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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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sen; und ebenso großmütig ist ein Ritter, der <strong>einem</strong> anderen die Ehre gibt.«<br />

Und plötzlich fing sie an zu tanzen und wollte kein Wort mehr sagen. Sie<br />

ergriff Tirant bei der Hand, da er ihr als derjenige erschien, welcher das<br />

höchste Ansehen genoß, und vor den Augen aller tanzten sie eine geraume<br />

Weile. Da<strong>nach</strong> erhob sich der König Artus und tanzte mit der Prinzessin. Und<br />

als die Tänze zu Ende waren, bat die Königin Morgana den Kaiser, er möge<br />

ihr doch die hohe Ehre erweisen, den König Artus zu ihrem Schiff zu geleiten;<br />

dort werde sie ein kleines Abendessen reichen, denn alle Tugend müsse, wie<br />

Seine Majestät sehr wohl wisse, mit Edelmut und guten Sitten einhergehen. Es<br />

sei ja jedermann bekannt, daß Seine Hoheit alle Fürsten der Welt an Tugend<br />

übertreffe, indem er einen jeden <strong>nach</strong> s<strong>einem</strong> Verdienst belohne; und<br />

strahlend sei es zutage gekommen, daß er der Ursprung und Brunnquell alles<br />

Guten und aller Tugend sei.<br />

Der Kaiser ließ es nicht zu, daß die Königin ihn noch länger lobe. Mit<br />

freundlicher Miene hob er vielmehr an, ihr in galanter Rede Antwort zu geben.<br />

KAPITEL CCII<br />

Was der Kaiser<br />

auf die Worte der Königin Morgana<br />

erwiderte<br />

eine elegante Vornehmheit, liebenswürdigste Königin, läßt mich<br />

glauben, daß du mit allen Tugenden begnadet bist, die <strong>einem</strong><br />

menschlichen Geschöpf zuteil werden können; denn von dir kann<br />

man getrost behaupten, daß du der Grund und die Krönung alles<br />

Guten bist. Getrieben von deiner großen Güte, hast du lange<br />

Fahrten über das salzige Meer unternommen, unermüdlich auf der Suche <strong>nach</strong><br />

d<strong>einem</strong> verschollenen Bruder, und durch deine unvergleichlichen Taten hast du<br />

den überragenden Rang deiner königlichen Würde erwiesen. Und da deine<br />

hohen Verdienste es mir <strong>zur</strong> Pflicht machen, dir jeden Gefallen und alle Ehren<br />

zu erweisen, bin ich gern bereit, dem Wunsch deiner Hoheit zu entsprechen<br />

und mit euch zu d<strong>einem</strong> Schiff zu gehen, um somit hervorzuheben, wie<br />

verehrungswürdig und rühmenswert du bist.«<br />

Alle erhoben sich und begaben sich auf den Weg zum Schiff. Der Kaiser<br />

nahm den Arm der Königin Morgana, König Artus führte die Kaiserin und<br />

Fe-sens-pietat die Prinzessin. Paarweise gingen sie an Bord des Schiffes, das,<br />

wie sie sahen, nun nicht mehr mit schwarzen Tüchern verhangen war,<br />

sondern über und über aufs schönste geschmückt mit Brokatgeweben. Sie<br />

bemerkten auch nichts mehr von dem üblen Modergeruch des Kielraums,<br />

vielmehr duftete es da <strong>nach</strong> allen erdenklichen wohlriechenden Essenzen.<br />

Das Abendessen stand schon bereit, die Tafeln waren gedeckt, und all die<br />

guten Ritter, die mit dem Kaiser hergekommen waren, samt all den jungen<br />

Damen, speisten nun an Bord, wo sie bestens bedient und mit allem aufs<br />

reichlichste versorgt wurden.<br />

Nach dem Mahl verabschiedete sich der Kaiser und verließ das Schiff, gefolgt<br />

von seinen weiblichen und männlichen Begleitern; und alle waren erfüllt von<br />

Staunen über das, was sie gesehen hatten; denn es schien ihnen, als wäre das<br />

alles ein Werk der Zauberkunst gewesen.<br />

Sobald der Kaiser an Land war, setzte er sich auf einen prächtigen Stuhl am<br />

Meeresufer, und alle Damen nahmen rings um ihn Platz. Tirant war mitsamt<br />

den Mannen aus seiner Verwandtschaft noch an Bord geblieben. Als man<br />

sich dort anschickte loszusegeln, stieg Tirant in ein Boot, um an Land zu<br />

gehen. Die Kaiserin, die ihn herankommen sah, sagte zu ihrer Tochter<br />

Karmesina und zu den anderen Jungfrauen:<br />

»Wollt ihr, daß wir Tirant einen Streich spielen? Wir schicken einen Sklaven,<br />

einen von diesen Mohren dort, ins Wasser, damit der ihn auf seinen<br />

Schultern ans Ufer trage; und solange der Mohr noch im Wasser ist, soll er so<br />

tun, als ob er ins Straucheln käme. Dabei soll er ihm den Fuß naß machen,<br />

den Fuß, an dem der Kapitan jenen bestickten, edelsteingeschmückten Schuh<br />

trägt. Diese ganzen Festtage hindurch hat er ja, so abwechslungsreich er sich<br />

auch gekleidet hat, kein anderes Schuhzeug und keinen anderen Strumpf<br />

angezogen. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Ich wüßte es doch<br />

allzugern.<br />

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