22.12.2012 Aufrufe

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

tagter Ritter aber, der ebenfalls dort betete, sagte zu dem Großmeister:<br />

›Herr, warum gewährt Eure Hoheit diesem Bruder Simón de Far keine<br />

Audienz? Manchmal ereignen sich binnen einer Stunde mehr Dinge als sonst<br />

in tausend Jahren. Der betreffende Ritter weiß Bescheid über die Strafe, die<br />

er für das bekommt, was er begangen hat. Haltet ihn nicht für so närrisch,<br />

daß er grundlos darauf drängen würde, um diese Stunde eingelassen zu<br />

werden, obwohl er doch morgen früh unbehelligt hereinwitschen könnte.<br />

Mir scheint es ratsam, alle Eingänge scharf bewachen zu lassen, die Posten<br />

auf den Türmen zu wappnen und sie mit <strong>einem</strong> ordentlichen Vorrat von<br />

großen Steinen zu versehen. Denn, Herr, ich habe es erlebt, zu der Zeit, als<br />

ich selber noch das Schwert schwang, daß die Feste Sankt Peter verloren<br />

gewesen wäre, wenn man das Burgtor nicht um Mitter<strong>nach</strong>t aufgemacht<br />

hätte. Zu ungewohnter Stunde war eine solche Masse von Türken angerückt,<br />

daß die Festung nicht zu halten gewesen wäre, wenn nicht der Großmeister<br />

– Gott hab’ ihn selig! –gerade noch rechtzeitig Verstärkung gebracht und so<br />

für Entsatz gesorgt hätte.‹<br />

Beeindruckt von den Worten des alten Ritters, erlaubte der Großmeister<br />

endlich, Simón einzulassen; auch befahl er, die Wachen an den Toren und<br />

auf den Mauern zu verstärken. Der nächtliche Heimkehrer wurde<br />

hereingeführt. Er betrat die Kirche mit völlig verstörtem Gesicht. Als der<br />

Großmeister ihn vor sich hatte, fuhr er ihn an:<br />

›Oh, du mißratener Bruder, und noch übler entarteter Ritter! Was fällt dir<br />

ein? Wie kommst du dazu, bar jeder Ehrfurcht vor Gott und den Satzungen<br />

des Ordens› dem du angehörst, dich draußen vor der Burg herumzutreiben,<br />

zu verbotener Stunde, in der sich das nicht geziemt für die Streiter einer<br />

geistlichen Bruderschaft! Ich werde dir die Buße auferlegen, die du verdient<br />

hast. Ihr dort, Gerichtsdiener, kommt her, werft ihn in den Kerker und gebt<br />

ihm nichts weiter zu essen und zu trinken als vier Unzen Brot und zwei<br />

Unzen Wasser.‹<br />

›Eure Hoheit‹, sagte der Ritter, ›es ist nicht Eure Gepflogenheit, irgend<br />

jemanden zu. verurteilen, ohne ihn angehört zu haben. Und<br />

298<br />

wenn das, was ich Euch sagen werde, kein hinreichender Grund ist› mir die<br />

Strafe zu erlassen, so will ich mit Geduld die doppelte Züchtigung ertragen.‹<br />

Der Großmeister erwiderte:<br />

›Kein Wort will ich von dir hören. Ich will, daß mein Befehl befolgt und<br />

ausgeführt wird.‹<br />

›O Herr!‹ rief der Ritter. ›Soll ich so erniedrigend behandelt werden› daß Ihr<br />

mich nicht einmal anzuhören gedenkt? Ich glaube, daß Eure Hoheit es<br />

bereuen würde, mich nicht angehört zu haben; daß Ihr dann wünscht, Ihr<br />

hättet mich hier und jetzt mit dem Oberbefehl über die ganze Streitmacht<br />

des Ordens betraut. Nichts Geringeres steht nämlich auf dem Spiel als Euer<br />

Leben, Eure Würde, die Existenz der gesamten Bruderschaft. Falls sich<br />

herausstellt, daß nicht stimmt, was ich Euch zu sagen habe, werde ich nicht<br />

um eine mildere Strafe bitten; nein, dann laßt mich ins Meer werfen, mit<br />

<strong>einem</strong> Mühlstein um den Hals, und ich will als Märtyrer sterben, als einer,<br />

dem es einzig um die Rettung unseres Ordens ging.‹<br />

Angesichts der verzweifelten Entschlossenheit, mit der sich der Ritter Gehör<br />

zu verschaffen suchte, gebot der Großmeister› den Gefangenen loszulassen;<br />

und er sagte zu ihm:<br />

›Nun gut, wir werden ja sehen, was du zu sagen hast.‹<br />

›Herr’, entgegnete der Ritter, ›es handelt sich um etwas, das nicht für die<br />

Ohren der Allgemeinheit bestimmt ist.‹<br />

Der Großmeister gab einen Wink, daß alle Anwesenden sich entfernen<br />

sollten, und als dies geschehen war, setzte der Ritter <strong>zur</strong> folgenden Erklärung<br />

an.«

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!