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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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dung des schwarzen Gärtners finden. Und wenn ich nicht die Wahrheit<br />

gesagt habe, soll man mich kopfüber ins Meer werfen.«<br />

Tirant war einverstanden und befahl Hippolyt, die Schlüssel an sich zu<br />

nehmen, rasch hinzugehen und so schnell wie möglich <strong>zur</strong>ückzukommen,<br />

weil das Meer immer unruhiger wurde. Und Hippolyt tat, was Tirant ihm<br />

geboten hatte. Als er mit den Kleidern des schwarzen Gärtners <strong>zur</strong>ückkehrte,<br />

war die See so rauh, daß es für Hippolyt unmöglich war, an Bord der Galeere<br />

zu klettern, und Wonnemeineslebens konnte das Schiff nicht mehr verlassen,<br />

um an Land zu gehen. Man warf ein Tau hinab in das Ruderboot, die<br />

Kleidungsstücke des Negers wurden damit zusammengeschnürt und als<br />

Bündel an Deck gehievt.<br />

Als Tirant die Maske und das Kostüm erblickte, begriff er die ganze<br />

Ungeheuerlichkeit des hinterlistigen Treibens der Munteren Witwe, und in<br />

Gegenwart aller schwor er, daß er, wenn er jetzt an Land gehen könnte, das<br />

böse Weib vor den Augen des Kaisers verbrennen lassen würde oder<br />

eigenhändig ihr das gleiche antäte, was er dem Neger angetan hatte. Dann bat<br />

er Wonnemeineslebens um Vergebung, flehte sie an, die üblen Vermutungen<br />

zu verzeihen, mit denen er der Prinzessin und ihr selbst unrecht getan habe;<br />

und er ersuchte sie, sobald sie wieder bei ihrer Herrin wäre, dafür zu sorgen,<br />

daß er Vergebung erlange bei Ihrer Hoheit. Und Wonnemeineslebens gewährte<br />

sie ihm für ihr Teil in liebenswürdigster Weise, womit die Eintracht<br />

und gegenseitige Zuneigung der beiden vollkommen wiederhergestellt war.<br />

Bald wütete das Meer so heftig, daß alle, die dem Ruderboot <strong>nach</strong>schauten, in<br />

dem sich Hippolyt befand, aufschrien zu Gott aus tiefstem Herzen, er solle<br />

nicht zulassen, daß die Mannen dort in der grausamen See zugrunde gehen.<br />

Und da Gott es so wollte, kamen sie ans Ufer, patschnaß von Kopf bis Fuß,<br />

das Boot halb vollgelaufen. Der Regen und der Wind tobten so wild, und die<br />

Wellen gingen so hoch, daß die Ankertaue der Galeeren rissen und die Schiffe<br />

unaufhaltsam abgetrieben wurden. Zwei Galeeren zerschellten dabei an den<br />

Klippen; die Leute konnten sich retten, aber die Fahrzeuge versanken. Die<br />

drei anderen Galeeren gelangten wider Willen und dank unwahrscheinlichem<br />

Glück hinaus auf die hohe See, wo die<br />

358<br />

Masten brachen, die Segel in Fetzen zerstoben und alles über Bord gefegt<br />

wurde. Eine der Galeeren war luvwärts gedreht worden, und Gott beliebte es,<br />

daß sie an eine kleine Insel gelangte, wo sie wieder seetüchtig gemacht werden<br />

konnte. Die Galeere Tirants aber lag wie die dritte leewärts. So schafften sie<br />

es nicht, die Insel zu erreichen; vielmehr gingen bei dem Versuch sämtliche<br />

Ruder in Stücke, und das Schiff Tirants wurde leckgeschlagen. Die andere<br />

Galeere, die dicht an ihm vorbeitrieb, brach in ganzer Länge auseinander, so<br />

daß Mann und Maus der Unheilsflut anheimfielen; alle ertranken, kein<br />

einziger konnte dem Tod entrinnen.<br />

Die Galeere Tirants trieb weiter in Richtung Berberei, aber die Seeleute hatten<br />

allesamt die Orientierung verloren, so daß sie keine Ahnung hatten, in<br />

welchen Gewässern sie sich befanden; und alle weinten und erhoben die<br />

größte Wehklage der Welt; kniend sagten sie das Salve regina, dann nahmen sie<br />

sich gegenseitig die Beichte ab und baten einander um Vergebung.<br />

Wonnemeineslebens lag hingestreckt auf einer Pritsche, mehr tot als lebendig,<br />

während Tirant sich <strong>nach</strong> Kräften bemühte, sie zu ermutigen. Als er jedoch<br />

sah, daß das Spiel auf Messers Schneide stand, überkam ihn der ganze<br />

Jammer seines vielfachen Mißgeschicks; und in seiner Not sprach er inniglich<br />

das folgende Gebet.<br />

KAPITEL CCXCVII<br />

Tirants Bittgebet und Wehklage, als er im Seesturm den Launen Fortunas ausgeliefert war<br />

Herr, du wahrer, allmächtiger und barmherziger Gott! Welch<br />

trauriges Los ist mir zugefallen, welch unseliges Geschick, daß ich<br />

in so große Drangsal, solch grauenhaftes Unglück geraten bin?<br />

Weh mir! Warum hat deine göttliche Güte es zugelassen, daß ich<br />

untergehen soll in der grausamen See und kämpfen muß mit den<br />

Fischen? Die schlimmsten

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