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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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zu tun habt. Sie hat sich nämlich mit jenem Kerl namens Lauseta eingelassen,<br />

<strong>einem</strong> schwarzen Sklaven, der als gebürtiger Moslem aufgekauft und<br />

weiterverschachert wurde und jetzt als Gärtner den Schloßgarten zu pflegen<br />

hat.<br />

Denkt nun bitte nicht, gnädiger Herr, all die Dinge, die ich Euch berichtet<br />

habe, seien Fabeleien; denn falls Ihr mir dafür dankbar sein solltet und es für<br />

Euch behaltet, werde ich dafür sorgen, daß Ihr es mit eigenen Augen<br />

leibhaftig beobachten könnt. Sie achtet nicht mehr auf das frische Ehrenkleid<br />

der Tugend, ver<strong>nach</strong>lässigt den Umgang mit Königen, Herzögen und<br />

sonstigen großen Herren und bereitet mir so seit langem ein Leben in<br />

qualvoller Bitternis. Aber das ist es nicht, was meine Zunge mitteilen muß;<br />

nein, die schlimme, ehrvergessene Schändlichkeit, die sie begeht – das ist es,<br />

was mich zum Reden zwingt. Denn sooft ich sie auch schon ermahnt habe –<br />

sie ist verstockt, läßt nicht ab vom Laster. Und kürzlich hat sich unter ihrem<br />

Gürtel Leben geregt. Muß ich dazu noch etwas sagen, um Euch zu erklären,<br />

was los war? Ihr zusammengepreßter Mund wollte kaum noch ein paar Bissen<br />

essen, kein erquicklicher Schlaf war ihr mehr vergönnt, und die Nacht kam ihr<br />

vor wie ein Jahr. Da empfand sie freilich Reue, und mein Herz war voll<br />

Jammer. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen, Abzehrung hatte ihre<br />

Glieder geschwächt. Ach, wie viele und wie verschiedenartige Kräuter habe<br />

ich da im Freien gesammelt! Und mit kundiger Hand habe ich sie kühn bei ihr<br />

angewandt, um die Schwangerschaft in ihrem Leib zu zerstören, die ihr zu<br />

Recht viel Schande eingebracht hätte. O ich trauriges Weib! Daß der<br />

schuldlose Winzling durch mein sündiges Zutun so bestraft worden ist! Das<br />

tote Körperchen ist nicht beerdigt worden, flußabwärts ist es auf Reisen<br />

gegangen. Was sonst hätte ich tun können? Was wäre ein besserer Weg<br />

gewesen, um zu verhindern, daß ein solcher Enkel dem Kaiser zu Gesicht<br />

käme, s<strong>einem</strong> Großvater? Sie zapft die Lust, falls man das so nennen kann,<br />

und ich trage die Last der Schuld.<br />

Deshalb ist es an mir, Euch zu warnen, damit Ihr nicht vollends in Euer<br />

Verderben rennt und am Ende in <strong>einem</strong> trüben Tümpel stinkenden Öls<br />

ertrinkt. Über alles andere will ich den Schleier der Verschwiegenheit breiten,<br />

um nicht weitschweifig zu werden; und ich<br />

278<br />

wünschte mir, daß Ihr, der Ihr das Zepter der Rechtsprechung in Händen<br />

habt, der Schamlosen die gebührende Strafe auferlegt, um sie von einer so<br />

schlimmen Verfehlung abzubringen. Ich selbst habe wieder und wieder zu<br />

ihr gesagt: ›Meine Tochter, es ist höchste Zeit, dieser üblen Versuchung zu<br />

widerstehen! Weise alle niedrigen Regungen von dir! Mache dich nicht mehr<br />

gemein mit der Verderbtheit solch entarteter Liebe! Kämpfe dagegen an,<br />

dann wird sich deine Haltung festigen, und am Ende bleibst du Siegerin!<br />

Bedenke doch, meine Tochter, wie teuer dir der hohe Stand deiner Familie<br />

sein muß, der Ruf deiner Tugend, die Blüte deiner Schönheit, die Ehre, die<br />

du auf dieser Welt genießt, und all die anderen Dinge, die zu einer Jungfrau<br />

von so hohem Rang gehören, vor allem aber das Himmelsgeschenk eines<br />

solchen Liebhabers, der den innigen Wunsch hat, dir zu dienen, und dich<br />

zum Weibe begehrt, weil er dich mehr liebt als alle Frauen der Welt. Und du<br />

legst es darauf an, daß du ihn dieses Negers wegen verlierst? Gefallen kann<br />

dir der ja nicht; und künftig, wenn du wieder klar siehst, noch weniger als<br />

jetzt. Das mußt du doch zugeben, wenn du mit dir selbst zu Rate gehst.<br />

Vergiß also die verkehrten Lüste, denen die Hitzigkeit schmutziger<br />

Erwartungen Tür und Tor öffnet! Wirf sie hinaus aus deiner Phantasie!‹ –<br />

Aber ich sage Euch, Herr Tirant, soviel ich ihr auch gut <strong>zur</strong>edete – es war<br />

alles vergebens. Nur ein Wunder Gottes könnte bewirken, daß sie innehält.<br />

So verbockt ist sie, daß kein vernünftiger Gedanke in ihrem Kopf noch Platz<br />

hat.«<br />

Trotz der niederschmetternden Wirkung dieser Worte auf Tirant reagierte<br />

dieser sofort, mit dem folgenden Aufschrei.

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