behindert durch den ständig<br />

verrutschenden Helm, der oftmals die Sicht unterbrach, so daß sie wieder<br />

und wieder nur aufs Geratewohl um sich schlugen und einander nicht so<br />

zusetzen konnten, wie sie wollten. Aber der Fremde drang mit solcher Wucht<br />

auf Tirant ein, daß er ihn zu Boden warf; und im Fallen umklammerte Tirant<br />

ihn so fest, daß er selbst ins Taumeln geriet und beide stürzten. Dabei schlug<br />

der Kopf Tirants so heftig auf, daß sein Helm drei Schritte weit davonflog.<br />

Dadurch fühlte er sich unversehens erleichtert, und durchzuckt von<br />

Todesangst, raffte er all seine Kräfte zusammen, um vor dem anderen wieder<br />

auf die Beine zu kommen; denn das war seine einzige Chance. Als Tirant sich<br />

aufgerichtet hatte, stützte sich der andere gerade mit den Händen und Knien<br />

ab, um aufzustehen, und Tirant, der rascher emporgeschnellt war und sah,<br />

daß der andere schon im Begriff war, sich auf<strong>zur</strong>appeln, versetzte ihm mit<br />

beiden Händen einen mächtigen Stoß, so daß der Gegner hintüberkippte.<br />

Nun war der andere ihm ausgeliefert, und Tirant sorgte dafür, daß er nicht<br />

mehr entwischen konnte. Beide Knie setzte er ihm auf den Körper, um ihm<br />

den Helm vom Kopf zu reißen. Der fremde Ritter, der rücklings auf dem<br />

Boden lag und den Druck von Tirants Knien auf seiner Brust spürte, drehte<br />

sich um, wobei der Harnisch Tirants sich so am Harnisch des anderen<br />

verhakte und mitgerissen wurde, daß Tirant das Gleichgewicht verlor und<br />

rücklings zu Boden fiel. Beide bemühten sich, als erster wieder<br />

hochzukommen. Das Glück war auf der Seite Tirants: Da er seinen Helm<br />

bereits verloren hatte, fiel es ihm weit leichter als dem anderen, und er kam<br />

flinker auf die Beine, womit er den entscheidenden Vorsprung gewonnen<br />

hatte.<br />

Herr, es tut mir sehr leid um die vier Ritter, die als Waffenbrüder ein so<br />

trauriges Ende fanden. Der letzte von ihnen war keinen Augenblick bereit,<br />

sich zu ergeben; lieber wollte er als Märtyrer des Waffenhandwerks sterben.<br />

Und Tirant, Herr, wurde in mehrfacher Hinsicht vom Glück begünstigt; denn<br />

er ist sehr geschickt in der Handhabung der Waffen und besitzt mehr geistige<br />

Wendigkeit als körperliche Kraft; und sein größter Vorteil ist, daß er über<br />

einen langen Atem verfügt. Selbst wenn er vom Morgen bis zum<br />

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Abend kämpft und ständig schwer gepanzert ist, gerät er niemals außer<br />

Atem.«<br />

»Das ist das wichtigste Talent«› sagte der Einsiedler, »die wichtigste Fähigkeit,<br />

über die ein Ritter verfügen sollte, der zum Kampf antreten muß. Überlegt es<br />

euch nur, ihr Ritter, die ihr noch jung seid und doch schon Erfahrung im<br />

Waffenhandwerk habt. Was haket ihr für besser: stark zu sein, ohne<br />

Geschicklichkeit und Findigkeit, oder geschickt und gewitzt zu sein, ohne<br />

besondere Kraft?«<br />

Im Kreis der dort versammelten Ritter gingen die Meinungen auseinander.<br />

Schließlich fragte sie der Alte, was sie vorziehen würden: »Wolltet ihr› wenn<br />

eine Tjoste zu Pferd vereinbart wäre, lieber mit Schwert und ohne Sporen<br />

oder mit Sporen und ohne Schwert in den Kampf ziehen? Ich kann euch<br />

versichern, daß ich tatsächlich schon solche Tjosten erlebt habe. Ja, noch<br />

ganz andere Dinge habe ich zu sehen bekommen, zum Beispiel am Hofe des<br />

Herzogs von Mailand. Zwei Ritter, die sich nicht ausstehen konnten, fochten<br />

dort <strong>nach</strong> ihren eigenen Wünschen: der eine zu Pferd und der andere zu Fuß,<br />

beide in gleicher Weise gepanzert; der Berittene war nur mit <strong>einem</strong> Schwert<br />

bewaffnet, der Fußkämpe hatte eine Lanze und einen Dolch. Wessen Rolle<br />

wäre euch lieber, wenn ihr zu wählen hättet? ... Aber lassen wir das ...«›<br />

unterbrach der Einsiedler sich selber. »Sagt mir«, fragte er, zu Diafebus<br />

gewandt, »hat Tirant sich noch öfter so ritterlich bewährt im ehrenvollen<br />

Kampf auf Leben und Tod?«<br />

»Herr, ich erzähle es Euch«, antwortete Diafebus. »Nach dem Tod jener vier<br />

Ritter tauchte ein anderer auf, der sich Bonnytown nannte, aus Schottland<br />

stammte und ein tollkühner Kämpe war. Eines Tages erschien er bei Hofe<br />

und richtete in Gegenwart des Königs und der Königin an Tirant die<br />

folgenden Worte.«

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