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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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KAPITEL CXXIII<br />

Die Antwort, die Tirant dein Kaiser vor<br />

dem versammelten Kronrat gab<br />

Herr, es entspricht nicht der Würde Eurer Majestät, daß Ihr mir<br />

als Bitte vortragt, was ich als Befehl entgegenzunehmen habe.<br />

Denn es ist bereits zuviel der Ehre für mich, daß Ihr mich zum<br />

Generalkapitan und Stellvertreter Eurer Hoheit ernannt habt,<br />

ohne daß ich dies verdient hätte. Da ich dieses Amt aber nun<br />

einmal übernommen habe, ist es meine Pflicht und Schuldigkeit, Euch<br />

auftragsgemäß zu dienen. Schon an dem Tag, da ich beschloß, von der edlen<br />

Insel Sizilien ab<strong>zur</strong>eisen, verzichtete ich bewußt auf die Ungebundenheit, um<br />

meine Freiheit in die Hände Eurer Majestät zu legen und all meine Kraft<br />

Eurer Sache zu widmen. Da ich Euch also zu m<strong>einem</strong> Herrn erwählt habe<br />

und die große Güte Eurer Hoheit mich als Diener anzunehmen geruhte,<br />

obwohl ich dessen nicht würdig bin, flehe ich Eure Majestät an, mich künftig<br />

um nichts mehr zu bitten, sondern mir nur noch Befehle zu erteilen, wie Ihr<br />

es dem einfachsten Diener gegenüber tätet, den Eure Hoheit hat. Dafür wäre<br />

ich Euch von Herzen dankbar. Wenn es also Eurer Majestät beliebt, daß ich<br />

gegen die Genuesen zu Felde ziehe, so befehlt es mir, und ich bin jederzeit<br />

mit Freuden bereit, Euren Auftrag auszuführen. Doch, Herr, falls Eure<br />

Hoheit es mir gestattet, meine Meinung zu sagen, möchte ich zu bedenken<br />

geben, daß zu einer wirksamen Kriegsführung dreierlei Voraussetzungen<br />

gehören; und wenn es auch nur an einer davon hapert, ist es sinnlos, sich auf<br />

einen Kampf einzulassen.«<br />

»Es wäre mir sehr daran gelegen, Kapitan«, sagte der Kaiser, »von Euch zu<br />

hören, was die drei Dinge sind, die man braucht, wenn es darum geht, die<br />

Feinde zu schlagen.«<br />

»Herr«, antwortete Tirant, »das will ich Euch sagen: Truppen, Geld und<br />

Proviant. Mangelt es an irgend<strong>einem</strong> von den dreien, ist die Sache von<br />

vornherein zum Scheitern verurteilt. Da die Sarazenen derzeit in der<br />

Überzahl sind und tatkräftige Unterstützung von den Genuesen erhalten, die<br />

ihnen Mengen von Nahrungsmitteln, Waffen, gepanzerten Pferden und<br />

wohlausgerüsteten Kriegern zuführen,<br />

430<br />

ist es nötig, daß wir alle Kraft zusammennehmen, um uns mit Umsicht und<br />

Disziplin derart zu wappnen, daß wir imstand sind, ihnen eine harte Schlacht<br />

zu liefern, ihnen einen heftigen, schmerzlichen Schlag zu versetzen.«<br />

»Wir haben alles«, sagte der Kaiser, »was Ihr genannt habt. Der Schatz, den<br />

wir zusammengebracht haben, gibt Euch die Möglichkeit, den Sold für<br />

zweihunderttausend Behelmte zu zahlen, auf die Dauer von zwanzig oder<br />

dreißig Jahren. Was die bisherige Truppenstärke angeht, können wir wohl mit<br />

sechzigtausend Streitern rechnen, die sich an der Front befinden, unter der<br />

Führung des Herzogs von Makedonien; hinzu kommen mehr als<br />

achtzigtausend Mann, die teils hier in der Stadt stehen, teils draußen, in jenen<br />

Landstrichen, die noch in unserer Hand sind; und auf den vierzig Schiffen,<br />

die Verstärkung heranbringen, sind weitere vierzigtausend Mann. Wir haben<br />

einen großen Vorrat an Waffen, Rüstungen und Rossen, auch Geschütze<br />

jeglicher Art und sonstige Gerätschaften, die man im Kriege braucht. An<br />

Weizen, das muß ich zugeben, fehlt es uns; aber die Schiffe, die auf dem Weg<br />

zu uns sind, bringen eine ganze Menge, und sobald sie ihre Ladung gelöscht<br />

haben, schicke ich sie <strong>zur</strong>ück <strong>nach</strong> Sizilien, mit dem Auftrag, laufend für<br />

Nachschub zu sorgen. Auch habe ich eine Gesandtschaft über Slowenien<br />

<strong>nach</strong> Albanien geschickt, zu Georg Kastriota Skanderbeg, mit der Bitte, uns<br />

Weizen und andere Lebensmittel zu bringen.«<br />

»Mit großer Genugtuung«, sagte Tirant, »habe ich die Auskünfte Eurer<br />

Majestät vernommen. Und jetzt, Herr, da wir wissen, daß alles Nötige<br />

vorhanden ist, wollen wir nicht länger Rat halten, sondern uns ohne<br />

Umschweife dem Kriegshandwerk widmen.«<br />

»Ich werde Euch sagen, was Ihr zu tun habt«, erwiderte der Kaiser. »Begebt<br />

Euch zum Saphirhaus, wo mein Richtstuhl steht; und ich gebiete Euch, dort<br />

Platz zu nehmen, die Klage eines jeden anzuhören und Urteil zu sprechen, im<br />

Sinne der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit. «<br />

Da erhob sich ein Mitglied des Kronrats, ein Mann namens Montsalvat, und<br />

sagte:<br />

»Herr, Eure Majestät sollte die behandelten Angelegenheiten noch einmal in<br />

Ruhe und mit größerer Sorgfalt überdenken. Es gibt näm-

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