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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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240<br />

KAPITEL LXXIV<br />

Wie ein Ritter namens Bonnytown<br />

Tirant zum Zweikampf herausforderte<br />

apferer Ritter, der Ruhm Eures Heldentums, Eurer Güte und<br />

Eures Edelmuts erstrahlt in der ganzen Welt mit triumphalem<br />

Glanz. Da ich von Euren Taten hörte, habe ich mich vom Dienst<br />

für meinen Herrn, den König von Schottland, beurlaubt und bin<br />

aus meiner Heimat hierher gekommen. Der Grund meines<br />

Kommens ist eine Dame, die mein Herz in ihren Bann gezogen hat. Als ich<br />

mich eines Tages, getrieben von meiner sündigen Natur, mit ihr unterhielt,<br />

wollte sie m<strong>einem</strong> Verlangen nicht entgegenkommen und verweigerte<br />

jegliche Gunst. Mit grausamer Hartherzigkeit erklärte sie mir, daß sie kein<br />

Wort mehr mit mir reden wolle, solange ich nicht auf dem Turnierplatz in <strong>einem</strong><br />

Zweikampf auf Leben und Tod den Sieg über jenen Ritter errungen<br />

hätte, der soviel Ansehen in der Welt zu erwerben vermochte. Und da Ihr,<br />

Tirant, derjenige seid, an den meine Herrin mich verwiesen hat, ersuche ich<br />

Euch gemäß der Ordnung der Ritterschaft, der Ihr Treue gelobt habt bei<br />

Eurem Eintritt in den Kriegerorden, meine Herausforderung anzunehmen<br />

und mit mir zu kämpfen, und zwar zu Pferde, mit <strong>einem</strong> Helm ohne Visier.<br />

Über die sonstige Rüstung und Bewaffnung mögt Ihr <strong>nach</strong> eigenem Belieben<br />

entscheiden. Nachdem ich teilweise die Wahl getroffen habe, steht es Euch<br />

zu, über alles weitere zu befinden, womit Ihr mich zu tiefem Dank<br />

verpflichten werdet.‹<br />

Ohne Zögern antwortete Tirant:<br />

›Ritter, mir scheint, Euer Begehren entspringt wohl mehr einer Laune, als daß<br />

sie durch eine Notwendigkeit bedingt wäre. Ich rate Euch deshalb, nicht<br />

darauf zu bestehen und dergleichen zu unterlassen, solange es keinen<br />

zwingenden Grund dafür gibt. Denn ein Zweikampf auf Leben und Tod ist<br />

eine harte und schwerverdauliche Sache. Überdies bin ich derzeit nicht<br />

wohlauf, denn die Wunden, die ich davongetragen habe, sind noch nicht<br />

recht verheilt. Habt also die Güte und Freundlichkeit, Euch einen anderen<br />

Gegner zu suchen. Unter den Rittern, die <strong>zur</strong> Zeit an diesem prächtigen Hofe<br />

weilen,<br />

werdet Ihr viele tapfere Männer finden, die Euren Erwartungen entsprechen<br />

und Euch volle Genugtuung verschaffen werden.‹<br />

›Das mag schon sein, sagte der Ritter, ›aber was soll ich tun, wenn meine<br />

Dame sich nur damit zufriedenstellen läßt, daß ich mich mit Euch schlage,<br />

und keinen anderen als Euch gegen mich antreten sehen will? Wenn Ihr aus<br />

Angst vor dem Tod nicht bereit seid, mit mir zu kämpfen, so biete ich Euch<br />

– Seine Majestät, der König, sei mein Zeuge – hiermit an, zu Euren Gunsten<br />

auf ein Stück meiner Wappnung zu verzichten, auf jedes, das Ihr wollt, mit<br />

Ausnahme des Schwertes.‹<br />

›Um Euer leibliches Wohl nicht in Gefahr zu bringen, wollte ich mich<br />

Eurem Ansinnen entziehen, sagte Tirant, ›aber da Ihr mich derart drängt<br />

und nötigt, möchte ich nicht, daß die guten Ritter hier meinen, ich würde<br />

mich aus Feigheit <strong>zur</strong>ückhalten. Die Hoffnung auf Gottes gütigen Beistand<br />

ist mir Ermunterung genug, Euch Satisfaktion zu erteilen. Ich nehme Eure<br />

Herausforderung an und bin bereit zum Kampf. Und da Ihr schon damit<br />

begonnen habt, einen Teil der Wappnung zu bestimmen, überlasse ich es<br />

Euch, obwohl es mir zustünde, auch alle übrigen Bedingungen festzusetzen,<br />

ganz wie es Euch zustatten kommt. Euer Angebot, auf ein Stück der Ausrüstung<br />

zu verzichten, lehne ich ab. Was Ihr geredet habt, macht mir nicht den<br />

Eindruck, als ob Ihr jemals verspürt hättet, wie heiß siedendes Föhrenharz<br />

ist.‹<br />

›Hiermit ist alles klar, unser Zweikampf ist abgemacht, sagte der Ritter. ›Ihr,<br />

Tirant, müßt mir nun mit heiligen Eiden beschwören, in Gegenwart Seiner<br />

Majestät des Herrn König und der Frau Königin sowie all der guten Ritter,<br />

die hier anwesend sind, keine Herausforderung von irgend<strong>einem</strong> anderen<br />

Ritter anzunehmen und Euch auch auf sonst keinen Kampf einzulassen;<br />

denn leicht könnte es ja geschehen, daß Ihr dabei eine Verwundung erleidet<br />

oder die Beweglichkeit eines Eurer Glieder einbüßt und deswegen der von<br />

Euch versprochene Zweikampf nicht stattfinden und nicht zu dem von mir<br />

ersehnten Ende gebracht werden könnte.‹<br />

Tirant legte in Gegenwart all der genannten Zeugen diesen Eid ab. Und<br />

<strong>nach</strong>dem dieses Vorspiel wunschgemäß erledigt war, nahm der Ritter<br />

Abschied vom König und der Königin und allen Leuten, die

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