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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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konnte. Mit scheuer Miene näherte er sich der Prinzessin, und in liebevollem<br />

Ton wandte er sich an sie mit den folgenden Worten.<br />

KAPITEL CCXVII<br />

Wie Tirant die Prinzessin anflehte, sich ihm nicht zu verschließen<br />

st von Mitleid die Rede, so stimmt das alle, die es hören, traurig –<br />

vor allem den, der tiefe Liebe empfindet. Und mir scheint, es ist<br />

offenkundig, daß Ihr unglücklich seid. Wenn Eure Durchlaucht<br />

mir die Gunst erweisen wollte, mich teilhaben zu lassen an dem,<br />

was Euch bedrückt, oder mir wenigstens zu sagen, was der<br />

Grund, die Ursache Eures Jammers ist – mein Herz würde hier auf Erden<br />

schon die himmlische Glückseligkeit verspüren. Ich sage das, Hoheit, weil ich<br />

gewahre, wie verändert Euer Gesicht ist, das – ich bin dessen sicher – frei von<br />

jeglicher Schuld ist. Wenn Ihr wollt, daß ich weiterlebe, ist es dringend nötig,<br />

daß Ihr ein anderes Gesicht macht und nicht so tut, als würdet Ihr mich nicht<br />

kennen. Darum flehe ich Euch an: Redet, auch wenn Ihr nicht die Hoffnung<br />

habt, Ihr würdet von mir das Allheilmittel erhalten – es könnte ja immerhin<br />

sein, daß ich mich Eurer Exzellenz irgendwie nützlich erweisen kann. Doch<br />

ich will mich kurz fassen, denn ich sehe, daß ich nicht die Zeit hätte, alles zu<br />

sagen, was ich sagen möchte. Nur eines kann ich nicht unausgesprochen<br />

lassen – die Qual, die mein Herz zermartert: daß ich nicht in jedem<br />

Augenblick meines harten Lebens Eure einzigartige, unvergleichliche<br />

Schönheit betrachten kann. Ich bin deshalb fürs erste recht froh darüber, daß<br />

Seine Majestät, der Herr Kaiser, die Anweisung, ich solle mich ins Feldlager<br />

begeben, vorerst aufgehoben und auf später verschoben hat.«<br />

Tirant konnte es nicht länger vermeiden, daß heiße Tränen ihm aus den<br />

Augen rannen. Er merkte, daß die Prinzessin sich verdrossen zeigte, und<br />

sagte:<br />

128<br />

»Herrin, so schwer es mir auch fällt – um Euch nicht <strong>zur</strong> Last zu fallen, will<br />

ich’s für mich behalten, wie heftig die Leidenschaft ist, die meine Seele derart<br />

peinigt, daß sie den Kerker des Körpers verlassen möchte, falls sie noch<br />

länger in solcher Qual leben muß. Und wenn Eure Majestät sich ärgert über<br />

die Worte, die ich in meiner Bedrängnis sage, will ich versuchen, Euch so<br />

liebevoll zu dienen, daß die Abneigung schwindet, die Ihr mir so überdeutlich<br />

bekundet, als wolltet Ihr mir zeigen, wieviel Freude es Euch macht, mit<br />

anzusehen, welche Qual ich durchleide, wenn Ihr mir nicht einmal erlaubt,<br />

daß meine Hände auch nur Eure Kleider berühren. Ist das der Lohn, den ich<br />

für meine Zuneigung, für all meinen guten Willen zu erwarten habe? Wenn<br />

dem so ist, dann werde ich, die Tugend verteidigend, mein Leben lassen, auch<br />

wenn ich Euch als Trägerin der erhabenen Krone des Griechischen Reiches<br />

thronen sehe dank meinen übel belohnten Mühen, die <strong>nach</strong> m<strong>einem</strong> Ende im<br />

Gedenken der Menschen fortleben werden für alle Zeiten.«<br />

Tirant konnte nicht weiterreden, der wilden Erregung wegen, die ihn erfaßt<br />

hatte. Und die Prinzessin setzte mit leiser Stimme zu folgender Antwort an.<br />

KAPITEL CCXVIII<br />

Was die Prinzessin auf die Worte Tirants erwiderte<br />

ch will versuchen, mit so wenig Vorwürfen wie möglich deine<br />

Frage zu beantworten. Die Sache ist schmählich, nur mit großer<br />

Mühe kann meine Zunge sie in Worte fassen. Mein Gesicht ist<br />

mitnichten schön, sondern ver- stört und tief beschämt. Es wird<br />

dich veranlassen, nichts dafür zu tun, daß ich einen so häßlichen,<br />

üblen Makel loswerde. Ich will mit dir nicht weiter rechten, damit du erkennst,<br />

wie groß meine Geduld ist, wie weit meine Demut geht. Die Drangsale und<br />

Übelkeiten, die zum menschlichen Elend gehören, setzen m<strong>einem</strong> verwirrten<br />

Denken schmerzlich zu. Deshalb werde ich den Rest meines geschunde-

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