22.12.2012 Aufrufe

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

wohn hegen, umgekehrt aber auch k<strong>einem</strong> Menschen blindlings und<br />

grundlos trauen. Bloße Verdächtigungen muß man abweisen. Wer herrscht,<br />

darf Ohrenbläsern und Zwietrachtstiftern, die über andere herziehen, kein<br />

Gehör schenken; und wenn sie hartnäckig damit fortfahren, üble Nachreden<br />

zu verbreiten, muß er sie rügen, notfalls gar, wenn auch der Tadel sie nicht<br />

davon abbringt, gebührend bestrafen. Ein Leitwort des Kaisers lautet: Der<br />

Fürst, der es versäumt, Denunzianten und Lästermäuler zu züchtigen,<br />

bereitet sich selbst Verdruß.<br />

Alexander der Große mißachtete, obwohl er ein recht junger und überaus<br />

mächtiger Herrscher war, eine heimliche Anzeige, mit der ein höchst<br />

angesehener und vertrauenswürdiger Mann einen Dritten beschuldigt hatte.<br />

Und in der Folge zeigte sich, daß die stolze Gelassenheit Alexanders nicht<br />

nur eine noble Haltung, sondern auch die richtige Entscheidung war. Da er<br />

damals krank war, sollte er nämlich ein Getränk, das ihm sein Leibarzt<br />

Philipp bereitet hatte, als Arznei einnehmen. Kurz zuvor aber war ihm ein<br />

Brief von Parmenion zugegangen, in dem dieser ihn warnte, besagter Arzt sei<br />

von Darius mit einer Menge Geld bestochen worden und habe selbigem<br />

Erzfeind versprochen, Alexander zu vergiften. Der Herrscher, so hieß es in<br />

dem Schreiben, möge also auf der Hut sein und den verordneten Sud<br />

keinesfalls trinken. Alexander las den Brief, verhehlte jedoch die<br />

Denunziation. Er sagte kein Wort dazu, bis zu dem Augenblick, da er den<br />

von Philipps Hand ihm dargereichten Trank geschluckt hatte; dann wandte<br />

er seine Augen dem Arzt zu und gab ihm den Brief, damit er die<br />

Anschuldigung lese. Es wäre zu spät gewesen und hätte nichts genützt, wenn<br />

die Bezichtigung zutreffend gewesen wäre. Doch die verzögerte Mitteilung<br />

erfolgte genau zum rechten Zeitpunkt, denn die Anschuldigung war falsch.<br />

Es ist ratsam, sich die Lästerzungen vom Leib zu halten, ihnen zumindest<br />

durch Schweigen die fällige Mißbilligung zu bekunden und ihnen auf diese<br />

Weise zu zeigen, daß man ihre Verleumdungen für Lügen hält. Hilfreich ist<br />

es, sich an das Beispiel des Kaisers Octavianus zu erinnern, der einst an<br />

Tiberius schrieb, er solle sich nicht aufregen, wenn jemand ihm Übles<br />

<strong>nach</strong>sage; es genüge ja, daß niemand ihm etwas Übles antun könne. Wer sich<br />

damit nicht zufrieden<br />

548<br />

gebe, der erwarte, daß es <strong>einem</strong> Menschen besser ergehe als Gott, über den<br />

die Leute, obwohl ihm kein Schimpf, keine Schmähung etwas anhaben kann,<br />

doch oftmals zu fluchen und zu lästern sich erdreisten. Der Fürst übe sich<br />

also, seinen Ohren und s<strong>einem</strong> Geist eine solche Geduld beizubringen, die<br />

nicht nur dem genannten großen Kaiser <strong>nach</strong>gerühmt wird, sondern auch<br />

dem Pompejus, <strong>einem</strong> bedeutenden, hochberühmten Bürger Roms, ebenso<br />

dem König der Parther und Peisistratos, dem Tyrannen von Athen.<br />

Den Fürsten darf es nicht verdrießen, wenn irgendwelche Personen<br />

versuchen, seinen Geheimnissen <strong>nach</strong>zuspüren, und er selbst sollte sich nicht<br />

darum bemühen, Geheimnisse anderer zu erfahren; denn ein hochgemutes<br />

Herz kümmert sich nicht um derlei Dinge. Gegenteiliges Verhalten ist auf<br />

jeden Fall ein Zeichen geringen Selbstvertrauens. Der Fürst sollte vielmehr<br />

da<strong>nach</strong> streben, so zu sein, wie er vom Volk gesehen werden möchte; dann<br />

braucht er sich nicht zu wünschen, daß sein Verhalten und sein Handeln<br />

geheim bleiben, und es kann ihm gleichgültig sein, ob nun ein Freund oder<br />

ein Feind sein Benehmen gewahrt; überall kann er sich dann mit gleicher Unbefangenheit<br />

verhalten, sei es im Beratungskreis seiner Vertrauten oder vor<br />

den Augen und Ohren derer, die ihm am Zeug flicken wollen. Ein solches<br />

Selbstvertrauen erlaubte es dem Scipio, die Späher der Karthager seelenruhig<br />

durch das Feldlager der Römer führen zu lassen; und eine ähnlich großmütige<br />

Haltung war es, die Julius Caesar bewog, Domitius freizulassen, einen<br />

wichtigen Gefolgsmann und Mitstreiter seines Feindes Pompejus: er ließ ihn<br />

entfliehen, ohne sich einen Deut darum zu scheren, daß der Flüchtige vielerlei<br />

Dinge mitbekommen hatte, die <strong>einem</strong> Gegner besser nicht zu Ohren<br />

kommen sollten. Ein andermal, als dem Caesar Papiere in die Hände fielen,<br />

die geheime Aufzeichnungen seiner Feinde enthielten, ging seine<br />

Geringschätzung ihrer Machenschaften sogar soweit, daß er diese<br />

Schriftstücke einfach verbrannte, ohne sie gelesen zu haben.<br />

Kein Fürst sollte meinen, es sei eine bloße Gewohnheit, eine beliebige,<br />

nichtssagende Formalität, wenn er mit dem Titel ›Durchlaucht‹ bedacht wird.<br />

Nein, dieses Wort ermahnt ihn zu einer lichten Geistesklarheit, die ihn dem<br />

Wesen Gottes näherbringt, ihn über alle

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!